Als das Lob kam, war Finanzminister Olaf Scholz schon auf dem Weg zum Flughafen. Kristalina Georgiewa, seit drei Wochen an der Spitze des Internationalen Währungsfonds, zeigte sich nach dem Treffen mit den Finanzministern und Notenbank-Chefs der 189 IWF Mitgliedstaaten erfreut, dass einige Länder nun – wie vom IWF immer wieder gefordert, ausgabefreudiger würden, ihren fiskalischen Spielraum nutzten, um die Konjunktur zu stützen:
"Deutschland zum Beispiel hat ein ziemlich umfangreiches Klimaschutzprogramm auf den Weg gebracht, das für deutlich mehr Investitionen sorgt und überlegt auch, was zusätzlich getan werden könnte, wenn nötig."
Sprich, wenn die Wirtschaft noch langsamer wächst, als die vom IWF für 2019 prognostizierten 0,5 Prozent. Ein Punktsieg also für Scholz. Seine Klima-Werbetour in Washington hat sich gelohnt. Die Konjunktursorgen jedoch, die bleiben. Nicht nur wegen der deutschen Wirtschaftsschwäche, die unter den Industriestaaten negativ auffällt, ist der IWF in Sorge, sondern wegen der weltweiten Konjunkturabkühlung.
Kosten der Handelskonflikte machen sich bemerkbar
Eine Rezession sei zwar nicht Sicht, und auch das Wort Krise nimmt in Washington keiner in den Mund. Dennoch: Mit 3 Prozent wird das globale Wachstum nach Einschätzung des IWF voraussichtlich auf den niedrigsten Stand seit der Finanzkrise fallen, und das auch nur, wenn ein Brexit-Chaos ausbleibt.
Der Hauptgrund: Der globale Handel ist so gut wie zum Erliegen gekommen, fällt als Wachstumsmotor aus. Die Kosten der Handelskonflikte machen sich inzwischen bemerkbar, nicht nur wegen der Zölle und Gegenzölle, die Waren teurer machen, sondern vor allem wegen der fehlenden Planungssicherheit für Unternehmen, erklärt Bundesbankpräsident Jens Weidmann:
"Das ist der Punkt, der die Investitionen so stark belastet, weil Investitionen sind ja immer auch eine Wette auf die Zukunft. Wenn die Zukunft besonders unsicher ist, dann ist der Optionswert des Wartens besonders hoch und dann wird eben nicht investiert. Da wird abgewartet, wie sich alles entwickelt. Genau das erleben wir gerade."
Der Dauerstreit zwischen den beiden Wirtschaftsmächten ist aus Sicht des IWF die größte Bedrohung für die Weltwirtschaft. Denn er könnte eine Kettenreaktion auslösen, warnte Georgiewa: weniger Investitionen, weniger Gewinn, weniger Arbeitsplätze:
"Wenn man dieser Kette folgt, was wird als Nächstes zusammenbrechen? Das Verbrauchervertrauen. Und ich glaube, es gab eine Verständigung darüber bei dem Treffen, dass Politiker allein schon aus Eigeninteresse ihre Verpflichtung sehr ernst nehmen sollten zur Zusammenarbeit im internationalen Handel", sagte die promovierte Ökonomin.
Weltwährung Libra in der Kritik
Auch über eine angemessene Besteuerung multinationaler Konzerne wurde gerungen in Washington. Die Finanzminister der G20-Staaten beugten sich über einen Vorschlag der OECD, der eine Minimalbesteuerung vorsieht. Außerdem sollen Unternehmen in Zukunft nicht mehr im Land ihres Firmensitzes Steuern zahlen, sondern dort, wo sie am meisten Kunden bzw. Nutzer haben. Ein großer Konzern mit sehr vielen Nutzern, 2,4 Milliarden, beschäftigte die Finanzminister besonders. Facebook mit seiner geplanten Digital-Währung Libra. Die stößt auf wenig Gegenliebe, zumindest bei Finanzminister Scholz:
"Ich bin dafür, dass es nicht gelingt eine solche Weltwährung zu etablieren. Das ist die Aufgabe demokratischer Staaten. Gleichzeitig wissen wir, dass es etwas zu tun gibt, insbesondere wenn es darum geht, wie man grenzüberschreitend Zahlungen einfacher und schneller machen kann und viel billiger, als es heute der Fall ist. Es gibt also Reformbedarf. Aber es ist gleichzeitig notwendig, dass wir die Autonomie der demokratischen Staaten erhalten und das ist ein Thema, das uns hier umgetrieben hat.
Die ist auch Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire wichtig, dennoch ist die Skepsis nicht in allen Ländern gleich groß. Die G20-Staaten einigten sich in Washington aber darauf, Digitalwährungen wie Facebook nur zuzulassen, wenn die Risiken geklärt sind.