Am Ende war die Mehrheit im wallonischen Regionalparlament deutlich: 46 Abgeordnete von den Sozialisten, Christdemokraten und Grünen haben sich heute gegen die notwendige Vollmacht für die Föderalregierung unter Premier Charles Michel ausgesprochen. Die eigentlich notwendig ist, damit Belgien am kommenden Dienstag im EU-Sonderhandelsrat dem geplanten Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada zustimmen kann.
Nur 16 Parlamentarier hatten dafür votiert und noch einmal vor dem beträchtlichen politischen wie wirtschaftlichen Schaden gewarnt, sollte die Wallonie "Nein zu CETA" sagen. Die Abgeordnete der Liberalen, Virginie Defrang-Firket:
"Sie werden die Wallonie im Herzen des alten Kontinents isolieren, sie werden die Wallonie in ein europäisches Cuba transformieren! Ihre Entscheidung wird Konsequenzen haben! Auf europäischer Ebene wird uns niemand mehr Vertrauen schenken, und es wird viel schwerer werden, unsere Interessen zu verteidigen"
Wallonie steht internationalen Verträgen grundsätzlich skeptisch gegenüber
Das konnte die Skeptiker nicht überzeugen. Selbst Ministerpräsident Paul Magnette von den Sozialisten äußerte sehr grundsätzliche Bedenken gegenüber CETA:"Es gibt ein großes Problem mit der Art und Weise, wie diese Freihandelsabkommen verhandelt werden, ein dickes Problem. Das geht so nicht, und das wird auch nie mehr so gehen!"
Aber auch andere Gründe könnten eine Rolle gespielt haben. Sozialisten und Christdemokraten wollen sich innenpolitisch gegenüber der rechtsliberalen Föderalregierung profilieren. Zudem stehen die regierenden Linksparteien in der Wallonie internationalen Handelsverträgen grundsätzlich skeptisch gegenüber. Während wiederum in Flandern, wo die rechten Parteien die Regierung stellen, CETA unterstützt wird.
Durch das Nein der Wallonie muss Belgien Ceta ablehnen
Wie es nach der heutigen Entscheidung weitergeht, ist völlig offen. Hinter den Kulissen wird intensiv verhandelt. Auf Kommissionsseite hofft man auf die Zusatzerklärung zu CETA, die strittige Punkte und unscharfe Formulierungen im Vertragstext glätten soll. Und die jetzt erneut überarbeitet werden könnte. Doch selbst diese Zusatzerklärung war letztlich Wasser auf die Mühlen der CETA-Kritiker. Die Christdemokratin Marie Dominique Simonet:
"Ich glaube nicht, dass wir isoliert sind. Warum sonst sind Europa und Kanada heute, jetzt in diesem Augenblick, dabei, die Texte zu modifizieren, zu revidieren und uns dauernd neue interpretative Noten zu schicken? Weil verschiedene Länder, Kanada eingeschlossen, wünschen, dass der Text nicht so bleibt, wie er jetzt ist!"
Bis Dienstag benötigt Premier Michel die Vollmacht von den Regionen und Sprachengemeinschaften, andernfalls müsste Belgien CETA ablehnen. Damit wäre das Abkommen dann erst einmal gestoppt.
Französischer Präsident hat sich eingeschaltet
Von der Föderalregierung heißt es jedoch inzwischen, nicht das Votum der regionalen Parlamente sei entscheidend, sondern zunächst die Zustimmung der Exekutive, also der jeweiligen Regierungen. Das könnte eine Einigung erleichtern, sofern es gelingt, sich auf einen Kompromiss zu verständigen. Selbst der französische Präsident Francois Hollande hat sich inzwischen als Vermittler eingeschaltet mit dem Ziel, seinen Parteifreund Magnette aus der Wallonie doch noch von CETA zu überzeugen.