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Abzug aller Soldaten geplant
Ukraine gibt die Krim auf

Nachdem prorussische Milizen das Hauptquartier der ukrainischen Marine auf der Krim eingenommen haben, plant die Ukraine nun den Abzug ihrer Soldaten von der Halbinsel. Moskau treibt derweil die Annexion der Krim weiter voran.

    Russland baute seine militärische Kontrolle über die Schwarzmeer-Halbinsel am Mittwoch weiter aus. Prorussische Kräfte stürmten das Hauptquartier der ukrainischen Flotte in der Hansestadt Sewastopol und setzten Marinechef Sergej Gajduk fest. Die Ukraine sprach von einer "Geiselnahme" und setzte ein Ultimatum zur Freilassung.
    Am Morgen waren bereits dutzende Uniformierte auf das Gelände der ukrainischen Marine in Sewastopol vorgedrungen und hatten die russische Flaggen gehisst. Nach Dutzenden ukrainischen Soldaten hätten auch Kommandeure den Stützpunkt verlassen, meldete die Agentur Interfax. Es habe weder Gewalt noch Verletzte gegeben.
    Ukraine will ihre Soldaten von der Krim abziehen und GUS verlassen
    Die Ukraine arbeitet bereits an einem Plan für einen möglichen Abzug ihrer Truppen von der Krim. Dies sagte der Chef des nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates, Andrej Parubi, bei einer Pressekonferenz. Zuvor hatte er erklärt, dass die Ukraine als Reaktion auf die Eingliederung der Krim durch Russland eine Visa-Pflicht für russische Staatsbürger einführe und aus der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) austreten wolle, in der sich frühere Sowjetrepubliken zusammengefunden haben.
    Ein ukrainischer Offizier verlässt das Hauptquartier der ukrainischen Marine in Sewastopol.
    Ein ukrainischer Offizier verlässt das Hauptquartier der ukrainischen Marine in Sewastopol. (afp / Viktor Drachev)
    Nach ukrainischen Angaben versuchten prorussische Kräfte außerdem, mit einem Traktor einen ukrainischen Stützpunkt bei Jewpatorija im Westen der Krim zu stürmen. Zudem häuften sich Berichte, wonach immer mehr ukrainische Soldaten ihre umstellten Basen freiwillig verlassen. Die moskautreue Krim-Führung hatte die ukrainischen Soldaten auf der Halbinsel zum Seitenwechsel aufgerufen. Das ukrainische Verteidigungsministerium wiederum erteilte die Erlaubnis zum Waffeneinsatz zur Selbstverteidigung.
    Bis Freitag soll die Krim formell russisch werden
    Das russische Verfassungsgericht billigte den international nicht anerkannten Vertrag über die Eingliederung der zur Ukraine gehörenden Krim in die Russische Föderation. Das Dokument sei mit der russischen Verfassung konform, sagte Gerichtspräsident Waleri Sorkin in St. Petersburg.
    Russlands Präsident Wladimir Putin hatte den Vertrag, der nach Ansicht des Westens gegen das Völkerrecht verstößt, zur Prüfung beim Gericht eingereicht. Nun müssen noch Staatsduma und Föderationsrat das am Vortag von Putin und der prorussischen Krim-Führung unterzeichnete Dokument ratifizieren. Das soll bis Freitag passieren.
    Ban Ki Moon reist nach Moskau und Kiew
    UN-Generalsekretär Ban Ki Moon will trotzdem weiter nach diplomatischen Lösungen suchen. Er reist nach Moskau und trifft dort am Donnerstag Präsident Wladimir Putin und Außenminister Sergej Lawrow. Einen Tag später will er in Kiew mit Übergangspräsident Alexander Turtschinow und Regierungschef Arseni Jazenjuk über die Lage sprechen. Der Besuch sei "Teil der diplomatischen Bemühungen, um alle Seiten zu einer friedlichen Lösung der Krise zu bewegen", teilten die Vereinten Nationen mit.
    Russlands Präsident Wladimir Putin bei einer Regierungssitzung am Mittwoch
    Russlands Präsident Wladimir Putin bei einer Regierungssitzung am Mittwoch (afp / Alexey Druzhinin)
    Westmächte drohen Russland
    Die Ukraine, zu der die Krim völkerrechtlich gehört, und der Westen werfen Russland einen Bruch internationalen Rechts vor. Die EU und die USA wollen weitere Sanktionen, beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel ist die Ukraine ein Hauptthema.
    US-Vizepräsident Joe Biden kritisierte das russische Vorgehen auf der Krim als "unverhüllte Aggression" und drohte mit Konsequenzen. "So lange Russland diesem dunklen Pfad folgt, wird es wachsende politische und wirtschaftliche Isolation erfahren", sagte er in der litauischen Hauptstadt Vilnius.
    US-Vizepräsident Joe Biden
    US-Vizepräsident Joe Biden (dpa / picture-alliance / Valda Kalnina)
    Großbritanniens Premierminister David Cameron rief zu einer Diskussion über einen Ausschluss Russlands aus dem Staatenbund G8 auf. "Wenn wir uns von dieser Krise abwenden und nichts tun, dann werden wir langfristig einen sehr hohen Preis zahlen", sagte er in London. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen erklärte in Washington: "Dies ist die größte Bedrohung für Europas Sicherheit und Stabilität seit dem Ende des Kalten Krieges."
    EU will Assoziierungsabkommen mit Kiew unterzeichnen
    Die Bundesregierung rechnet allerdings nicht damit, dass der EU-Gipfel eine weitreichende Verschärfung der Strafmaßnahmen - etwa Wirtschaftssanktionen - beschließen wird. Stufe Drei des Anfang März beschlossenen Sanktionsplans würde nur bei einer weiteren massiven Destabilisierung über die Krim hinaus greifen, hieß es aus Regierungskreisen in Berlin. Gesprochen werde aber voraussichtlich über zusätzliche Maßnahmen der Stufe Zwei, also über Reisebeschränkungen und das Einfrieren von Konten. Bundeskanzlerin Angela Merkel will am Donnerstag um 9 Uhr eine Regierungserklärung zu den Sanktionsschritten gegen Russland abgeben.
    Auf dem EU-Gipfel soll mit der Ukraine zudem der politische Teil des geplanten Assoziierungsabkommens unterzeichnet werden, den das Bundeskabinett billigte. Zollerleichterungen in Höhe von 500 Millionen Euro sollen ebenfalls beschlossen werden. Die EU bereitet auch zusätzliche Finanzhilfe in Höhe von einer Milliarde Euro vor, wie EU-Währungskommissar Olli Rehn in Brüssel sagte. Sie sei allerdings von Reformen der ukrainischen Regierung abhängig.