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Abstimmung über Europa

Die Niederländer wählen am 12. September ein neues Parlament. Im Wahlkampf geht es um den Euro, um Sparzwänge, Rettungsschirme, Haushaltsdisziplin - und um die Zukunft der EU.

Von Ludger Kazmierczak |
    Muriel und Martin sind gute Freunde. Regelmäßig treffen sie sich zu einem "kopje koffie", um über Gott und die Welt zu plaudern. Es gibt vieles, was die Zwei verbindet. Die Liebe zur Kultur, die Freude an einem guten Buch oder die Bereitschaft, sich sozial zu engagieren. In diesen Tagen kreisen ihre Gespräche vor allem um politische Themen. Die Niederländer wählen am 12. September ein neues Parlament. Und obwohl die beiden politisch nicht weit auseinanderliegen, können sie sich nicht auf eine gemeinsame Partei verständigen.
    Muriel wählt seit Jahren die kleine, traditionsreiche D66.

    "Das sind die Sozialliberalen. Das gefällt mir sehr gut, die sind sehr pro-europäisch, und das bin ich auch. Und das finde ich auch sehr wichtig. Wir sind ein kleines Land und sehr auf den Export angewiesen."

    "Maar Muriel, findest du nicht, dass Europa uns Hände voll Geld kostet, wenn es nach der Wille von deiner Parteifreunde geht? Dann müssen wir Milliarden noch mehr bezahlen. Wir bezahlen schon so viel."

    Es geht um den Euro, um Sparzwänge, Rettungsschirme und Haushaltsdisziplin in diesem Wahlkampf. So wie Muriel de Groot und Martin Segers müssen sich viele Niederländer vor dem Urnengang die Gretchenfrage stellen: Wie halte ich es mit Europa? Einer, der immer wieder Antworten auf diese Frage gibt, ist der Parteichef der Sozialisten.

    "Europa ist nach dem Zweiten Weltkrieg groß und stark geworden, weil wir immer mehr zusammengearbeitet haben. Das fand ich sehr wichtig, das finde ich sehr wichtig, und das bleibt sehr wichtig. Aber das ist etwas anderes, als alle unsere Kompetenzen an Brüssel abzugeben, sodass wir selbst über wichtige Themen nichts mehr zu sagen haben."

    Der da spricht, ist Emile Roemer - Spitzenkandidat der Sozialistischen Partei SP. Zu Beginn dieses Wahlkampfes sah der 50-Jährige schon wie der große Überraschungssieger aus. In einigen Umfragen lag er sogar vor den Konservativliberalen von Premier Mark Rutte. Doch im Endspurt scheint dem Lehrer aus der deutsch-niederländischen Grenzregion etwas die Puste auszugehen. Er hat in der Wählergunst verloren, bleibt aber dennoch ein ernsthafter Verfolger von Rutte. Ungeachtet aller Trends und Zahlen trauen noch immer viele Wähler den Sozialisten einen Sieg zu. Und das, obwohl oder gerade weil deren Spitzenkandidat so brav und bodenständig daher kommt. Roemer sieht aus wie der nette Nachbar, der einem die Blumen gießt, wenn man verreist ist. Der Mann genießt Vertrauen und weiß um sein Image in der Bevölkerung.

    "Ich glaube, dass viele Menschen in den vergangenen Jahren auf die Politik geschaut und sich dabei gedacht haben: Das müsste doch auch etwas menschlicher und ehrlicher gehen. Und ich denke, dass wir beweisen, dass wir andere Ideen haben und dass es wirklich anders geht. Dafür stehen wir. Vertrauen kriegst du, wenn du es verdienst."

    Emile Roemer kommt gut an bei den niederländischen Normal- und Geringverdienern. Es sind Familienväter, Arbeiter, Rentner und Studenten, die beim Wahlkampfauftakt der SP in Arnheim Transparente mit dem Logo der Partei hochhalten: eine rote Tomate, mit der früher – zumindest sinnbildlich – das Establishment beworfen wurde. Roemers Anhänger tragen keine Anzüge und Krawatten, sondern kurze Hosen und T-Shirts. Der Kampagnestart wird zum Happening mit viel Musik, Tomatenmarmelade, den üblichen Reden und ein wenig Politpoesie zum Abschluss.

    "Bleib nicht nörgelnd außen vor stehen. Pack’ es an und zeige Mut. Und lass deine Wut Hand in Hand gehen mit dem Guten, das du tust – deshalb SP."

    "Er weiß die Leute zu begeistern. Es war ein fantastischer Tag, sehr gut."
    "Viele Menschen haben gesehen, wie schlimm es unter einer rechten Regierung ist. Die hatten wir zwei Jahre lang, in denen unser Sozialsystem abgebaut wurde. Die Leute wissen jetzt, dass sie etwas anderes wollen, und das ist die SP."

    "Ich habe seine Rede genossen. Ich bin froh, das miterlebt zu haben. Denke ich heute an Europa, dann denke ich an ein Europa der Marktwirtschaft und der Banken, und das ist ein Europa, das ich nicht haben will."

    Einst war die SP verschrien als Partei der Maoisten. Doch seit Anfang der 90er Jahre sind die Linken salonfähig geworden. 2006 waren sie sogar drittstärkste Kraft im Parlament. In Zeiten der Krise profitieren die Sozialisten davon, dass sie schon immer vor einem zu großen Europa und einer europäischen Gemeinschaftswährung gewarnt haben.
    Roemer ist furios in den Wahlkampf gestartet, hat zuletzt aber einige Fehler gemacht. In einer Fernsehdebatte der Spitzenkandidaten blieb er blass und unkonkret. Wenn es darauf ankam, hatte er die Zahlen und Fakten nicht parat. Und als EU-Skeptiker schoss er über das Ziel hinaus, als er sich zu der Aussage hinreißen ließ, er werde ohne Rücksicht auf die Maastricht-Kriterien Geld ausgeben, um die Wirtschaft anzukurbeln und den Konsum zu stimulieren. Milliardenbußen aus Brüssel, so Roemer, gebe es nur über seine Leiche.

    "Ich bin nicht gegen Verträge. Ich bin aber sehr wohl dagegen, veränderte Rahmenbedingungen nicht zu berücksichtigen. Wenn Regeln wichtiger sind als die Menschen, stelle ich mich quer. Es ist gut, sich an Abmachungen zu halten – es sei denn, die Umstände ändern sich. Dann sollten wir flexibel sein. Dazu bin ich bereit. Nichts anderes habe ich gesagt."

    Erst Holland, dann Europa, lautet die Parole des Sozialistenführers. Roemer will Konjunktur – statt Sparpakete, und vor allem hat er keine Lust, die Zeche für Pleiteländer wie Griechenland oder Spanien zu zahlen. Damit begibt sich Roemer in die Nähe des Rechtspopulisten Geert Wilders, der sich vom fanatischen Islamhasser zum kompromisslosen Europakritiker gewandelt hat. Doch der Vergleich zwischen Roemer und Wilders hinkt, interveniert der SP-Sympathisant Martin Segers.

    "Da will ich mich ganz klar abgrenzen. Wir sind für Europa, aber het moet niet te gek worden. Es muss nicht zu idioot werden. Dass wir wieder mit Strafzöllen belegt werden, wenn da ein Land wie Griechenland durchwegs tolerant behandelt wird, dann kann ein großer Nettobezahler als Holland wohl ein bisschen Toleranz claimen, wenn da nicht sofort de Drei-Prozent-Norm eingehalten werden kann."

    Roemer ist in puncto Euroskepsis die "Light-Version" von Geert Wilders. Mit seinem Nein zu einem 18 Milliarden Euro schweren Sparpaket hat Hollands Rechtsaußen im April dieses Jahres die Minderheitsregierung von Premier Mark Rutte zu Fall gebracht. Das hat Wilders Sympathien gekostet. Für seine Kritiker ist damit der Beweis erbracht, dass der Polit-Provokateur keine Verantwortung übernehmen kann. Sein Heil sucht der Nationalist nun in neuen, radikalen Positionen, wodurch er sich deutlich von Emile Roemer unterscheidet: Wilders will raus aus der EU, zurück zum Gulden - ja, er strebt eine Unabhängigkeit nach Schweizer Vorbild an.

    "Dass die Niederlande eine Super-Provinz innerhalb Europas werden, das will ich nicht. Ich möchte unsere Flagge, unseren Stolz bewahren. Und wenn Menschen auf unsere oder eine andere Partei setzen, dann sollten sie wissen, dass wir etwas verändern wollen in unserem Land, ohne zuerst Geld nach Brüssel zu bezahlen – mit der Angst, dass wir unsere Gesetze anpassen müssen."

    Wilders pokert hoch, hat aber schlechte Karten. Die Demoskopen sagen voraus, dass seine Partij voor de Vrijheid, die PVV, mindestens vier bis sechs ihrer bisher 24 Sitze im Parlament verlieren wird. Viele Stimmen wird er an die Sozialisten abgeben, weil Emile Roemer sich moderater und kalkulierbarer gibt als der stets auf Krawall gebürstete Wilders.
    Der Politologe Koen Vossen von der Universität in Leiden beobachtet die Karriere des Rechtspopulisten schon seit Jahren.

    "Sein Programm ist: unser Holland - und ihr Europa. Und 'ihr Europa' ist dann Europa von der Elite und der anderen Parteien. Unser Sozialstaat und ihr Griechen. Sie möchten, dass wir für die Griechen zahlen. Wir möchten, dass wir für unsere eigenen Altersheime zahlen und für unsere eigenen Arbeitslosen. 'Eigen volk eerst', wie das auf Holländisch heißt."

    Wie kein anderer niederländischer Politiker versteht es Wilders, Ängste zu schüren und Feindbilder zu schaffen. Jahrelang galten seine Attacken ausschließlich dem Islam, doch davon sind die Anhänger des strammen Patrioten müde geworden. Also hat Wilders sich auf eine neue Ausländergruppe eingeschossen: die Osteuropäer.

    "Vom 1. Januar 2014 an haben Rumänen und Bulgaren keine Arbeitserlaubnis mehr nötig. Dadurch werden Hunderttausende in die Niederlande kommen. Wenn unser Arbeitsminister ein echter Kerl ist, wird der dafür sorgen, dass die Grenzen auch nach 2014 für Rumänen und Bulgaren geschlossen bleiben. Dazu rufe ich ihn auf. Und wenn das nicht gelingt, müssen die beiden Länder eben aus der Europäischen Union verschwinden."

    Das mächtige Brüssel, die klammen Griechen und Portugiesen, die faulen Arbeitsmigranten aus dem Osten – das sind die aktuellen Feindbilder des Geert W. In den Umfragen punktet er damit nicht, aber Koen Vossen warnt davor, Wilders abzuschreiben.

    "Die Geschichte hat das gelernt. Jede Wahl hat man ihn unterschätzt. Wenn noch eine große Krise anfängt, oder da soll wieder ganz viel Geld nach Spanien oder Portugal oder Italien oder Griechenland geschickt werden, dann kann das schnell gehen. Man dachte immer, die Holländer sind ganz begeistert von Europa. Man kann vielleicht jetzt sagen, die waren mehr gleichgültig als begeistert vielleicht. 2004/2005 ist deutlich geworden, dass viele Holländer absolut nicht begeistert sind von Europa. 2005 hat schon eine Mehrheit schon gegen die Europäische Verfassung gewählt in einem Referendum. Und jetzt mit die ganze Probleme in Griechenland und Spanien. Ja, für die meisten Holländer, die fühlen keine Solidarität mit Leuten in Thessaloniki oder Valencia."

    Taktisch mag der Kurswechsel richtig sein, aber Wilders hat ein Problem. Ihm haftet der Makel an, die letzte Regierungskoalition gestürzt zu haben. Die Christdemokraten und die Rechtsliberalen waren auf die Unterstützung der Partij voor de Vrijheid angewiesen. Eine Weile ging das gut, doch das für alle Niederländer so schmerzhafte Sparpaket wollte Wilders seinen Wählern dann doch nicht zumuten. Damit war das Abenteuer Minderheitsregierung nach zwei Jahren beendet.
    Im Gegensatz zu Wilders geht Ministerpräsident Mark Rutte aus dieser Krise offenbar gestärkt hervor. Bei allen Demoskopen hat der 45 Jahre junge Premier die Nase vorn.

    "Diese Umfragen sehe ich auch. Das sind Trends. Aber es macht wenig Sinn, darauf zu reagieren. Wichtiger ist es, in den kommenden Tagen noch mit so vielen Menschen wie möglich zu sprechen."

    Der Chef der Liberalen ist laut einer Statistik der Tageszeitung De Telegraaf der mit Abstand populärste Politiker seines Landes. Rütte wirkt dynamisch, anpackend, sympathisch. Auf seinen Lippen ist fast immer ein Lächeln. "Das Grinsen" regiert, spötteln seine Kritiker. Doch viel zu lachen haben die wiederum nicht, meint Jean Wagemans, Professor für Argumentationslehre an der Universität von Amsterdam.

    Die Wähler halten ihn für führungsstark, für kompetent, integer, humorvoll und vertrauenswürdig. Ein schönes Umfrageergebnis, meint Koen Vossen. Es täuscht aber darüber hinweg, dass die Sympathien der Niederländer insgesamt stark verteilt sind. Verglichen mit anderen europäischen Regierungschef genieße Rütte keinen allzu großen Rückhalt in der Bevölkerung.

    "Was Mark Rutte interessant macht, ist, dass er unglaublich gut debattieren kann. Seine politischen Gegner haben meistens das Nachsehen, weil er die ganze Palette an Überzeugungstechniken parat hat. Seine argumentativen Fähigkeiten stehen auf einem sehr hohen Niveau."

    Rutte verspricht den Wählern nicht das Blaue vom Himmel. Er setzt auf Haushaltsdisziplin und Sparprogramme. Pleiteländer wie Griechenland will er nicht um jeden Preis durchfüttern, aber auf Europa und den Euro lässt der konservative Politiker nichts kommen. Angela Merkel hat in Rutte einen Partner, dem sie vertrauen kann. Die Vertrauenswürdigkeit sei überhaupt sein größtes Plus, sagt Andre Krouwel. Jeder Niederländer, so der Politologe, würde von Rutte ein Auto kaufen.

    "Ohne unter die Motorhaube geschaut zu haben. Weil das Auto von außen so schön blinkt. Das kann er. Er ist ein Verkäufer. Er kann Dinge wunderbar glaubwürdig verpacken. Er ist wirklich jemand, dem man zuhört."

    Obwohl Rutte der Favorit auf den Wahlsieg ist, gibt er sich alles andere als siegessicher. Denn einer seiner potenziellen Koalitionspartner scheint dramatisch abzustürzen.
    Die Christdemokraten, die in den vergangenen zehn Jahren an allen Regierungen beteiligt waren, stehen vor dem schlechtesten Wahlergebnis ihrer Geschichte. Eine Entwicklung, so der Politologe Koen Vossen, die absehbar gewesen sei.

    "Man kann sagen: Die sind zu wenig populistisch geworden vielleicht, zu elitär. Die Wähler sterben aus. Jedes Jahr verliert die CDA zwei Sitze nur wegen Sterben, und junge Leute finden die CDA eine alte Männer und Frauenpartei. Jetzt wird wirklich klar, dass es die Partei nicht gelungen ist, neue Wähler zu bekommen."

    Auch die Sozialdemokraten sahen vor zwei Wochen noch wie ein Verlierer aus. Doch ihr Spitzenkandidat Diederik Samsom hat bei den Fernsehdebatten einen starken Eindruck hinterlassen.
    In den Meinungsumfragen schlägt sich das nieder.
    Die Sozialdemokraten liegen mittlerweile Kopf an Kopf mit den Sozialisten. Die PVDA hat im Gegensatz zu den Christdemokraten noch mal die Kurve gekriegt. Martin Segers ist davon überzeugt, dass der CDA nicht zuletzt die Quittung dafür bekommt, dass er sich in den vergangenen beiden Jahren beim Rechtspopulisten Wilders angebiedert hat.

    "Diese unsägliche Verbindung mit de PVV van Wilders. Vorab hätte man schon denken können, dass die da nur für bezahlen, denn das wird kein Wähler mittragen, dass eine Partei, die nicht in der Regierung sitzt, de facto mit entscheidet oder allein entscheidet, wie der Regierungskurs läuft. Und dat war eine eingeborene Webfehler. Na, die sind grandios auf die Nase gefallen."

    Muriel de Groot ist keine Anhängerin der Christdemokraten. Dass die Parteien der Mitte schwächeln und die extrem Linken und Rechten so stark sind, hält sie jedoch für eine bedenkliche Entwicklung.

    "Ich denke, man kommt nur gemeinsam aus dieser Krise heraus. Und es ist einfach wichtig, dass man da einen Weg in die Mitte findet, und deswegen ist für mich D66 schon die richtige Partei, weil sie eigentlich das Soziale und das Liberale miteinander kombiniert."

    Tatsächlich könnten die Sozialliberalen bei der Regierungsbildung eine entscheidende Rolle spielen. Sie kämen sowohl in einem linken als auch in einem rechten Kabinett als Juniorpartner infrage. Sollte Mark Rutte die Wahl gewinnen, wird auch er sich vermutlich mit den linken Parteien zusammensetzen müssen.

    "Wir schließen keine Parteien aus, aber ich warne vor dem Risiko, dass sich - für den Fall, dass eine dieser Parteien die stärkste wird - ein Linksblock formiert. Dann würden die Niederlande den falschen Kurs einschlagen."

    Mit wem aber könnte die VVD überhaupt zusammenarbeiten? Die Christdemokraten sind zu schwach, die übrigen konservativen Parteien zu klein. Mit den linken Parteien will Rutte nicht. Bliebe noch die PVV von Geert Wilders, aber nach den Erfahrungen der zurückliegenden beiden Jahre erscheint ein solches Bündnis mehr als unwahrscheinlich.

    "Also ich kann Geert Wilders nicht seriös nehmen. Also der ist für mich keine Option."

    "Wenn Mark Rutte sich selbst seriös nimmt, wird er kein Bündnis mit Wilders schließen. Wilders ist letztlich ein ungelenktes Projektil. Dat is een vorübergehend Komet an der holländische Wählerhimmel. Die wird verglühen, und dat is auch gut so."

    Nach der spektakulären Aufholjagd der Sozialdemokraten wird eine Option immer wahrscheinlicher, ob es Rutte mag oder nicht. Ein sozialliberales Bündnis aus Ruttes Rechtsliberaler Arbeitspartei und der linksliberalen D66. Eine Variante, bei der die politische Mitte nicht außen vor bliebe. Bereits in den 90er Jahren wurden die Niederlande von einem solchen Kabinett regiert. Damals unter der Führung des Sozialdemokraten Wim Kok. Überraschend hat sich vor ein paar Tagen die niederländische Wirtschaft in den Wahlkampf eingemischt. Der Verband der klein- und mittelständischen Unternehmer platzierte nach den 20-Uhr-Nachrichten einen Videospot im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Die Organisation, die immerhin 500.000 Betriebe repräsentiert, hält in dem eineinhalb-minütigen Film ein flammendes Plädoyer für Europa

    "- Etwas Seltsames geschieht.
    - Den Menschen wird Angst eingejagt.
    - Europa wird abgestempelt als etwas, das nicht für uns ist, als etwas, das nur Geld kostet.
    - Aber wie sehen die Fakten aus?
    - Dass ein starkes Europa sehr gut ist für uns. Ohne Europa kein Flughafen Schiphol, kein Hafen in Rotterdam.
    - Jedes Jahr verdienen wir 180 Milliarden Euro an Europa.
    Das ist sehr viel Geld."

    Hollands Unternehmen sprechen zwar keine direkte Wahlempfehlung aus, warnen aber unmissverständlich davor, die europakritischen Parteien zu unterstützen. Eine Kampagne gegen die Sozialisten und gegen die Freiheitspartei von Geert Wilders. Mehr als zwölf Millionen Niederländer haben die Wahl. Und sie wissen zu genau, dass sie diesmal auch über Europa abstimmen.