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Addo zu Kombination von Corona-Impfstoffen
Infektiologin: "Man sollte da keine Bedenken haben"

Wer unter 60 ist und erst einmal den Corona-Impfstoff von Astrazeneca bekommen hat, soll als zweite Dosis ein anderes Präparat erhalten. Die Infektiologin Marylyn Addo hält das für sinnvoll: Obwohl die Datenlage noch dünn sei, spreche viel dafür, dass dieser Ansatz sicher sei, sagte Addo im Dlf.

Marylyn Addo im Gespräch mit Lennart Pyritz |
Die Leiterin der Infektiologie, Professor Dr. Marylyn Addo, spricht während einer Pressekonferenz am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) mit den Jounalisten. Das Klinikum informierte über den Studienstart mit dem Ebola-Medikament Remdesivir an besonders schwer erkrankten Patienten mit Covid-19.
Marylyn Addo ist Professorin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, leitet dort die Infektiologie und selbst an der Entwicklung eines Corona-Impfstoffs beteiligt.  (dpa/dpa-POOL/picture alliance/Ulrich Perrey)

Kann man Impfstoffe von AstraZeneca und Biontech kombinieren?

Es gibt bisher keine abgeschlossenen Studien zur Kombination verschiedener Corona-Impfstoffe. Die Infektiologin Marylyn Addo sagt jedoch: "Wir kombinieren zwei Impfstoffe, die schon zugelassen sind, die sehr gute Sicherheitsprofile haben." Zu mRNA-Impfstoffen wie denen von Biontech oder Moderna habe man zwar generell noch nicht viele Daten vorliegen. "Aber wir haben diesen Impfstoff ja auch millionenfach in der Welt schon verimpft, auch bei Menschen, die schon vorher Corona gehabt haben. Und das kann man vielleicht auch ein bisschen analog sehen zu Geimpften." Die wenigen bisher vorliegenden Daten sprächen für ein sehr positiv zu erwartendes Sicherheitssignal.
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Mittel- und Langfristperspektive

Zunächst wurden die Impfstoffe einzeln auf ihre Sicherheit getestet und zugelassen. Die bisher zugelassenen haben laut Marylyn Addo ein sehr niedriges Risikoprofil. Die Kombination verschiedener Impfstoffe könnte die langfristige Strategie werden. Das Prinzip der Impfstoff-Kombination wird auch Mix And Match genannt. Die Forschung bereite sich jetzt schon darauf vor, dass nachgeimpft werden müsse.
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Erfahrungen mit anderen Impfstoffen

Es gibt einen Ebola-Impfstoff, der aus zwei Komponenten besteht: einem MVA und einem Adenovirus-Impfstoff. Aus der Kombination der beiden Komponenten erhofft man sich eine breitere Immunantwort. "Man geht davon aus, dass man vielleicht verschiedene Arme des Immunsystems besser anspricht", erläutert Marylyn Addo. Außerdem könnte dadurch auch eine länger andauernde Immunantwort erzielt werden.

Lennart Pyritz: Ist es eine gute Entscheidung, mit Astrazeneca Geimpften in der Zweitdosis einen mRNA-Impfstoff zu verabreichen?
Marylyn Addo: Ja, es ist eine Entscheidung, die man nachvollziehen kann im Kontext der jetzigen Entwicklung. Es hat aber zu viel Verunsicherung geführt, weil es irgendwie so empfunden wird, als ob das jetzt noch mal ein besonders experimenteller Ansatz ist. Und das ist es natürlich auf der Seite schon, weil es da einfach noch keine publizierten Studien gibt, aber insgesamt ist dieses Prinzip nicht ungewöhnlich, dass man auch Impfstoffe kombinieren kann.
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Pyritz: Das heißt, es gibt tatsächlich noch keine Daten zur Kombination unterschiedlicher Corona-Impfstoffe bei Menschen - die ersten Studien laufen noch?
Addo: Ja, derzeit laufen diese Studien noch. Das Prinzip, das sich auch landläufig Mix and Match nennt, das wird schon seit dem Herbst in der WHO und in Expertenkreisen auch diskutiert, weil das vielleicht auch die Zukunftsstrategie sein wird, aber bevor man da jetzt richtig einsteigen kann, muss man ja die einzelnen Komponenten auch erst mal auf ihre Sicherheit testen. Das ist ja jetzt auch geschehen, die beiden Impfstoffe zum Beispiel, AstraZeneca und Biontech, sind jetzt schon zugelassen. Und seit Februar läuft zum Beispiel in UK eine Studie zur Kombination dieser beiden Impfstoffe. Laut Protokoll werden da gerade 800 Probanden eingeschlossen in acht Armen sozusagen.
Da wird getestet zum einen die Kombination AstraZeneca mit AstraZeneca, Biontech und Biontech. Und dann zuerst AstraZeneca geimpft und danach Biontech oder zuerst Biontech und danach AstraZeneca. Und dann werden auch noch zwei Intervalle geprüft, 28 Tage und 84 Tage. Diese Studien laufen, und diese Sicherheitsdaten werden sicherlich auch bald verfügbar sein. Diese Studie wird derzeit noch erweitert um noch andere Kombinationsimpfstoffe, weil das vielleicht die Strategie ist, wo es letztendlich hingehen wird. Wir bereiten uns ja darauf vor, dass wir nachimpfen müssen. Insofern ist das jetzt kein fremdes Konstrukt oder eine Strategie, die jetzt in dieser Situation mit AstraZeneca befinden, erst etabliert wurde, sondern das ist ganz strategisch so aufgesetzt.
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Pyritz: Wird denn jetzt abgewartet, bis die Daten von dieser Studie vorliegen, oder ist es unbedenklich, schon vorher Zweitimpfungen mit einem anderen Corona-Impfstoff durchzuführen?
Addo: Es gibt ja jetzt schon viele Erstgeimpfte, deren Zweitimpfung jetzt so Ende April, Anfang Mai schon ansteht. Insofern werden diese Daten zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorliegen. Es ist aber dennoch auch von der Stiko alles ganz genau bewertet worden, und das Risikoprofil ist wirklich sehr niedrig, weil wir ja hier einen Impfstoff haben, der auch ein super Sicherheitsprofil hat in der Kombination mit sich selbst, also Biontech oder Moderna. Insofern sollte man da keine Bedenken haben.

Das Risiko scheint überschaubar

Pyritz: Wie könnten denn jetzt weitere Studien möglichst schnell Aufschluss zur Sicherheit bei der Kombination unterschiedlicher Corona-Impfstoffe liefern? Muss man da jetzt auf die Daten aus Großbritannien warten oder könnten, sollten zum Beispiel auch in Deutschland Studien dazu eingeleitet werden?
Addo: Da gibt es auch schon viele Initiativen, die das genau so machen und auch diesen Prozess jetzt begleiten. Wir haben ja Tausende von Menschen in Deutschland, mich eingeschlossen, die jetzt eine Zweitimpfung nach AstraZeneca bekommen, und die sollte natürlich wie auch in anderen Szenarien, zum Beispiel die Israel-Daten, das waren ja Real-World-Daten, das müssen wir unbedingt jetzt auch erfassen, und an mehreren Standorten wird das auch wissenschaftlich begleitet.
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Pyritz: Sie haben ja schon gesagt, das Prinzip, unterschiedliche Impfstoffe im Rahmen einer Gesamtimpfung zu kombinieren, ist nicht ungewöhnlich. Das wird zum Beispiel auch bei Ebola so gemacht. Was ist der Grund dafür? Welcher Vorteile kann die Kombination unterschiedlicher Impfstoffe mit sich bringen?
Addo: Im letzten Jahr ist ein Ebola-Impfstoff zugelassen worden, der zwei Impfkomponenten hat. Die erste ist ein Adeno-Virus-Impfstoff, der sehr ähnlich dem ersten Impfstoff ist und auch von der gleichen Firma ist, die zweite Komponente ist ein MVA, auch ein Vektorimpfstoff. Und die Kombination, das nennt sich eine heterologe Prime-und-Boost-Strategie, soll verbesserte Immunantworten generieren. Das Prinzip dahinter bei den Vektorimpfstoffen ist auch, dass man Vektorimmunität umgehen möchte, mit diesem Mix-and-Match-Prinzip. Aber man geht auch davon aus, dass man vielleicht verschiedene Arme des Immunsystems besser anspricht und eine breitere Immunantwort dadurch generieren kann – und vielleicht auch eine länger andauernde. Das wird aber sicherlich auch noch in diesem Jahr gerade an diesen vielen Impfstoffstudien, die derzeit laufen, noch etabliert werden.
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Pyritz: Welche Risiken oder Probleme sind vorstellbar, wenn unterschiedliche Impfstoffe kombiniert werden?
Addo: Insgesamt versuchen wir ja immer, evidenzbasierte Medizin zu machen. Im Fall der Ebola-Studie war die Studie auch so ausgelegt. Das ist schon etwas, was man halt in der Kombination wissenschaftlich untersuchen muss. Man muss sich das Sicherheitsprofil angucken: Wie sind die Nebenwirkungen, macht es gute Immunantworten? Das sind sicherlich so die Fragen, die da untersucht werden müssen.
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mRNA-Vakzine bereits millionenfach verimpft

Pyritz: Wie ist das jetzt speziell, wenn man auf die Corona-Impfstoffe guckt, mit dieser neuen Methode der mRNA-Impfstoffe? Welche potentiellen Risiken oder Probleme könnten denn dort auftreten – und wie wahrscheinlich sind die?
Addo: Das ist natürlich schwer zu sagen. Aber wir kombinieren zwei Impfstoffe, die schon zugelassen sind, die sehr gute Sicherheitsprofile haben. Man muss trotzdem natürlich das begleiten und schauen: Wie sieht das mit der Kombination aus? Und wir haben zu diesen mRNA-Impfstoffen, da die jetzt zum ersten Mal lizensiert sind, noch nicht so viele Daten. Aber wir haben diesen Impfstoff ja auch millionenfach in der Welt schon verimpft, auch bei Menschen, die schon vorher Corona gehabt haben. Und das kann man vielleicht auch ein bisschen analog sehen zu Geimpften. Da haben wir gesehen, dass das ein sehr gutes Sicherheitsprofil hat. Die Daten, die wir bisher vorliegen haben, sprechen eigentlich für ein sehr positives zu erwartendes Sicherheitssignal. Da sollte man keine Bedenken haben.
Pyritz: Wenn wir zum Schluss von den Impfungen noch auf die Therapie von COVID-19 schauen, die Bundesregierung hatte ja 200.000 Dosen neuer Antikörper-Medikamente gegen Corona gekauft von Eli Lilly und Regeneron. Die werden in einer Art Pilotprojekt auch bei Ihnen am UKE verabreicht. Welche Erfahrungen haben Sie mittlerweile mit diesen Präparaten gemacht?
Addo: Wir setzen die am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf auch regelmäßig ein. Das ist ja eine bestimmte Patientenpopulation mit Risikoprofil, die dafür infrage kommt. Wir bekommen auch zum Teil Patienten überwiesen aus anderen Häusern, um diesen Antikörper-Präparationen verabreichen zu können. Es ist sehr wichtig, dass die früh eingesetzt werden. Und da haben wir bisher sehr gute Erfahrungen mit gemacht. Das sind natürlich Einzelfälle, die man jetzt nicht wissenschaftlich aufarbeiten kann. Aber wir haben da sehr positive Verläufe gesehen, wenn wir das früh eingesetzt haben – zum Beispiel bei frühen Stadien der Covid-Infektion bei Krebspatienten. Oder wir hatten Patienten, die aufgenommen wurden für eine andere Intervention, zum Beispiel eine OP, die sind dann beim Screening mit einem positiven SARS-CoV-2-Test aufgefallen. Und da konnte man, wenn sie ein Risikoprofil hatten, diese Patienten frühzeitig mit dieser Antikörper-Präparation behandeln.
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Antikörper-Cocktails wirken gut, sofern frühzeitig verabreicht

Pyritz: Sie haben schon gesagt, frühzeitig behandeln. Aber ist das nicht auch ein Problem, dass sozusagen diese Cocktails eigentlich so früh im Verlauf einer Erkrankung verabreicht werden müssten, um wirklich wirksam zu sein? Zu einem Zeitpunkt, wo viele Patienten, die eben davon profitieren könnten, noch gar nicht in der Klinik vorstellig werden.
Addo: Ja, das ist wahr, je früher, desto besser. Und es gibt natürlich jetzt auch schon Initiativen, zu versuchen, diese Antikörper-Verabreichung auch ambulant möglich zu machen. Weil das sind eigentlich die Patienten, die wahrscheinlich am meisten davon profitieren, damit sie erst gar nicht so schwer krank werden, dass sie stationär aufgenommen werden müssen. Wir haben hier in den Unikliniken auch Patienten, für die es trotzdem passt, die hatte ich ja gerade kurz skizziert, aber es gibt durchaus Initiativen, die genau das, was Sie sagen, ambulante Anwendung dieser Antikörper auch langfristig verfolgen.
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