Härter als sie ist kaum jemand in der britischen Regierung. Das ist Priti Patels Image. Jetzt möchte die indischstämmige Innenministerin mit illegalen Flüchtlingen aufräumen. Beim virtuellen Tory-Parteitag versprach Patel der Parteibasis eine neue Einwanderungspolitik. Im Kern geht es darum, illegal Einreisende rauszuschmeißen oder rauszuhalten. Flüchtlinge mit akademischem Abschluss sind aber willkommen.
"Unser neues, punktebasiertes Einwanderungssystem wird die Besten und Klügsten anziehen. Die brillanten Ärzte und Krankenschwestern zum Beispiel, die mit Eil-Visa kommen und in unserem Gesundheitssystem arbeiten können."
Ob Ärzte oder Krankenschwestern auf den Schlauchbooten waren, mit denen Flüchtlinge im Sommer versuchten, den Ärmelkanal von Frankreich ins Vereinigte Königreich zu überqueren, ist nicht überliefert. 7000 Bootsflüchtlinge sollen das rettende Ufer erreicht haben, dreimal so viele wie im gesamten Vorjahr. Warum, fragt Priti Patel, bleiben diese Menschen nicht im sicheren Frankreich und beantragen dort Asyl? Zoé Gardner ist politische Beraterin für eine Wohltätigkeitsstiftung, die sich um Immigranten kümmert. Hier ist ihre Antwort auf Patels Frage:
"Dass sie nicht in Frankreich Asyl beantragen, könnte daran liegen, dass sie zu Familienangehörigen wollen, die schon in Großbritannien sind. Und selbst wenn nicht: Dann wissen sie immerhin, dass es hier schon eine Community mit Menschen aus ihren Heimatländern gibt, die Dir helfen können, die diese Reise schon vor Dir gemacht haben."
Mit Wellen-Maschinen gegen Schlauchboote?
Priti Patel will dem einen Riegel vorschieben. Der konservativen Basis im Land verspricht sie mehr Abschiebungen. Und die Prüfung aller praktischen Möglichkeiten, um illegal Einreisende abzuschrecken. Ein paar Maßnahmen, über die im Innenministerium zuletzt nachgedacht wurde, haben es in die Zeitungen geschafft – und für ungläubiges Kopfschütteln gesorgt.
Geprüft wurden Wellen-Maschinen, um die Schlauchboote Richtung Frankreich zurückzutreiben. Treibende Grenzzäune sollten die Boote fernhalten vom Vereinigten Königreich. Verglichen damit klingt der Vorschlag, Kriegsschiffe gegen die Jollen im Ärmelkanal einzusetzen, geradezu realistisch. Wenn auch, wie die Labour-Opposition sogleich anklagte, zutiefst unmenschlich.
Diese Dinge, beeilte sich Downing Street klarzustellen, würden alle nicht geschehen. Aber was ist mit der Idee, die Schlauchboote mit großen Netzen einzufangen und so zu zwingen, die Motoren abzustellen? Das sei ein alter Hut, steuerte der Admiral a.D. Alan West zur Debatte bei. Machbar, aber es werde das Problem nicht lösen.
Auch weniger Arbeitsmigranten sollen kommen
Ein konzentrierter Ort, sei es ein Lager oder was immer: Für diese Wortwahl musste sich West, der für Labour im Oberhaus sitzt, umgehend öffentlich entschuldigen. Die Regierung aber denkt durchaus darüber nach, illegale Flüchtlinge an bestimmten Orten zu sammeln. Im Gespräch dafür: Ascension Island und St. Helena im Südatlantik.
Gemessen daran wirkt die jüngste Forderung der Denkfabrik Immigration Watch harmlos. Ihren Vertretern geht es nicht in erster Linie um Bootsflüchtlinge, sondern um Arbeitsmigranten. Und auch nicht um die brillanten Ärzte, auf die Priti Patel hofft, sondern um weniger hoch qualifizierte Kräfte. Davon sollen, bitte schön, auch nicht zu viele ins Land kommen, höchstens 45.000 pro Jahr. Damit die Einheimischen ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt nicht verlieren, mitten in der Corona-Krise.