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Absprache mit Autobauern?
Neue Vorwürfe im Abgas-Skandal

Nach dem Ärger aus Brüssel wegen angeblicher Versäumnisse im Abgas-Skandal wird Kritik am umstrittenen Untersuchungsbericht des Kraftfahrt-Bundesamtes laut: Von Verschleierung und Kungelei ist die Rede. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt widerspricht im Deutschlandfunk.

Von Nadine Lindner |
    Ein Auspuff eines Volkswagen auf einem Mitarbeiterparkplatz, aufgenommen am 11.05.2016 mit dem Verwaltungshochhaus vom VW Werk in Wolfsburg (Niedersachsen).
    Kungelei mit der Auto-Industrie? Das Bundesverkehrsministerium verneint. (dpa)
    Ist der Untersuchungsbericht des Verkehrsministeriums zum Diesel-Abgasskandal vor Veröffentlichung entschärft worden - oder nicht? Das hatte ein Rechercheverbund aus dpa, Spiegel Online und dem Bayrischen Rundfunk heute Morgen gemeldet.
    "Nein. keinesfalls. So war es nicht", sagt im Deutschlandradio der Verkehrsminister selbst: "Und die Anfrage, die an uns gestellt worden ist, war, ob wir genau diesen Punkt, dass wir Zweifel haben an der Legalität dieser Abschalteinrichtungen, ob das aus dem Bericht entfernt worden ist. Und wir sagen: Nein. Das findet sich in dem Bericht ja genau wieder. Das ist ja die Grundlage des Berichts. Das findet sich wörtlich wieder", so Alexander Dobrindt, CSU, gegenüber dem Hauptstadtstudio des Deutschlandradios.
    Der Verkehrsminister verweist stattdessen auf seine Aufklärungsbemühungen rund um die Diesel-Abgasaffäre, die in Deutschland mit mehr Aufwand betrieben würden als in den Nachbarländern: "Die Untersuchungskommission ist unabhängig. Und hat das auch in der Vergangenheit gezeigt. Und hat einen Bericht erstellt, der übrigens auch, wenn man die Berichte, die in anderen Ländern entstanden sind, wie beispielsweise in Frankreich oder in Italien, deutlich mehr an Prüfmechanismen beinhaltet, auch deutlich klarer ist."
    Dobrindt erläutert die Gliederung des Untersuchungsberichts, aus der hervorgehe, dass bei mehreren Herstellern Zweifel an der eingesetzten Technik bestehen: "Wir haben diesen Bericht so strukturiert, dass die Fahrzeuge, bei denen wir diese Zweifel haben, in einer Gruppe sogar zusammengefasst sind. Und für diese Gruppe findet sich die Beschreibung auch im Bericht wieder."
    Wurde der Bericht verändert?
    Am Mittag äußerte sich eine Sprecherin des Verkehrsministeriums (BMVI) sehr deutlich in der Bundespressekonferenz zu den Vorwürfen von Spiegel Online, dpa und BR: "Das BMVI widerspricht der Berichterstattung von Spiegel Online, dpa und BR. Der Bericht ist falsch."
    Konkret geht es - laut diesen Medienberichten - um zwei Veränderungen im Text: bei der Bewertung von bestimmten Autotypen - unter anderem von Opel - soll nicht direkt in deren Analyse von Zweifeln an der Zulässigkeit der Technik gesprochen worden sein, sondern erst viele Seiten später in einem Schluss-Fazit. Zudem fehle eine Passage des Münchner Gutachters Georg Wachtmeister, in dem auch er die Zulässigkeit der sogenannten Thermofenster anzweifelt.
    Im September 2015 hatte das Verkehrsministerium die "Untersuchungskommission Volkswagen" eingesetzt, im April präsentierte er ihren Abschlussbericht, über dessen Entstehungsgeschichte nun diskutiert wird. Das Kraftfahrtbundesamt hatte 53 Diesel-Fahrzeuge untersucht.
    "Kungelei mit der Auto-Industrie"
    Der grüne Fraktionsvize Oliver Krischer - einer der härtesten Kritiker von Verkehrsminister Alexander Dobrindt - ist in der ARD überzeugt, dass mit dem Bericht etwas verschleiert werden sollte. "Da muss auch Klartext in einem solchen Untersuchungsbericht geredet werden. Das gibt der Bericht, so wie er veröffentlicht worden ist, nicht her."
    Noch weiter geht Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe und erhebt Vorwürfe der Kungelei mit der Auto-Industrie: "Wir sehen auch, wie man Opel die Möglichkeit gegeben hat, das ein ums andere Mal zu erläutern. Und dann sehen wir, wir sich im Prüfbericht ein ums andere Mal die Position von Opel wiederfindet. Die Belegführung ist relativ eindeutig."
    Weitere Klärung im Untersuchungsausschuss
    Der Obmann der Unionsfraktion im Abgas-Untersuchungsausschuss des Bundestags, Ulrich Lange, äußerte sich auf Anfrage des Deutschlandradios schriftlich und warf der Opposition Vorverurteilung vor. Denn wenn man aus den bisherigen Sitzungen des Abgas-Untersuchungsausschusses des Bundestags eines gelernt habe, dann, dass die rechtlichen Fragen in diesem Bereich hoch komplex seien. Leider halte das die Opposition nicht davon ab, vorschnelle Behauptungen in den Raum zu stellen, so der Unionsverkehrspolitiker Ulrich Lange.
    Der Bericht zur VW-Abgasaffäre aus dem Verkehrsministerium wird sicherlich in Zukunft auch den Abgas-Untersuchungsausschuss des Bundestags beschäftigen. Im Februar muss sich dann Alexander Dobrindt selbst den Fragen der Abgeordneten stellen.