Eigentlich, so Valdis Dombrovskis, der Vizepräsident der EU-Kommission - lässt sich das Ziel seiner neuen Vorschläge ganz einfach beschreiben:
"Das Ziel ist ganz simpel: Es geht darum, den Abbau fauler Kredite zu beschleunigen und die Banken daran zu hindern, neue faule Kredite zu horten. Dadurch können sie mehr Geschäfts- und Privatkredite vergeben, was ein Beitrag zu mehr Wachstum und mehr Beschäftigung wäre."
Viele "faule Kredite" sind bereits abgestoßen
Faule Kredite, so genannte Non-Performing-Loans, oder kurz NPLs, sind eines der größten Hindernisse, die auf dem Weg zur Bankenunion noch beiseite geräumt werden müssen. Immerhin haben sie in den Bilanzen europäischer Banken in den letzten Jahren schon deutlich an Gewicht verloren.
Von 6,7 Prozent im Jahr 2014 sind sie bis zum dritten Quartal 2017 auf 4,4 Prozent gesunken, so Dombrovskis.
Diese europäischen Durchschnittszahlen verbergen aber die wahre Dimension des Problems. Denn die NPLs sind in den Banktresoren der EU äußerst ungleich verteilt. Bei den nordeuropäischen Banken sind die faulen Kredite beinahe zu vernachlässigen, in Südeuropa hängen sie wie Blei an den Geschäftsbilanzen der Geldhäuser.
Neue Kredite mit mehr Eigenkapital absichern
Griechenland ist Spitzenreiter mit einem Anteil von fast 47 Prozent am gesamten Kreditvolumen - eine Folge des ökonomischen Zusammenbruchs. In Portugal machen die NPLs fast 15 Prozent aus, und in Italien 12 Prozent. In all diesen Ländern - mit Ausnahme Griechenlands - nimmt die Zahl der faulen Kredite allerdings auch rapide ab.
In Italien zum Beispiel um ein Viertel binnen eines Jahres. Trotzdem legte Dombrovskis heute einige Vorschläge auf den Tisch, um den Abbau der Non-Performing-Loans weiter zu beschleunigen. Banken sollen zum Beispiel dazu gebracht werden, neue Kredite mit mehr Eigenkapital abzusichern. Außerdem sollen sie die Möglichkeit bekommen, schneller im Rahmen außergerichtlicher Insolvenzregelungen auf die hinterlegten Sicherheiten zugreifen können.
Und schließlich sollen die Sekundärmärkte für notleidende Kredite weiterentwickelt werden, damit Banken sie leichter bündeln und abstoßen können.
Kompromiss in Sachen europäischer Einlagensicherung?
Ob dieses Maßnahmenpaket ausreicht, um den Grundsatzstreit in der Eurozone um die Fortentwicklung der Bankenunion beizulegen, muss aber bezweifelt werden. Dort soll bis Juni ein Kompromiss in Sachen europäischer Einlagensicherung gefunden werden. Bislang scheitert das Projekt nicht nur am prinzipiellen Widerstand der deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken, sondern auch an der Forderung nordeuropäischer EU-Staaten, zunächst die Risiken, die in den Bilanzen südeuropäischer Banken stecken, zu reduzieren.
Erst danach könne man über eine Risikoteilung im Rahmen einer gemeinsamen Einlagensicherung verhandeln. Allerdings ist nie genau festgelegt worden, auf welches Niveau der Anteil fauler Kredite fallen müsse.
Das räumte Jens Spahn gestern ein, als er zum letzten Mal als Finanzstaatssekretär am Treffen der EU-Finanzminister teilnahm: "Nichtsdestotrotz ist die Reihenfolge klar, erst Risikoreduzierung, dann Risikoteilung."
Draghi gibt schon grünes Licht
Dennoch haben sich die Finanzminister in dieser Frage weitgehend verhakt. Es geht dabei nicht allein um faule Kredite, sondern auch um die Frage, wie viele Staatsanleihen Banken halten dürfen, und wie diese mit Eigenkapital hinterlegt sein sollen.
Auch dies ein Problem vorrangig italienischer Banken. Umso mehr wurden die Finanzminister bei ihrem Treffen in Brüssel von der Ansage des EZB-Präsidenten Mario Draghi überrascht, dass der Abbau der faulen Kredite ausreichend fortgeschritten sei, um nun in die Vergemeinschaftung der Einlagensicherung einsteigen zu können.
Klarer Widerspruch von Jens Spahn: "Nur zu behaupten, es gäbe Risikoreduzierung, ohne konkrete Maßnahmen zu haben, das ist dann doch zu wenig, um den nächsten Schritt zu gehen."