Archiv

Abstimmung über Brexit-Vertrag mit EU
Das britische Unterhaus muss sich entscheiden

Es war nur eine kurze Feiertagspause vom politischen Drama um den Brexit: Schon in zwei Wochen soll das britische Unterhaus über den Vertrag mit der EU abstimmen. Eine Niederlage für Premierministerin Theresa May scheint unausweichlich.

Von Friedbert Meurer |
    Die britische Premierministerin Theresa May
    In zwei Wochen stimmt das britische Unterhaus über das Brexit-Abkommen ab - und damit auch über das politische Schicksal von Theresa May (Frank Augstein/AP/dpa)
    Silvesterfeuerwerk in London – die Stadt und das Vereinigte Königreich begrüßen das neue Jahr 2019. Es verspricht gleich im Januar politische Dramatik ohnegleichen. Wer wollte, kann die Weihnachtsansprache der Queen als Mahnung verstehen. "Behandelt euch mit Respekt, das ist immer ein guter Anfang!"
    Ob Queen Elizabeth Gehör findet? Der Widerstand in den eigenen Reihen war zuletzt so groß, dass Premierministerin Theresa May am Tag vor der geplanten Abstimmung Mitte Dezember die Reißleine zog und das historische Votum über den Vertrag mit der EU verschob. "Ich weiß, dass viele Abgeordnete endlich abstimmen wollen. Wir werden das jetzt in der Woche ab dem 14. Januar tun."
    Dass die EU beim umstrittenen Nordirland-Passus dem Vereinigten Königreich noch einmal entgegenkommt, ist aber unwahrscheinlich. Also lautet die große Frage: Was passiert, wenn May die Abstimmung verliert?
    "Wir wollen Neuwahlen haben", fordert Labour-Chef Jeremy Corbyn. "Wenn wir sie gewinnen, werden wir sofort mit der EU neu verhandeln. Wir hätten ein anderes Mandat für gemeinsame Handelsbeziehungen, deswegen wäre die EU für Gespräche offen."
    Konservative Brexiteers hüten sich vor Neuwahlen
    Ob ein Premierminister Corbyn erfolgreicher in Brüssel verhandeln würde, sei dahingestellt. Vermutlich wird es im Unterhaus ohnehin keine Mehrheit für einen Misstrauensantrag gegen May geben. Die Brexiteers in der konservativen Partei, die May stürzen wollten, werden sich vor Neuwahlen hüten. Ein Jacob Rees-Mogg outet sich jetzt als treuer May-Fan. "Ich bin ein Konservativer und werde unsere Vorsitzende unterstützen. Ich bin ein loyales Mitglied der Partei."
    Was aber dann? Die Brexiteers hoffen, dass das Vereinigte Königreich die EU dann eben ohne Vertrag verlässt. Viele Ökonomen warnen massiv, auch die Bank von England und ihr Gouverneur Marc Carney. "Das Land ist nicht gänzlich vorbereitet für einen abrupten Brexit. Weniger als die Hälfte aller Unternehmen hat sich darauf vorbereitet. Weniger als jeder fünfte Kleinbetreib ist darauf eingestellt."
    Trotzdem gilt das Szenario eines chaotischen Brexits mit Staus in Calais und Dover oder Versorgungsengpässen auf der Insel, als durchaus möglich. Eine Mehrheit im Unterhaus mag es nicht wollen – es ist aber fraglich, ob sie den Prozess gegen den Willen der Regierung stoppen könnte.
    Nordirland-Frage bleibt strittig
    Die Remainer im Parlament lehnen ebenfalls den Vertrag mit der EU ab, sie träumen von einem neuen Referendum, so wie auch der frühere Premier Tony Blair. "Es liegt in der Logik der Sache, das Volk zu fragen, wie es weitergehen soll. Das Parlament kann sich nicht auf eine Form des Brexits einigen. Jetzt ist klar, was ein Brexit wirklich bedeutet."
    Aber: ein zweites Referendum müsste vom Unterhaus beschlossen werden. Dafür fehlt die Mehrheit – noch.
    Vielleicht also wird am Ende die nordirische DUP das Zünglein an der Waage werden. Zwischen London und Brüssel könnte es womöglich doch noch einen verzweifelten Versuch geben, das leidige Problem der Nordirland-Grenze zur Republik Irland zu entschärfen. Mays Generalstaatsanwalt Geoffrey Cox führte vor Weihnachten allen vor Augen, was auf dem Spiel steht. "Für das Unterhaus stellt sich die Frage, das alles abzuwägen. Es ist Zeit, dass sie erwachsen werden und sich der Wirklichkeit stellen."