Noch vor Weihnachten hat Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi vollmundig behauptet, italienische Banken seien solider als deutsche. Doch mit Beginn des neuen Jahres sind Italiens Finanzinstitute in den Blick der Europäischen Zentralbank geraten, die wissen will, wie groß die Altlasten der Banken tatsächlich sind. Die Rede ist von notleidenden Krediten in Höhe von 350 Milliarden Euro. Die italienische Regierung hat sich in der vergangenen Nacht mit der EU auf die Gründung einer "Bad Bank" geeinigt.
Vor zwei Monaten brach für viele Anleger eine Welt zusammen. Die italienische Regierung rettete vier kleine Banken, die vor dem Aus standen. Nicht auf Kosten der Steuerzahler. Die Zeche bezahlten Aktionäre und Anleger, die Anleihen bei diesen Pleitebanken gezeichnet hatten. Ein Rentner verlor sein für den Ruhestand Erspartes bei dieser Rettungsaktion und sah keinen anderen Ausweg als den Selbstmord.
Seitdem ist Unruhe im italienischen Bankensektor. Welche Bank ist die nächste? - fragen sich Sparer und Investoren besorgt. Stefano Micossi, einer der führenden italienischen Wirtschaftsexperten, hat nach wie vor Vertrauen in den Bankenstandort Italien:
"Es gibt kleine Banken mit Schwierigkeiten, die allerdings nicht so gravierend sind wie bei den vier zahlungsunfähigen Banken. Ich glaube auch nicht, dass große Banken wie Intesa oder Unicredit Bedarf an Staatshilfen haben oder ihre Kunden an einer Rettung beteiligen müssen."
Auch die Unicredit wird überprüft, Mutter der deutschen HypoVereinsbank
Die jahrelange Krise, aus der sich Italien langsam herausarbeitet, hat allerdings bei allen Banken Spuren hinterlassen. In Form von faulen Krediten. Verbindlichkeiten im Wert von 200 Milliarden Euro sind bereits zu einem Großteil abgeschrieben worden, weitere 150 Milliarden Euro gelten als riskant. Die Europäische Zentralbank will deshalb einige italienische Banken genauer unter die Lupe nehmen, darunter die Unicredit, Mutter der deutschen HypoVereinsbank. Eine Ankündigung, die die Anleger zusätzlich verunsichert hat, ärgert sich Giovanni Sabatini, vom italienischen Bankenverband:
"In diesem Umfeld haben die Nachrichten von angeblichen Maßnahmen der EZB gegenüber italienischen Banken auf den Märkten für große Unruhe und eine erhöhte Volatilität gesorgt."
Die Kurse italienischer Banken brachen ein, die Titel mussten zeitweise vom Handel ausgesetzt werden. Und auf einmal war wieder die Rede von einer möglichen Bankenkrise in Europa. Giovanni Sabatini hält solche Spekulationen für fahrlässig:
"Wenn wir uns die Fundamente italienischer Banken ansehen, hat sich in den vergangenen Monaten nichts verändert; im Gegenteil: Die Situation verbessert sich zusehends."
Die Italienischen Kreditinstitute sehen sich vor allem als Opfer einer mangelhaften Informationspolitik der Europäischen Zentralbank, die mit ihrer Ankündigung, sieben italienische Banken zu durchleuchten, zur Verunsicherung beigetragen habe. Außerdem trage auch die Europäische Kommission eine gewisse Mitschuld, da sie italienische Pläne zur Gründung einer Bad Bank lange blockiert habe, so Stefano Micossi:
"Dieser Streit zwischen der Kommission und der italienischen Regierung über die Bad Bank hat sicher nicht zur Stabilisierung unserer finanziellen Situation beigetragen."
Zumindest in diesem Punkt besteht seit gestern Nacht keine Unsicherheit mehr. Italiens Finanzminister Pier Carlo Padoan hat sich nach langen Verhandlungen mit der EU-Kommission auf einen Mechanismus geeinigt, durch den Banken eine Option auf staatliche Garantien erhalten, um sich von ihren faulen Krediten zu trennen.