"Endlich mal Ruhe!"
"Endlich mal durchatmen!"
"Vielleicht muss man sich von einem Moment auch mal völlig überwältigen lassen, um ein wirkliches Gefühl von Hier und Jetzt zu erleben. Sozusagen die Kontrolle über die eigene Achtsamkeit ein Stück weit abgeben. Alles laufen lassen und nicht nachdenken."
"Wie läuft das eigentlich, wenn wir uns selbst besser kennen? Gibt es irgendwann einen Moment im Leben, in dem wir mit Recht behaupten können: Jetzt weiß ich, wer ich bin?"
"Ich erfahre, dass ich nicht die Einzige bin, die sich in der Hektik des Alltags nach stille sehnt, … dann sagt Erna: Wir treten nun in die Stille ein. Für einen Moment komme ich mir vor wie am höchsten Punkt einer Achterbahn."
"Man kann es förmlich spüren, wie eine Last von einem abfällt, wenn man sich nach einem hektischen Tag auf eine Bank setzt, tief durchatmet, schweigt und seine Umgebung mit allen Sinnen wahrnimmt."
"Bleibe aufmerksam!"
"Wo will ich eigentlich hin?"
So klingen Zeitschriften, die sich der Achtsamkeit, dem kleinen Glück und dem einfachen Leben verschrieben haben. Sie heißen "Flow", "Happenez", "emotion", "Hygge", "Der Pilger". Im Heftinnern erzählen Menschen davon, was ihnen guttut. Da wird eingekocht und gebastelt, gepilgert und meditiert – das sieht auf den Fotos nicht piefig aus, wie es klingt, sondern gut belichtet und belüftet. Überhaupt wird auf vielen Seiten auf– und durchgeatmet. Und viele wollen das lesen, vor allem Frauen Mitte 30. Bei über 200 000 Exemplaren liegt die Auflage von "Flow". Mindstyle heißt dieses Segment für Sinnsuche und Spiritualität.
Für "Tag für Tag" haben sich Sinja Schütte, Chefredakteurin von "Flow" und "Hygge", und Norbert Rönn, Chefredakteur des Magazins "Der Pilger", über den Sinn ihres Tuns unterhalten.
"Unsere ganze Tonalität im Heft ist nicht appellativ, wir möchten Denkanstöße geben, unsere Leserinnen mit auf eine Denkreise nehmen", sagt Sinja Schütte. "Was wir grundsätzlich machen ist, zu sagen: "Das Glas ist halb vor." Zynismus werde vermieden.
"Wir greifen Mindstyle-Themen auf und betrachten sie unter einem Aspekt, der das Christliche in den Blick rückt. Da ist uns wichtig, nicht mit einem moralischen Impetus zu kommen, sondern die Menschen abzuholen und mitzunehmen", sagt Norbert Rönn. Auch für seine Redaktion gelte die Perspektive: Das Glas ist immer halbvoll - mindestens.
Beide Zeitschriften haben in ihren aktuellen Ausgaben Reportagen aus einem Schweigekloster. Für Norbert Rönne ist Spiritualität die Basis des Blattmachens. Kirchlichkeit ist weniger sichtbar, Religion schon. Eine Bibelkolume namens "Die gute Botschaft" hat einen festen Platz, ebenso der Gesundheitstipp der Klosterschwester.
"Für mich stellt ein Schweigekloster die Faszination der Andersartigkeit dar", erklärt Sinja Schütte. Religiös im klassischen Sinne sei "Flow" nicht, es gebe keine spirituellen Überbau. Achtsamkeit und die Psychologie des Positiven Denkens bilden die Grundlage der Arbeit.
Die Magazine profitieren von dem Gefühl, dass der Alltag immer rasanter wird und ständig digitale Informationen auf einen eintrommeln. Daher die Wertschätzung für Ruhe, Stille und Handgemachtes.
Ist das eine Weltflucht in schöne Bilder und gute Nachrichten? "Nein", sagt Sinja Schütte. "Unsere Leserinnen gönnen sich eine Pause, stehen aber sehr wohl im Leben." Achtsamkeit, so Rönn, bedeute nicht nur, auf sich selbst zu achten, sondern auch auf die Schöpfung. "Man kann einen Beitrag über Almsennerinnen bringen und muss zugleich im Blick haben, dass wir dabei sind, unsere Schöpfung zu belasten."