Als die Treuhand-Anstalt Ende 1994 offiziell ihre Arbeit beendete, war ihre Rolle als Buhmann gefestigt. Als "Plattmacher" war sie im Osten verhasst. Sie ermöglichte mit Überkapazitäten beladenen West-Unternehmen, potenzielle Ost-Konkurrenz aus dem Weg zu schaffen, so die einfache und auch oft wiederholte Formel.
Als die BvS, die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, 1995 den Großteil der Arbeit der Treuhand-Anstalt übernahm, wurde die Kritik schon leiser. Obwohl die Privatisierung und Abwicklung längst nicht abgeschlossen war. Offenbar eignete sich eine "Bundesanstalt" viel weniger zum Angriff als die "Treuhand", die sich als Synonym für alles Schlechte, was sich seit der Wiedervereinigung im Osten abspielte, längst verselbständigt hatte. "Un"-Treuanstalt, so wurde sie gern genannt.
Nun, zum Jahresende 2000, da auch die BvS ihre Geschäfte einstellt, ist es ganz leise geworden. Die Emotionen sind abgekühlt und an den ökonomischen Fakultäten wandert das Thema von der Feldforschung zur Wirtschaftsgeschichte. Dennoch ist der Glaube an ein Versagen der Treuhand und ihrer Nachfolgerin besonders im Osten der Republik fest verankert.
Und das nicht nur bei alten Kadern, sondern auch im Unternehmerlager: Aus der Treuhand sei am Ende "ein Reparaturbetrieb ohne Garantieverpflichtung" geworden, resümiert dieser Tage die ostdeutsche Unternehmerzeitschrift Wirtschaft und Markt und fragt den BvS-Chef zum Abschied: 'Gehen Sie guten Gewissens?'
Doch war die Arbeit der Treuhand und ihrer Nachfolgeorganisation wirklich so schlecht, wie gern behauptet? Hatten die Privatisierer in Berlin angesichts der gegebenen Umstände überhaupt eine Chance, etwas besser zu machen? Stand nicht ganz am Anfang eine große Fehleinschätzung?
Dr. Gebhard: "Mein Name ist Dr. Gebhard, ich spreche hier als unabhängiger Wissenschaftler. Das Problem: Das Grundgesetz sieht den Begriff "Volkseigentum" nicht vor. Im Falle einer Ausdehnung des Grundgesetzes auf die DDR würde es nicht mehr existieren. Die vorgeschlagene Holding würde die gleichen Vermögensanteile aller DDR-Bürger unter Kontrolle der Volkskammer verwalten. Die Rechtskonstruktion sollte sich am Modell des Nachlassverwalters an den legitimierten Erbberechtigten orientieren."
So stellten sich DDR-Bürgerrechtler die ökonomische Zukunft des deutschen Ostens vor. Die Treuhand-Anstalt war ein Kind des Runden Tisches, auf die Beine gestellt von der letzten Regierung der DDR. Ihre Geburtshelfer gingen von der falschen Annahme aus, dass die DDR ihren Kindern ein Erbe hinterlassen habe, das diese nun unter sich nur aufzuteilen bräuchten.
Die Spitzen aus Politik und Wirtschaft im Westen waren nicht schlauer. Dort war keinerlei Skepsis aufgekommen, als DDR und Ostblock Anfang der 80er Jahre plötzlich begannen, im kapitalistischen Ausland Schulden zu machen. Einer OECD Studie, die der DDR einen Platz unter den zwölf größten Industrienationen zugestand, vertraute man im Westen blind. Nicht anders erging es auch der späteren Treuhand-Chefin und ehemaligen niedersächsischen Wirtschaftsministerin Birgit Breuel.
Birgit Breuel: "Auch die vielen dienstlichen Besuche haben sicher keinen Einblick gegeben in das, was hier wirklich stattgefunden hat, weder zu den Leuten, noch ins System. Ich hatte die Möglichkeit, einen Betrieb zu sehen, aber man bekam ja nur die Schokoladenseiten zu Gesicht und hatte nur eine Ahnung. Da sind wir alle einem Fehler aufgesessen, was ich zum ersten Mal realisiert habe, als ich die ersten Eröffnungsbilanzen unserer Firmen auf dem Tisch hatte und sehen musste, wie katastrophal die Lage war. Inzwischen kennen wir ja ein Papier, dass für Herrn Krenz bestimmt war, dem Nachfolger von Herrn Honecker, wo eine ganze Gruppe von Leuten von Beil über Schürer und andere auf einmal die Dramatik zu Papier brachten. Das war ihnen also bekannt."
Dieses Papier sprach so deutlich Klartext, dass auch die überzeugtesten Genossen nicht mehr zwischen den Zeilen suchen mussten:
"Die Feststellung, dass wir über ein funktionierendes System der Leitung und Planung verfügen, hält einer strengen Prüfung nicht stand. Die vorgegebene Strategie, dass die Kombinate alles selbst machen sollen, führte zu bedeutenden Effektivitätsverlusten. Im internationalen Vergleich der Arbeitsproduktivität liegt die DDR gegenwärtig 40 Prozent hinter der BRD zurück. Die Verschuldung im nicht-sozialistischen Wirtschaftsgebiet ist seit dem VIII. Parteitag gegenwärtig auf eine Höhe gestiegen, die die Zahlungsfähigkeit der DDR in Frage stellt. Allein ein Stoppen der Verschuldung würde im Jahr 1990 eine Senkung des Lebensstandards um 25-30 Prozent erfordern und die DDR unregierbar machen."
Von der einen Billion Mark, die, wie es noch 1991 hieß, die DDR-Wirtschaft Wert sei, war nun nicht mehr die Rede. Doch zu diesem Zeitpunkt wurde die Treuhand bereits als Plattmacher verdammt.
Doch nicht nur die harten ökonomischen Realitäten begrenzten den Gestaltungsspielraum der Treuhand-Leute. Auch die Politik setzte frühzeitig Grenzen. Da war zum einen die Entscheidung "Rückgabe vor Entschädigung". Sie verzögerte die Privatisierung etlicher Flächen und Betriebe um Jahre. Da war zum anderen, und noch verheerender, die Währungsunion: Sie machte aus der Treuhand, dem angeschlagenen Riesen, einen betriebswirtschaftlich vollkommen aussichtslosen Fall.
BvS Präsident Günter Himstedt: "Das war ein Aufwertungsschock von 400 Prozent. Wenn Sie da Ökonomen reinsten Wassers diskutieren lassen, dann kommt eine eindeutige Meinung raus: Das war falsch. Durchmischen sie die Runde mit Politikern, dann kommt raus, es gab keine Alternativen, von der Erwartungshaltung der Bevölkerung her. Die Treuhandanstalt hatte sich damit abzufinden. Aber in der öffentlichen Wahrnehmung ist nachher alles vermischt worden: "Treuhand ist auch für die Währungsunion zuständig."
Deshalb war bald, in vielen Fällen auch zu spät, eines klar: Die Treuhand musste bei ihren Entscheidungen nicht nur der ökonomischen Vernunft, sondern auch anderen, politischen Notwendigkeiten folgen. Sie stand in Gefahr, zwischen staatlichen und ökonomischen Interessen zerrieben zu werden. Wolfgang Seibel ist Politik- und Verwaltungswissenschaftler an der Universität Konstanz, er verweist auf ...
Wolfgang Seibel: "....die Tatsache, dass im früheren Mitteldeutschland eine kommunistische Diktatur mit Planwirtschaft eingeführt worden war, wie sie in allen osteuropäischen Ländern eine wirtschaftliche Brache hinterlassen hatte. Die in einen der prosperierendsten Industriestaaten zu integrieren, war eine Herausforderung, die mit klassischen Behördenmitteln genauso wenig zu bewältigen war wie mit den Mitteln eines klassischen Konzerns, der mal eben eine Sanierungsaufgabe bei einer Tochtergesellschaft zu bewältigen hatte. Das war völlig klar, dass es sowohl eine gigantische wirtschaftspolitische als auch gigantische sozial- und gesellschaftspolitische Aufgabe sein würde."
Die Entscheidung lag im Einzelfall bei der Treuhand. Ihre Mitarbeiter hielten das Schicksal von über 1000e HO-Märkten, von Apotheken, Industrie- und Agrarbetrieben in der Hand. Firmen, die eilends in Kapitalgesellschaften umgewandelt worden waren, deren erste D-Mark-Bilanzen plötzlich ganz anders aussahen als der schöne Schein der sozialistischen Planerfüllungslügen. Wer sollte was entscheiden? Rainer Maria Gohlke ist im Sommer 1990 bereits der dritte Chef der Anstalt:
Rainer Maria Gohlke: "Das Einfachste ist immer, wenn zwei oder drei Anbieter da sind. Und dann welche Kriterien? Will er investieren? Das ist sehr wichtig. Wenn er sich bereit erklärt, auch in andere Bereiche zu investieren. Die Frage der Arbeitsplätze ist ein wichtiges Momentum, und die Frage, passt das von der Wettbewerbsstruktur her rein? Und schließlich: Ist der Kaufpreis höher als der der anderen Bieter?"
Der Wissenschaftler Wolfgang Seibel: "Man muss sich vorstellen, unter welchen Bedingungen die Verträge gerade in der Frühzeit abgeschlossen wurden. Es gab eine Goldgräberstimmung, Investoren, die der Treuhand 1990/91 die Bude einrannten, die Anstalt war ausgestattet mit wenigen hundert Personen. Es gab Verkaufsgespräche in den Fluren und in schummerigen Ecken. Dass dies nicht zu Betrug und Missbrauch in größerem Umfang geführt hat, ist wirklich erstaunlich."
Dennoch liest sich die Geschichte der Treuhand in den Pressearchiven wie eine Geschichte der Gaunerstücke, der Schiebereien und schlechten Verträge. Große wie kleine Kriminelle zog die Treuhand an: Sie nutzten das Chaos der Anfangszeit und den Zeitdruck der Privatisierer. Doch an dieser Stelle muss BvS-Chef Himstedt widersprechen:
Himstedt: "Dass ein Transformationsprozess kriminelle Energie lostritt, ist normal. Aber das nun in Verbindung zu bringen mit dem Engagement der deutschen Industrie, halte ich für eine Unzulässigkeit, und ich würde mich nie an einem solchen Urteil beteiligen, dass finde ich so schlimm. Wir haben im Gegenteil erlebt, dass sich viele westdeutsche Investoren engagiert haben, und die haben auch viele Verluste geschluckt, und nicht dann losgeschrieen und gesagt, dass haben wir uns alle anders vorgestellt."
Tausende von erfolgreichen Privatisierungen gerade im Mittelstand sind selten Gegenstand der Berichterstattung, naturgemäß sind es eher die großen Pleiten. Gleich 20 Betriebe musste die Treuhand zurücknehmen, weil sich die Niederlassung Halle von einem kriminellen Geschäftemacher übers Ohr hauen ließ; in Berlin kostete die Fehlprivatisierung des Anlagenbauers WBB einen dreistelligen Millionenbetrag. Eine insgesamt kurze Liste im Vergleich zur Dimension der Aufgabe, findet Günter Himstedt, Chef der Treuhand-Nacholferin BvS. Ein anderer Verdacht bleibt bestehen: Die Westkonzerne, seinerzeit mit Überkapazitäten befrachtet, hatten ihre eigenen Geschäftsinteressen. Und die konnten verlangen, potenzielle Ost-Konkurrrenten rechtzeitig auszuschalten und aufzukaufen.
Treuhand-Forscher Wolfgang Seibel: "Bei der Treuhand muss man feststellen, dass man sich dieses Risikos auch bewusst war. Die Leute waren nicht dumm, und haben gerade in Schlüsselindustrien wie Chemie, Stahl und Werften auch versucht, das zu verhindern. Denken Sie an EKO-Stahl in Eisenhüttenstadt: Da ist gezielt versucht worden, ein westdeutsches Interessenkartell zu verhindern, indem man gezielt ausländische Investoren angesprochen hat. Die Treuhand war alles andere als der verlängerte Arm der westdeutschen Wirtschaft."
Auch die meisten Treuhand-Verträge, aus der chaotischen Frühzeit der Anstalt, seien besser als ihr Ruf, gibt BvS-Chef Himstedt zu bedenken. Er hatte mit tausenden von ihnen zu tun: Seine Behörde beschäftigte sich im Kern mit Vertragsverwaltung und -überwachung - dem Controlling:
Himstedt: " Die Verträge sind besser, als dies in der Öffentlichkeit dargestellt wurde. Wenn es so nicht wäre, hätten wir heute nicht über 90 Prozent unserer Arbeit erledigt. Insgesamt muss man das vor dem Hintergrund von 44.000 Verträgen sehen. In manchen Verträgen war auch angelegt, dass man sich in vier oder fünf Jahren wieder zusammensetzt."
Mit Vertragsstrafen, sogenannten Pönalen, sollten die Investoren zur Einhaltung gezwungen werden. Doch bei Pleiten wie die des Bremer Vulkan half auch keine Strafe. 800 Millionen Mark verschwanden bei der Privatisierung der Ost-Werften im Bauch der Vulkan-Werft, bevor sie unterging.
Die größte Industrie-Holding aller Zeiten startete ihre Arbeit ohne Controlling - erst im Verlauf wurde eine Revisionsabteilung aufgebaut. In den Einzelunternehmen war saubere Rechnungsführung und Kontrolle noch weniger ein Thema: Sie war unter DDR-Bedingungen nicht vorgesehen, und Leute, die sich damit auskannten, gab es kaum. Manfred Kolbe, ostdeutscher CDU-Abgeordneter, forderte schon 1992:
Manfred Kolbe: "Eine Gruppe sanierungsfähiger Unternehmen ist über Jahre zu sanieren, und dann in einigen Jahren breit über die Börse zu privatisieren. Ich darf nur die Beispiele VW und Viag nennen. Wie kann man als sozialistisch verunglimpfen, was im Westen erfolgreich praktiziert wurde. Es ist falsch, hier nur die reine Lehre durchzuführen."
Später, zu Zeiten der BvS, waren die Geschäfte überschaubar geworden, und nun gab es doch Industriepolitik: Mehr als 20 Milliarden Mark wurden ins ostdeutsche Chemie-Dreieck gepumpt, Hermes-Bürgschaften und die Milliarden für Energieanlagen und die Raffinerie in Leuna nicht mitgerechnet. Doch gerade diese Beispiele feiert die BvS nun als Erfolg - genauso wie EKO oder die zum zweiten Mal privatisierten Ost-Werften - allesamt aufgepäppelt mit Milliarden und erst dann privatisiert.
Auch die Schlagzeilen änderten sich in dieser Zeit. Jetzt war die Treuhand/BvS nicht mehr der Plattmacher. "Subventionen außer Kontrolle", hieß es jetzt, und der Bundesrechnungshof stieß ins selbe Horn.
Günter Himstedt: "Sehr frühzeitig haben die wissenschaftlichen Institute davor gewarnt, in Ostdeutschland eine Subventionsmentalität aufkommen zu lassen. Wir hatten uns ja in den Jahren 95 bis 98 immer noch bemüht, verlierende Unternehmen in Schwierigkeiten aufzufangen, wenn ganz bestimmte Voraussetzungen gegeben waren, es musste einen Grund geben. Dieser Grund konnte darin bestehen, dass seinerzeit die Beteiligten von einer anderen Ausgangslage ausgegangen waren. So viel war es am Ende denn doch nicht. Der Hauptfall ist die Zweitprivatisierung der Werften, die uns dann auch gelungen ist: In einer sehr sehr schwierigen Werftensituation - ich mache kein Hehl daraus, dass wir es heute nicht schaffen würden. Wir hatten einfach mal Glück."
Doch blieb diese Phase eine des Übergangs in Ostdeutschland. Denn die Brüsseler Wächter führten die Berliner zurück auf den liberalen Weg. Gegen Ende der 90er Jahre gingen sie immer energischer vor gegen Subventionsgelder Ost.
Günter Himstedt: "Die Brüsseler Mahnungen entsprachen dann auch immer mehr den Tatsachen hier im Hause. Dass es immer weniger eine Situation gab, wo man sagte, nach so vielen Jahren, gibt es noch einmal eine Chance. Sondern: "Das Unternehmen ist im Markt gescheitert". Und dann unterliegt es den Gesetzen wie alle Unternehmen im Markt."
Herrscht damit bereits marktwirtschaftliche Normalität auch im Osten? Günter Himstedt sagt, die Arbeit seiner BvS sei getan, die des Aufbau Ost aber noch nicht. Nötig seien weitere Hilfen für Infrastruktur und Bildung:
Günter Himstedt: "Der Gedanke ist aufgegangen - wir haben heute eine wettbewerbsfähige Wirtschaft. Wenn ich jetzt zurückgehe auf das, was die wissenschaftlichen Institute sagen: Sie haben uns bescheinigt, dass durch die Privatisierung durchaus ein gesunder und wettbewerbsfähiger Kern an Industrie in Ostdeutschland entstanden ist. Dieser Kern ist noch zu klein, der muss erweitert werden. Das wird die BvS nicht mehr leisten können, da ist die Wirtschaftspolitik gefordert."
Die Treuhand und ihre Nachfolgerin hinterlassen ein zwiespältiges Bild. Ganze Regionen in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg sind de-industrialisiert und ohne jede Perspektive. Die Sanierung der Kaliwerke in Bischofferode ist gescheitert wie die von SKET in Magdeburg. Nur 60 Prozent des ostdeutschen Sozialprodukts erarbeitet der Osten selbst - der Rest sind Transferleistungen.
Doch auf der anderen Seite stehen gefeierte Erfolge - wie Jenoptik, Leuna oder Eko-Stahl - auferstanden aus Ruinen einer maroden Wirtschaft, die sich in wenigen Jahren umorientierte vom Geschäft mit den sozialistischen Brüdern zum globalisierten Markt.
Birgit Breuel: "Schauen Sie sich an, was an Strukturwandel im Laufe von 40 Jahren im Westen gelaufen ist und welche Gelder da geflossen sind, viel mehr, obwohl die Leute 40 Jahre hatten, sich darauf einzustellen. Deshalb sind die Ostdeutschen die eigentlichen Helden der Wiedervereinigung.."
Am unspektakulärsten fällt die Finanzbilanz der Treuhand aus. Die BvS hinterlässt etwa 220 Milliarden Mark Schulden, etwa genauso viel, wie die Privatisierung insgesamt gekostet hat. Das ist weniger als befürchtet. Besonders die Sanierung der Umweltschäden fiel billiger aus als angenommen.
Kurz bevor die Treuhand-Nachfolgerin ihre Arbeit einstellt, ist mit dem Chemiepark Bitterfeld nur noch ein Fall nicht entschieden. Für den Gewerbepark aus verschiedenen Chemiebetrieben wird weiterhin eine Betreibergesellschaft gesucht. 90 Prozent der Reprivatisierungen sind jedoch abgeschlossen, ihre Verträge über Investitions- und Arbeitsplatzzusagen müssen noch bis zum Jahr 2005 überwacht werden. 260 Liquidationsverfahren laufen noch.
Diese Aufgaben, wie auch die abschließende Regelung der Altlastensanierung, übernehmen künftig andere. Die Verwaltung von Grund und Boden aus Staatsbesitz, eine Aufgabe noch für Jahrzehnte, liegt bereits in den Händen einer Treuhand-Liegenschaftstochter. Die BvS, der einstige Kern der Treuhand aber, existiert künftig nur noch als Ein-Mann-Unternehmen, ohne eigenen operativen Kern. Die BvS ganz zu tilgen, dafür fehlt es an der politischen Mehrheit: Gerade im Osten will man die Überbleibsel der einst so ungeliebten Institution Treuhand und Nachfolger offenbar erhalten.
Als die BvS, die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, 1995 den Großteil der Arbeit der Treuhand-Anstalt übernahm, wurde die Kritik schon leiser. Obwohl die Privatisierung und Abwicklung längst nicht abgeschlossen war. Offenbar eignete sich eine "Bundesanstalt" viel weniger zum Angriff als die "Treuhand", die sich als Synonym für alles Schlechte, was sich seit der Wiedervereinigung im Osten abspielte, längst verselbständigt hatte. "Un"-Treuanstalt, so wurde sie gern genannt.
Nun, zum Jahresende 2000, da auch die BvS ihre Geschäfte einstellt, ist es ganz leise geworden. Die Emotionen sind abgekühlt und an den ökonomischen Fakultäten wandert das Thema von der Feldforschung zur Wirtschaftsgeschichte. Dennoch ist der Glaube an ein Versagen der Treuhand und ihrer Nachfolgerin besonders im Osten der Republik fest verankert.
Und das nicht nur bei alten Kadern, sondern auch im Unternehmerlager: Aus der Treuhand sei am Ende "ein Reparaturbetrieb ohne Garantieverpflichtung" geworden, resümiert dieser Tage die ostdeutsche Unternehmerzeitschrift Wirtschaft und Markt und fragt den BvS-Chef zum Abschied: 'Gehen Sie guten Gewissens?'
Doch war die Arbeit der Treuhand und ihrer Nachfolgeorganisation wirklich so schlecht, wie gern behauptet? Hatten die Privatisierer in Berlin angesichts der gegebenen Umstände überhaupt eine Chance, etwas besser zu machen? Stand nicht ganz am Anfang eine große Fehleinschätzung?
Dr. Gebhard: "Mein Name ist Dr. Gebhard, ich spreche hier als unabhängiger Wissenschaftler. Das Problem: Das Grundgesetz sieht den Begriff "Volkseigentum" nicht vor. Im Falle einer Ausdehnung des Grundgesetzes auf die DDR würde es nicht mehr existieren. Die vorgeschlagene Holding würde die gleichen Vermögensanteile aller DDR-Bürger unter Kontrolle der Volkskammer verwalten. Die Rechtskonstruktion sollte sich am Modell des Nachlassverwalters an den legitimierten Erbberechtigten orientieren."
So stellten sich DDR-Bürgerrechtler die ökonomische Zukunft des deutschen Ostens vor. Die Treuhand-Anstalt war ein Kind des Runden Tisches, auf die Beine gestellt von der letzten Regierung der DDR. Ihre Geburtshelfer gingen von der falschen Annahme aus, dass die DDR ihren Kindern ein Erbe hinterlassen habe, das diese nun unter sich nur aufzuteilen bräuchten.
Die Spitzen aus Politik und Wirtschaft im Westen waren nicht schlauer. Dort war keinerlei Skepsis aufgekommen, als DDR und Ostblock Anfang der 80er Jahre plötzlich begannen, im kapitalistischen Ausland Schulden zu machen. Einer OECD Studie, die der DDR einen Platz unter den zwölf größten Industrienationen zugestand, vertraute man im Westen blind. Nicht anders erging es auch der späteren Treuhand-Chefin und ehemaligen niedersächsischen Wirtschaftsministerin Birgit Breuel.
Birgit Breuel: "Auch die vielen dienstlichen Besuche haben sicher keinen Einblick gegeben in das, was hier wirklich stattgefunden hat, weder zu den Leuten, noch ins System. Ich hatte die Möglichkeit, einen Betrieb zu sehen, aber man bekam ja nur die Schokoladenseiten zu Gesicht und hatte nur eine Ahnung. Da sind wir alle einem Fehler aufgesessen, was ich zum ersten Mal realisiert habe, als ich die ersten Eröffnungsbilanzen unserer Firmen auf dem Tisch hatte und sehen musste, wie katastrophal die Lage war. Inzwischen kennen wir ja ein Papier, dass für Herrn Krenz bestimmt war, dem Nachfolger von Herrn Honecker, wo eine ganze Gruppe von Leuten von Beil über Schürer und andere auf einmal die Dramatik zu Papier brachten. Das war ihnen also bekannt."
Dieses Papier sprach so deutlich Klartext, dass auch die überzeugtesten Genossen nicht mehr zwischen den Zeilen suchen mussten:
"Die Feststellung, dass wir über ein funktionierendes System der Leitung und Planung verfügen, hält einer strengen Prüfung nicht stand. Die vorgegebene Strategie, dass die Kombinate alles selbst machen sollen, führte zu bedeutenden Effektivitätsverlusten. Im internationalen Vergleich der Arbeitsproduktivität liegt die DDR gegenwärtig 40 Prozent hinter der BRD zurück. Die Verschuldung im nicht-sozialistischen Wirtschaftsgebiet ist seit dem VIII. Parteitag gegenwärtig auf eine Höhe gestiegen, die die Zahlungsfähigkeit der DDR in Frage stellt. Allein ein Stoppen der Verschuldung würde im Jahr 1990 eine Senkung des Lebensstandards um 25-30 Prozent erfordern und die DDR unregierbar machen."
Von der einen Billion Mark, die, wie es noch 1991 hieß, die DDR-Wirtschaft Wert sei, war nun nicht mehr die Rede. Doch zu diesem Zeitpunkt wurde die Treuhand bereits als Plattmacher verdammt.
Doch nicht nur die harten ökonomischen Realitäten begrenzten den Gestaltungsspielraum der Treuhand-Leute. Auch die Politik setzte frühzeitig Grenzen. Da war zum einen die Entscheidung "Rückgabe vor Entschädigung". Sie verzögerte die Privatisierung etlicher Flächen und Betriebe um Jahre. Da war zum anderen, und noch verheerender, die Währungsunion: Sie machte aus der Treuhand, dem angeschlagenen Riesen, einen betriebswirtschaftlich vollkommen aussichtslosen Fall.
BvS Präsident Günter Himstedt: "Das war ein Aufwertungsschock von 400 Prozent. Wenn Sie da Ökonomen reinsten Wassers diskutieren lassen, dann kommt eine eindeutige Meinung raus: Das war falsch. Durchmischen sie die Runde mit Politikern, dann kommt raus, es gab keine Alternativen, von der Erwartungshaltung der Bevölkerung her. Die Treuhandanstalt hatte sich damit abzufinden. Aber in der öffentlichen Wahrnehmung ist nachher alles vermischt worden: "Treuhand ist auch für die Währungsunion zuständig."
Deshalb war bald, in vielen Fällen auch zu spät, eines klar: Die Treuhand musste bei ihren Entscheidungen nicht nur der ökonomischen Vernunft, sondern auch anderen, politischen Notwendigkeiten folgen. Sie stand in Gefahr, zwischen staatlichen und ökonomischen Interessen zerrieben zu werden. Wolfgang Seibel ist Politik- und Verwaltungswissenschaftler an der Universität Konstanz, er verweist auf ...
Wolfgang Seibel: "....die Tatsache, dass im früheren Mitteldeutschland eine kommunistische Diktatur mit Planwirtschaft eingeführt worden war, wie sie in allen osteuropäischen Ländern eine wirtschaftliche Brache hinterlassen hatte. Die in einen der prosperierendsten Industriestaaten zu integrieren, war eine Herausforderung, die mit klassischen Behördenmitteln genauso wenig zu bewältigen war wie mit den Mitteln eines klassischen Konzerns, der mal eben eine Sanierungsaufgabe bei einer Tochtergesellschaft zu bewältigen hatte. Das war völlig klar, dass es sowohl eine gigantische wirtschaftspolitische als auch gigantische sozial- und gesellschaftspolitische Aufgabe sein würde."
Die Entscheidung lag im Einzelfall bei der Treuhand. Ihre Mitarbeiter hielten das Schicksal von über 1000e HO-Märkten, von Apotheken, Industrie- und Agrarbetrieben in der Hand. Firmen, die eilends in Kapitalgesellschaften umgewandelt worden waren, deren erste D-Mark-Bilanzen plötzlich ganz anders aussahen als der schöne Schein der sozialistischen Planerfüllungslügen. Wer sollte was entscheiden? Rainer Maria Gohlke ist im Sommer 1990 bereits der dritte Chef der Anstalt:
Rainer Maria Gohlke: "Das Einfachste ist immer, wenn zwei oder drei Anbieter da sind. Und dann welche Kriterien? Will er investieren? Das ist sehr wichtig. Wenn er sich bereit erklärt, auch in andere Bereiche zu investieren. Die Frage der Arbeitsplätze ist ein wichtiges Momentum, und die Frage, passt das von der Wettbewerbsstruktur her rein? Und schließlich: Ist der Kaufpreis höher als der der anderen Bieter?"
Der Wissenschaftler Wolfgang Seibel: "Man muss sich vorstellen, unter welchen Bedingungen die Verträge gerade in der Frühzeit abgeschlossen wurden. Es gab eine Goldgräberstimmung, Investoren, die der Treuhand 1990/91 die Bude einrannten, die Anstalt war ausgestattet mit wenigen hundert Personen. Es gab Verkaufsgespräche in den Fluren und in schummerigen Ecken. Dass dies nicht zu Betrug und Missbrauch in größerem Umfang geführt hat, ist wirklich erstaunlich."
Dennoch liest sich die Geschichte der Treuhand in den Pressearchiven wie eine Geschichte der Gaunerstücke, der Schiebereien und schlechten Verträge. Große wie kleine Kriminelle zog die Treuhand an: Sie nutzten das Chaos der Anfangszeit und den Zeitdruck der Privatisierer. Doch an dieser Stelle muss BvS-Chef Himstedt widersprechen:
Himstedt: "Dass ein Transformationsprozess kriminelle Energie lostritt, ist normal. Aber das nun in Verbindung zu bringen mit dem Engagement der deutschen Industrie, halte ich für eine Unzulässigkeit, und ich würde mich nie an einem solchen Urteil beteiligen, dass finde ich so schlimm. Wir haben im Gegenteil erlebt, dass sich viele westdeutsche Investoren engagiert haben, und die haben auch viele Verluste geschluckt, und nicht dann losgeschrieen und gesagt, dass haben wir uns alle anders vorgestellt."
Tausende von erfolgreichen Privatisierungen gerade im Mittelstand sind selten Gegenstand der Berichterstattung, naturgemäß sind es eher die großen Pleiten. Gleich 20 Betriebe musste die Treuhand zurücknehmen, weil sich die Niederlassung Halle von einem kriminellen Geschäftemacher übers Ohr hauen ließ; in Berlin kostete die Fehlprivatisierung des Anlagenbauers WBB einen dreistelligen Millionenbetrag. Eine insgesamt kurze Liste im Vergleich zur Dimension der Aufgabe, findet Günter Himstedt, Chef der Treuhand-Nacholferin BvS. Ein anderer Verdacht bleibt bestehen: Die Westkonzerne, seinerzeit mit Überkapazitäten befrachtet, hatten ihre eigenen Geschäftsinteressen. Und die konnten verlangen, potenzielle Ost-Konkurrrenten rechtzeitig auszuschalten und aufzukaufen.
Treuhand-Forscher Wolfgang Seibel: "Bei der Treuhand muss man feststellen, dass man sich dieses Risikos auch bewusst war. Die Leute waren nicht dumm, und haben gerade in Schlüsselindustrien wie Chemie, Stahl und Werften auch versucht, das zu verhindern. Denken Sie an EKO-Stahl in Eisenhüttenstadt: Da ist gezielt versucht worden, ein westdeutsches Interessenkartell zu verhindern, indem man gezielt ausländische Investoren angesprochen hat. Die Treuhand war alles andere als der verlängerte Arm der westdeutschen Wirtschaft."
Auch die meisten Treuhand-Verträge, aus der chaotischen Frühzeit der Anstalt, seien besser als ihr Ruf, gibt BvS-Chef Himstedt zu bedenken. Er hatte mit tausenden von ihnen zu tun: Seine Behörde beschäftigte sich im Kern mit Vertragsverwaltung und -überwachung - dem Controlling:
Himstedt: " Die Verträge sind besser, als dies in der Öffentlichkeit dargestellt wurde. Wenn es so nicht wäre, hätten wir heute nicht über 90 Prozent unserer Arbeit erledigt. Insgesamt muss man das vor dem Hintergrund von 44.000 Verträgen sehen. In manchen Verträgen war auch angelegt, dass man sich in vier oder fünf Jahren wieder zusammensetzt."
Mit Vertragsstrafen, sogenannten Pönalen, sollten die Investoren zur Einhaltung gezwungen werden. Doch bei Pleiten wie die des Bremer Vulkan half auch keine Strafe. 800 Millionen Mark verschwanden bei der Privatisierung der Ost-Werften im Bauch der Vulkan-Werft, bevor sie unterging.
Die größte Industrie-Holding aller Zeiten startete ihre Arbeit ohne Controlling - erst im Verlauf wurde eine Revisionsabteilung aufgebaut. In den Einzelunternehmen war saubere Rechnungsführung und Kontrolle noch weniger ein Thema: Sie war unter DDR-Bedingungen nicht vorgesehen, und Leute, die sich damit auskannten, gab es kaum. Manfred Kolbe, ostdeutscher CDU-Abgeordneter, forderte schon 1992:
Manfred Kolbe: "Eine Gruppe sanierungsfähiger Unternehmen ist über Jahre zu sanieren, und dann in einigen Jahren breit über die Börse zu privatisieren. Ich darf nur die Beispiele VW und Viag nennen. Wie kann man als sozialistisch verunglimpfen, was im Westen erfolgreich praktiziert wurde. Es ist falsch, hier nur die reine Lehre durchzuführen."
Später, zu Zeiten der BvS, waren die Geschäfte überschaubar geworden, und nun gab es doch Industriepolitik: Mehr als 20 Milliarden Mark wurden ins ostdeutsche Chemie-Dreieck gepumpt, Hermes-Bürgschaften und die Milliarden für Energieanlagen und die Raffinerie in Leuna nicht mitgerechnet. Doch gerade diese Beispiele feiert die BvS nun als Erfolg - genauso wie EKO oder die zum zweiten Mal privatisierten Ost-Werften - allesamt aufgepäppelt mit Milliarden und erst dann privatisiert.
Auch die Schlagzeilen änderten sich in dieser Zeit. Jetzt war die Treuhand/BvS nicht mehr der Plattmacher. "Subventionen außer Kontrolle", hieß es jetzt, und der Bundesrechnungshof stieß ins selbe Horn.
Günter Himstedt: "Sehr frühzeitig haben die wissenschaftlichen Institute davor gewarnt, in Ostdeutschland eine Subventionsmentalität aufkommen zu lassen. Wir hatten uns ja in den Jahren 95 bis 98 immer noch bemüht, verlierende Unternehmen in Schwierigkeiten aufzufangen, wenn ganz bestimmte Voraussetzungen gegeben waren, es musste einen Grund geben. Dieser Grund konnte darin bestehen, dass seinerzeit die Beteiligten von einer anderen Ausgangslage ausgegangen waren. So viel war es am Ende denn doch nicht. Der Hauptfall ist die Zweitprivatisierung der Werften, die uns dann auch gelungen ist: In einer sehr sehr schwierigen Werftensituation - ich mache kein Hehl daraus, dass wir es heute nicht schaffen würden. Wir hatten einfach mal Glück."
Doch blieb diese Phase eine des Übergangs in Ostdeutschland. Denn die Brüsseler Wächter führten die Berliner zurück auf den liberalen Weg. Gegen Ende der 90er Jahre gingen sie immer energischer vor gegen Subventionsgelder Ost.
Günter Himstedt: "Die Brüsseler Mahnungen entsprachen dann auch immer mehr den Tatsachen hier im Hause. Dass es immer weniger eine Situation gab, wo man sagte, nach so vielen Jahren, gibt es noch einmal eine Chance. Sondern: "Das Unternehmen ist im Markt gescheitert". Und dann unterliegt es den Gesetzen wie alle Unternehmen im Markt."
Herrscht damit bereits marktwirtschaftliche Normalität auch im Osten? Günter Himstedt sagt, die Arbeit seiner BvS sei getan, die des Aufbau Ost aber noch nicht. Nötig seien weitere Hilfen für Infrastruktur und Bildung:
Günter Himstedt: "Der Gedanke ist aufgegangen - wir haben heute eine wettbewerbsfähige Wirtschaft. Wenn ich jetzt zurückgehe auf das, was die wissenschaftlichen Institute sagen: Sie haben uns bescheinigt, dass durch die Privatisierung durchaus ein gesunder und wettbewerbsfähiger Kern an Industrie in Ostdeutschland entstanden ist. Dieser Kern ist noch zu klein, der muss erweitert werden. Das wird die BvS nicht mehr leisten können, da ist die Wirtschaftspolitik gefordert."
Die Treuhand und ihre Nachfolgerin hinterlassen ein zwiespältiges Bild. Ganze Regionen in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg sind de-industrialisiert und ohne jede Perspektive. Die Sanierung der Kaliwerke in Bischofferode ist gescheitert wie die von SKET in Magdeburg. Nur 60 Prozent des ostdeutschen Sozialprodukts erarbeitet der Osten selbst - der Rest sind Transferleistungen.
Doch auf der anderen Seite stehen gefeierte Erfolge - wie Jenoptik, Leuna oder Eko-Stahl - auferstanden aus Ruinen einer maroden Wirtschaft, die sich in wenigen Jahren umorientierte vom Geschäft mit den sozialistischen Brüdern zum globalisierten Markt.
Birgit Breuel: "Schauen Sie sich an, was an Strukturwandel im Laufe von 40 Jahren im Westen gelaufen ist und welche Gelder da geflossen sind, viel mehr, obwohl die Leute 40 Jahre hatten, sich darauf einzustellen. Deshalb sind die Ostdeutschen die eigentlichen Helden der Wiedervereinigung.."
Am unspektakulärsten fällt die Finanzbilanz der Treuhand aus. Die BvS hinterlässt etwa 220 Milliarden Mark Schulden, etwa genauso viel, wie die Privatisierung insgesamt gekostet hat. Das ist weniger als befürchtet. Besonders die Sanierung der Umweltschäden fiel billiger aus als angenommen.
Kurz bevor die Treuhand-Nachfolgerin ihre Arbeit einstellt, ist mit dem Chemiepark Bitterfeld nur noch ein Fall nicht entschieden. Für den Gewerbepark aus verschiedenen Chemiebetrieben wird weiterhin eine Betreibergesellschaft gesucht. 90 Prozent der Reprivatisierungen sind jedoch abgeschlossen, ihre Verträge über Investitions- und Arbeitsplatzzusagen müssen noch bis zum Jahr 2005 überwacht werden. 260 Liquidationsverfahren laufen noch.
Diese Aufgaben, wie auch die abschließende Regelung der Altlastensanierung, übernehmen künftig andere. Die Verwaltung von Grund und Boden aus Staatsbesitz, eine Aufgabe noch für Jahrzehnte, liegt bereits in den Händen einer Treuhand-Liegenschaftstochter. Die BvS, der einstige Kern der Treuhand aber, existiert künftig nur noch als Ein-Mann-Unternehmen, ohne eigenen operativen Kern. Die BvS ganz zu tilgen, dafür fehlt es an der politischen Mehrheit: Gerade im Osten will man die Überbleibsel der einst so ungeliebten Institution Treuhand und Nachfolger offenbar erhalten.