Es sind fast vier Jahrzehnte Luftfahrtgeschichte, die gestern Abend zuendegingen. Mehr als eine halbe Milliarde Passagiere hat die Air Berlin seit ihrem Erstflug im Jahr 1979 befördert. Immerhin war die Linie in rot-weiß die größte deutsche Fluggesellschaft nach der Lufthansa - und einst aus der damaligen LTU hervorgegangen.
Zum Schluss hatte Air Berlin im Durchschnitt noch 250 Verbindungen täglich im Angebot - die nun alle auf einen Schlag wegfallen. Dementsprechend emotional war das Finale gestern Abend: Die aller-allerletzte Maschine wurde in Berlin-Tegel mit großem Kino in Empfang genommen. Auf dem Rollfeld standen die Löschfahrzeuge der Feuerwehr und sprühten riesige Fontänen über die Maschine. Dazu hunderte Mitarbeiter in neongelben Warnwesten, außerdem Service-Fahrzeuge.
Der Dlf-Korrespondent Dieter Nürnberger berichtet, die Besucherterrasse in Tegel sei extra länger geöffnet gewesen und habe einen Ansturm erlebt wie selten. In seinem Beitrag kommt etwa die langjährige Mitarbeiterin Anna Herzog zu Wort.
"Wir sind natürlich zutiefst erschüttert und traurig. Es tut einfach in der Seele weh, dass dieses ganze Projekt Air Berlin gescheitert ist. Durch - meiner Meinung nach - auch Geldgier, von allen Seiten. Und wir sind diejenigen, die darunter leiden müssen und fallengelassen werden."
Im Netz wird seit gestern Abend viel darüber diskutiert, welche Route die letzte Maschine über Berlin genau geflogen ist.
Auch der langjährige Air-Berlin-Chef Joachim Hunold war an Bord. Er bedauerte das Ende der Fluggesellschaft, sprach vor dem Abflug in München von "tiefer Traurigkeit", und dass "ein Lebenswerk" zuendegehe. Auf die Frage, ob er sich etwas vorzuwerfen habe, entgegnete er: "Jeder Manager macht Fehler".
Die Airline hatte schon zu seiner Amtszeit (die bis 2011 dauerte) hohe Schulden angehäuft. Das konnten auch seine Nachfolger nicht mehr in den Griff bekommen. Im August 2017 stellte der Großaktionär Etihad dann seine Zahlungen ein. Darum musste Air Berlin schließlich Insolvenz anmelden. Immerhin: die Lufthansa übernimmt einen großen Teil der Airline (inklusive der Töchter Niki und LGW), wenn die Kartellbehörden grünes Licht geben. Das bedeutet eine Zukunft für rund 3.000 Mitarbeiter, die bei der LH-Tochter Eurowings unterkommen sollen.
Keine Auffanggesellschaft
Inzwischen ist klar, dass auch Easyjet beteiligt wird: Der britische Billigflieger übernimmt für 40 Millionen Euro Teile von Air Berlin und will in der Hauptstadt rund 1.000 Stellen ausschreiben. Im Frachtbereich kam die Berliner Zeitfracht-Gruppe zum Zuge. Bleiben aber immer noch mehrere tausend Mitarbeiter, für die es bislang keine Perspektive gibt, waren doch die Verhandlungen über eine größere Auffanggesellschaft zwischen den Insolvenzverwaltern auf der einen sowie dem Bund und den Ländern Berlin, NRW und Bayern auf der anderen Seite gescheitert.
Zuletzt sagte der Generalbevollmächtigte im Insolvenzverfahren, Frank Kebekus, im ZDF, er hoffe, dass man 70 bis 80 Prozent der Arbeitsplätze "überleiten" könne. Insgesamt haben bei Air Berlin rund 8.000 Menschen gearbeitet. Der Bund sicherte den Betrieb bis gestern mit einem Kredit von 150 Millionen Euro.
Und noch eine Randnotiz: Der Hauptstadt-Korrespondent Arnd Henze beklagte sich am späten Freitagabend bei Twitter über fehlenden Service am Flughafen Tegel. Sein Tweet stammt von 23.57 Uhr - also genau zum Zeitpunkt des großen Air-Berlin-Abschieds.
Und so antwortet denn auch ein Nutzer prompt: "Sind alle beim Verabschieden".
(jcs / hba)