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Abstimmung über Zollunion
Brexit auf der Kippe?

Wenn das britische Unterhaus heute dafür stimmt, in der EU-Zollunion zu bleiben, wäre das für Premierministerin Theresa May eine schwere Niederlage. Brexit-Gegner sehen in der Abstimmung eine Chance, den EU-Austritt doch noch zu stoppen.

Von Friedbert Meurer |
    Großbritanniens Premierministerin Theresa May auf dem EU-Gipfel in Brüssel
    Premierministerin Theresa May will die EU-Zollunion verlassen (picture alliance/ dpa/ Sputnik)
    Zehn oder 15 Abgeordnete aus dem eigenen Lager könnten Theresa May eine schwere Niederlage beibringen. Vince Cable redet in der Aula der Deutschen Schule im Londoner Stadtteil Richmond. Cable ist ein bekanntes Gesicht in Großbritannien, er war Wirtschaftsminister in der Koalition unter David Cameron.
    "Der Brexit kann noch gestoppt werden. Wir wollen ein neues Referendum, wenn am Ende feststeht, welchen Deal die britische Regierung mit der EU ausgehandelt hat. Das britische Volk soll dann auch die Option haben, sich dafür zu entscheiden, in der EU zu bleiben."
    Das Publikum in der Aula der Deutschen Schule hört die Botschaft einerseits gerne. Andererseits können viele den Optimismus des Chefs des britischen Liberaldemokraten nicht teilen.
    "Insgesamt ist es, glaube ich, immer mehr die Stimmung, dass man sagt, wir haben jetzt so gewählt. Ein zweites Referendum würde nichts bringen." - "Für uns wäre eine Trendwende sehr begrüßenswert. Aber leider, leider glaube ich nicht daran." - "Wenn man tatsächlich mit Leuten spricht, dann sagen sie, wir haben einmal gewählt und jetzt noch mal wählen ist sozusagen, wir können nicht wählen, bis wir das passende Ergebnis haben."
    May steht vor vielen schwierigen Abstimmungen
    Die Uhr tickt: Am 29. März 2019 will Großbritannien die EU verlassen. Premierministerin Theresa May steht aber vor einer Reihe schwieriger Abstimmungen im Unterhaus. Eine könnte sie heute schon verlieren, darüber ob Großbritannien nicht doch in der EU-Zollunion bleiben soll. Das Votum wäre aber nicht bindend, noch nicht. Cable kennt May persönlich recht gut aus der Zeit der gemeinsamen Koalition von Konservativen und Liberalen.
    "Nein, ich glaube nicht, dass sie zurücktreten würde. Sie hat schon so viele Demütigungen als Premierministerin erlitten. Sie ist eine sehr flexible Politikerin, sehr belastbar. Sie würde mit den Achseln zucken und weitermachen."
    Wenn May gezwungen würde, doch in der Zollunion zu bleiben, wäre das für die Brexiteers ihrer Partei eine Katastrophe. May selbst würde eine Niederlage im Parlament vielleicht sogar recht sein, weil sie aus einer Klemme befreit würde, unkte zuletzt der "Daily Telegraph". Dann wäre das Problem mit der Grenze zwischen Nordirland und Irland viel leichter zu lösen. Vince Cable hofft, dass überhaupt am Ende den Briten doch noch klar wird, dass der Brexit der Wirtschaft zu sehr schadet.
    "Die Zeit läuft uns davon. Wahrscheinlich wird Großbritannien die EU verlassen, aber nicht sicher. Wenn die ökonomischen Kosten klar werden, dann werden viele an eine Umkehr denken."
    Wut der Brexit-Wähler nicht heraufbeschwören
    Dass Vince Cable vor den in London lebenden Deutschen redete, hängt mit den Regionalwahlen in der nächste Woche zusammen. EU-Bürger dürfen diesmal wählen, anders als beim Referendum. Die Liberaldemokraten sind seit 2010, als 23 Prozent der Briten sie wählten, ziemlich geschrumpft. Und auch die zentrale Forderung Vince Cables nach einem weiteren Referendum scheint der Partei nur wenig Rückenwind zu geben. Manche fürchten, dass dann die Wut der Brexit-Wähler unkontrollierbar werden könnte.
    "Ich halte es für ziemlich unwahrscheinlich. Technisch ist es möglich. Aber ich glaube, der politische Wille ist nicht da im Land. Und die Revolution, die danach käme!" - "Die Politiker sind sich sehr bewusst, wie die Bevölkerung entschieden hat. Man will nicht den Eindruck erwecken, dass man sich dagegen stellt."