Bären über Bären gab es für Dieter Kosslick zum Abschied: Kulturstaatsministerin Monika Grütters übertrug ihm die Patenschaft für eine echte Brillenbärin:
"Zur besonderen Würdigung Deines Engagements für Gleichberechtigung und für Regiearbeiten von mehr Frauen im Wettbewerb."
Und mit einem riesengroßen Teddybären bedankte sich die internationale Jury – symbolisch - für 18 Jahre Berlinale-Leitung.
Überraschungssieger aus Israel
Doch derart kuschelig verlief nicht der gesamte Abend im Berlinale Palast. Die Internationalen Filmfestspiele Berlin zeigten sich überaus politisch – so wie es seit der Gründung Selbstverständnis des Festivals ist und wie es das diesjährige Berlinale-Motto angekündigt hatte: Das Private ist politisch.
"The Golden Bear for best film goes to ‘Synonymes’."
Jury-Präsidentin Juliette Binoche verkündete die große Überraschung des Abends: Denn auf den zweistündigen Film "Synonymes" des israelischen Regisseurs Nadav Lapid hatten die wenigsten gesetzt. Er erzählt von der Sinnsuche eines jungen Israelis, der seine Identität hinter sich lassen und in Paris ein neues Leben beginnen möchte. Keine zusammenhängende Geschichte, vielmehr ein Puzzle aus Erlebtem und Verdrängtem; so wie es Lapid selbst erfahren hat.
Auf wahren Begebenheiten basiert auch der mit dem "Großen Preis der Jury" ausgezeichnete Film: Francois Ozons "Grace à Dieu" – "Gelobt sei Gott" - thematisiert die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der französischen katholischen Kirche, die späte und mühevolle Gründung einer Selbsthilfeorganisation. Pünktlich zum Prozess gegen den Erzbischof von Lyon, Kardinal Barbarin, startet der Film demnächst in Frankreich.
Die Wettbewerbsjury würdigte politisch brisante Themen
Auch das deutsche Kino, das mit drei Filmen überaus stark im diesjährigen Wettbewerb vertreten war, wurde mit Preisen bedacht. Der Publikumsliebling "Systemsprenger", das Langspielfilmdebüt von Nora Fingscheidt, erhielt den "Alfred-Bauer-Preis" für neue Perspektiven der Filmkunst. Und die eröffnet "Systemsprenger" in der Tat, indem er von einem kleinen Mädchen erzählt, das mit seinen aggressiven Ausbrüchen sein gesamtes Umfeld überfordert.
Und auch die eigensinnigste Filmemacherin dieses Jahrgangs, die Vertreterin der so genannten "Berliner Schule", Angela Schanelec, bekam einen Preis: den Silbernen Bären für die Beste Regie.
Die Wettbewerbsjury würdigte also politisch brisante Themen und experimentelle Filmsprachen und nicht das konventionelle Kino – davon hatte es im Wettbewerb allzu viel gegeben.