Wer einen Blick in den Kühlschrank von Hans-Joachim Linnecke wirft, stößt auf Lebensmittel mit knallig-orangenen Aufklebern: Sonderpreis! Sonderpreis! Sonderpreis! Zum Beispiel Heringshappen, 150 Gramm, reduziert von 1,99 Euro auf die Hälfte.
"Wenn ick mir die Sachen zum normalen Preis kaufe, dann komme ich nicht den ganzen Monat mit dem Geld aus. Das ist also Fakt."
Linnecke - graue Haare, grauer Bart - steht in Shorts und roten Badelatschen in seiner Küche. Der 65-Jährige zeigt auf das Verfallsdatum von Wurst und Joghurt – alles fast abgelaufen.
"Also wir haben festgestellt, auch wenn das Datum erreicht wird, man kann die Sachen eine Weile später essen."
Linnecke ist auf Hartz IV, seit acht Jahren schon. Der Berliner hat einst als Betonmischer und in einem Baustellenlager gearbeitet - bis er 1999 seinen Job verlor. Sein Arbeitslosengeld war nicht schlecht - doch mit Einführung von ALG II änderte sich alles. Plötzlich bekam Linnecke - zusammen mit seiner minijobbenden Frau – jeden Monat 1000 Euro weniger als zuvor: Als "Bedarfsgemeinschaft" erhielten beide jetzt nur noch 1200 Euro pro Monat. Ab sofort mussten Urlaub, Restaurantbesuche und Kino-Abende ausfallen.
"Man hat natürlich nachts och mal ein bisschen schlechter geschlafen, weil man in… in den Gedanken war natürlich viele Sachen drin gewesen, wie geht das mit dem Geld weiter? Man hat sich auch schon Sorgen gemacht, det is klar."
Hinzu kam der Papierkram: Jobcenter-Gesuche tippen, Versicherungsnachweise besorgen, bei Reisen einen "Ortsabwesenheitsantrag" stellen – und: Die eigenen Konten offenlegen.
"Es ist für mich doch ein unheimlicher Einschnitt, dass man wirklich so gezwungen wird, sich eben fast auszuziehen, um so was zu beantragen."
Das Jobcenter schickte eine Handvoll Arbeitsangebote. Zudem schrieb Linnecke selbst fast 60 Bewerbungen. Doch der ALG-II-Empfänger war bereits über 55 Jahre alt – als "altes Eisen" erhielt er oft nicht einmal eine Antwort.
"Ich hatte mal angefangen, für die ersten Bewerbungen eine richtig schöne Bewerbungsmappe zusammengestellt, so eine blaue Mappe, gut eingebunden, und dann alle Sachen schön eingeheftet dadrin. Davon bin ick in den … dann nach einem oder anderthalb Jahren abgekommen. Hab gesagt: Du erhältst die Sachen sowieso nicht zurück."
Zwischendurch zwei Glücksfälle: zwei ABM-Maßnahmen auf dem Bau - die eine für ein halbes Jahr, die andere für eineinhalb Jahre. Doch die Jobs hatten einen Haken: Es waren Billig-Jobs, nicht mal der Mindestlohn wurde gezahlt. Linnecke zog deshalb vor Gericht – mit Erfolg.
"Wenn ich ein Arbeitsverhältnis habe – und das war für mich von Anfang an klar, dass eine ABM-Stelle auch ein Arbeitsverhältnis ist – dann muss ich auch mit Mindestlohn bezahlt werden."
Eigentlich hätte der Langzeitarbeitslose die jobfreien Jahre auch ein bisschen genießen können - auf seinem Balkon, inmitten von Geranien und Lavendel. Doch lieber engagiert er sich ehrenamtlich, vor allem in der Gewerkschaft. Aber auch die Angst vor der Zukunft ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Denn als Hartz-IVler kann er - ab 63 - in Zwangsrente geschickt werden, mit gekürzten Bezügen.
"Dass ich einfach gezwungen werde, Abschläge von dem in Kauf zu nehmen, was ich selber eingezahlt habe. Also dass ich gezwungen werde, in Rente zu gehen – kann es das nicht sein. Meiner Meinung nach ist das ein glatter Verstoß gegen die Menschenrechte. Wenn mir das passiert wäre – ich hätte auch einen Prozess geführt bis zum Gehtnichtmehr."
Hans-Joachim Linnecke hatte jedoch Glück. Er darf jetzt - mit 65 - in Vollrente gehen. Nun braucht er keine lästigen Anträge mehr zu schreiben und keine überflüssigen Bewerbungen. Eine Woche Urlaub hat er sich mit seiner Frau schon gegönnt – auf der Insel Rügen.
"Det is der einzige Urlaub, den wir uns seit 15 Jahren jetzt leisten."
"Wenn ick mir die Sachen zum normalen Preis kaufe, dann komme ich nicht den ganzen Monat mit dem Geld aus. Das ist also Fakt."
Linnecke - graue Haare, grauer Bart - steht in Shorts und roten Badelatschen in seiner Küche. Der 65-Jährige zeigt auf das Verfallsdatum von Wurst und Joghurt – alles fast abgelaufen.
"Also wir haben festgestellt, auch wenn das Datum erreicht wird, man kann die Sachen eine Weile später essen."
Linnecke ist auf Hartz IV, seit acht Jahren schon. Der Berliner hat einst als Betonmischer und in einem Baustellenlager gearbeitet - bis er 1999 seinen Job verlor. Sein Arbeitslosengeld war nicht schlecht - doch mit Einführung von ALG II änderte sich alles. Plötzlich bekam Linnecke - zusammen mit seiner minijobbenden Frau – jeden Monat 1000 Euro weniger als zuvor: Als "Bedarfsgemeinschaft" erhielten beide jetzt nur noch 1200 Euro pro Monat. Ab sofort mussten Urlaub, Restaurantbesuche und Kino-Abende ausfallen.
"Man hat natürlich nachts och mal ein bisschen schlechter geschlafen, weil man in… in den Gedanken war natürlich viele Sachen drin gewesen, wie geht das mit dem Geld weiter? Man hat sich auch schon Sorgen gemacht, det is klar."
Hinzu kam der Papierkram: Jobcenter-Gesuche tippen, Versicherungsnachweise besorgen, bei Reisen einen "Ortsabwesenheitsantrag" stellen – und: Die eigenen Konten offenlegen.
"Es ist für mich doch ein unheimlicher Einschnitt, dass man wirklich so gezwungen wird, sich eben fast auszuziehen, um so was zu beantragen."
Das Jobcenter schickte eine Handvoll Arbeitsangebote. Zudem schrieb Linnecke selbst fast 60 Bewerbungen. Doch der ALG-II-Empfänger war bereits über 55 Jahre alt – als "altes Eisen" erhielt er oft nicht einmal eine Antwort.
"Ich hatte mal angefangen, für die ersten Bewerbungen eine richtig schöne Bewerbungsmappe zusammengestellt, so eine blaue Mappe, gut eingebunden, und dann alle Sachen schön eingeheftet dadrin. Davon bin ick in den … dann nach einem oder anderthalb Jahren abgekommen. Hab gesagt: Du erhältst die Sachen sowieso nicht zurück."
Zwischendurch zwei Glücksfälle: zwei ABM-Maßnahmen auf dem Bau - die eine für ein halbes Jahr, die andere für eineinhalb Jahre. Doch die Jobs hatten einen Haken: Es waren Billig-Jobs, nicht mal der Mindestlohn wurde gezahlt. Linnecke zog deshalb vor Gericht – mit Erfolg.
"Wenn ich ein Arbeitsverhältnis habe – und das war für mich von Anfang an klar, dass eine ABM-Stelle auch ein Arbeitsverhältnis ist – dann muss ich auch mit Mindestlohn bezahlt werden."
Eigentlich hätte der Langzeitarbeitslose die jobfreien Jahre auch ein bisschen genießen können - auf seinem Balkon, inmitten von Geranien und Lavendel. Doch lieber engagiert er sich ehrenamtlich, vor allem in der Gewerkschaft. Aber auch die Angst vor der Zukunft ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Denn als Hartz-IVler kann er - ab 63 - in Zwangsrente geschickt werden, mit gekürzten Bezügen.
"Dass ich einfach gezwungen werde, Abschläge von dem in Kauf zu nehmen, was ich selber eingezahlt habe. Also dass ich gezwungen werde, in Rente zu gehen – kann es das nicht sein. Meiner Meinung nach ist das ein glatter Verstoß gegen die Menschenrechte. Wenn mir das passiert wäre – ich hätte auch einen Prozess geführt bis zum Gehtnichtmehr."
Hans-Joachim Linnecke hatte jedoch Glück. Er darf jetzt - mit 65 - in Vollrente gehen. Nun braucht er keine lästigen Anträge mehr zu schreiben und keine überflüssigen Bewerbungen. Eine Woche Urlaub hat er sich mit seiner Frau schon gegönnt – auf der Insel Rügen.
"Det is der einzige Urlaub, den wir uns seit 15 Jahren jetzt leisten."