Schon bald nach der Havarie flogen Messflugzeuge über die Umgebung von Fukushima. Die Kartierung ergab, dass der hoch kontaminierte Bereich dort deutlich kleiner ist als der in Tschernobyl:
"Es sind zwar auch Teile außerhalb des 30-Kilometerkreises hoch kontaminiert, dass man darüber nachdenken muss, die Leute dort längerfristig fernzuhalten, aber andere Teile der 30-Kilometerzone sind auch relativ gering kontaminiert mit geringen erwarteten Strahlenexpositionen der Menschen."
Rolf Michel, Strahlenökologe von der Leibniz-Universität Hannover. Für die Evakuierung sei zunächst die Belastung durch das kurzlebige radioaktive Jod 131 entscheidend gewesen. Aber nach einigen Monaten übernehme das langlebigere Cäsium 137 diese Rolle. Und so entscheidet Cäsium 137 darüber, wann die Menschen zurückkehren können. Im ersten Jahr haften die Radionuklide überall - auf Pflanzen, Häusern, Straßen:
"Daher ist die Strahlenexposition im ersten Jahr auch ungleich viel höher als die in den Folgejahren, wenn das Cäsium in den Boden eindringt und wenn die Pflanze das dann über die Wurzel aufnehmen muss."
Leider nehmen die Pflanzen das wasserlösliche Cäsium anstelle von Kalium auf, sodass es weiterhin in die Nahrungskette gelangt. Ist die Belastung nicht so hoch, hilft unterpflügen. Das verlagert die Radionuklide nach unten und verteilt sie. Überhaupt wandere Cäsium in tiefere Bodenschichten, erklärt Herwig Paretzke von der Technischen Universität München:
"Cäsium bindet sich an Tonminerale und wird dadurch weniger pflanzenverfügbar, sodass die biologische Halbwertszeit, also die Umwelthalbwertzeit, etwa zehn Jahre beträgt, ist also kürzer als die physikalische Halbwertszeit. Das heißt, die Kontamination von Nahrungsmitteln, die auf kontaminierten Böden angebaut werden, verringert sich alle zehn Jahre etwa auf die Hälfte."
Auf tonhaltigen Böden laufe der Prozess schneller als auf Sumpf- oder Waldböden mit ihrem hohen Anteil an organischem Material. Rolf Michel:
"Man kann natürlich Maßnahmen ergreifen, die zur Reduzierung der Strahlenexposition führen. So etwas kennt man in der Milchwirtschaft, wo man versucht, dann durch Gabe von gewissen Chemikalien die Aufnahme von Cäsium in den Körper von Kühen zu verhindern."
Auch Düngen mit Kalium kann helfen, weil die Pflanzen dann weniger Cäsium aufnehmen. Allerdings lehrte Tschernobyl, dass es gegen die Belastung kein wirksames Allheilmittel gibt - und außerdem lehrt die Havarie, was in den Städten passiert:
"Je nach Witterungsbedingungen wird das Cäsium, das auf den Straßen, Hauswänden und Dächern abgelagert wurde und uns von dort bestrahlt, abgewaschen werden und möglicherweise 20 oder 30 Prozent des Cäsiums so nach einem halben Jahr in der Kanalisation verschwunden sein. Die restlichen, sagen wir mal 70 Prozent, werden über Halbwertzeiten von zehn Jahren dort haften und dann abwittern."
Ob nun Stadt oder Land: Die lokale Belastung schwankt stark. In Tschernobyl entstand durch Wind und Wetter ein Flickenteppich, in dem belastete Gebiete direkt neben fast sauberen liegen - selbst in der Zehnkilometersperrzone:
"Dort ist sehr viel Strontium 90 und dort sind auch viele Plutoniumisotope in hohen Konzentrationen vorhanden. Und das Strontium ist nun auch relativ gut löslich, findet auch den Weg zum Menschen."
Da Strontium-90 sich nicht an Tonminerale anlagert, wird man es über Jahrhunderte berücksichtigen müssen. In Fukushima spielt dieses Radionuklid glücklicherweise bislang keine Rolle. Aber auch dort stellt sich die Frage, wer nach einigen Monaten oder Jahren wieder in sein altes Zuhause darf. Bei der Suche nach der Antwort könnten die Erfahrungen aus Tschernobyl helfen. Dort wurde aufgrund der Messwerte eine Lebenszeitdosis errechnet, die dann die Grundlage für die Entscheidung war:
"Dann kann ich Kriterien hernehmen, die dann ein tolerierbares Risiko in dem Abwägungsprozess, der dann in der Gesellschaft stattfinden muss, welches Risiko ist akzeptabel und wie groß sind die Schäden, die Mensch, aber auch Gesellschaft insgesamt nehmen, wenn ich größere Umsiedlungsmaßnahmen mache."
Aber eines sei sicher: Wo nach dem ersten Jahr die Belastung durch die von außen wirkende Strahlung so hoch ist, dass die Menschen sich dort nicht aufhalten können, wird das auch noch hundert Jahre später der Fall sein.
"Es sind zwar auch Teile außerhalb des 30-Kilometerkreises hoch kontaminiert, dass man darüber nachdenken muss, die Leute dort längerfristig fernzuhalten, aber andere Teile der 30-Kilometerzone sind auch relativ gering kontaminiert mit geringen erwarteten Strahlenexpositionen der Menschen."
Rolf Michel, Strahlenökologe von der Leibniz-Universität Hannover. Für die Evakuierung sei zunächst die Belastung durch das kurzlebige radioaktive Jod 131 entscheidend gewesen. Aber nach einigen Monaten übernehme das langlebigere Cäsium 137 diese Rolle. Und so entscheidet Cäsium 137 darüber, wann die Menschen zurückkehren können. Im ersten Jahr haften die Radionuklide überall - auf Pflanzen, Häusern, Straßen:
"Daher ist die Strahlenexposition im ersten Jahr auch ungleich viel höher als die in den Folgejahren, wenn das Cäsium in den Boden eindringt und wenn die Pflanze das dann über die Wurzel aufnehmen muss."
Leider nehmen die Pflanzen das wasserlösliche Cäsium anstelle von Kalium auf, sodass es weiterhin in die Nahrungskette gelangt. Ist die Belastung nicht so hoch, hilft unterpflügen. Das verlagert die Radionuklide nach unten und verteilt sie. Überhaupt wandere Cäsium in tiefere Bodenschichten, erklärt Herwig Paretzke von der Technischen Universität München:
"Cäsium bindet sich an Tonminerale und wird dadurch weniger pflanzenverfügbar, sodass die biologische Halbwertszeit, also die Umwelthalbwertzeit, etwa zehn Jahre beträgt, ist also kürzer als die physikalische Halbwertszeit. Das heißt, die Kontamination von Nahrungsmitteln, die auf kontaminierten Böden angebaut werden, verringert sich alle zehn Jahre etwa auf die Hälfte."
Auf tonhaltigen Böden laufe der Prozess schneller als auf Sumpf- oder Waldböden mit ihrem hohen Anteil an organischem Material. Rolf Michel:
"Man kann natürlich Maßnahmen ergreifen, die zur Reduzierung der Strahlenexposition führen. So etwas kennt man in der Milchwirtschaft, wo man versucht, dann durch Gabe von gewissen Chemikalien die Aufnahme von Cäsium in den Körper von Kühen zu verhindern."
Auch Düngen mit Kalium kann helfen, weil die Pflanzen dann weniger Cäsium aufnehmen. Allerdings lehrte Tschernobyl, dass es gegen die Belastung kein wirksames Allheilmittel gibt - und außerdem lehrt die Havarie, was in den Städten passiert:
"Je nach Witterungsbedingungen wird das Cäsium, das auf den Straßen, Hauswänden und Dächern abgelagert wurde und uns von dort bestrahlt, abgewaschen werden und möglicherweise 20 oder 30 Prozent des Cäsiums so nach einem halben Jahr in der Kanalisation verschwunden sein. Die restlichen, sagen wir mal 70 Prozent, werden über Halbwertzeiten von zehn Jahren dort haften und dann abwittern."
Ob nun Stadt oder Land: Die lokale Belastung schwankt stark. In Tschernobyl entstand durch Wind und Wetter ein Flickenteppich, in dem belastete Gebiete direkt neben fast sauberen liegen - selbst in der Zehnkilometersperrzone:
"Dort ist sehr viel Strontium 90 und dort sind auch viele Plutoniumisotope in hohen Konzentrationen vorhanden. Und das Strontium ist nun auch relativ gut löslich, findet auch den Weg zum Menschen."
Da Strontium-90 sich nicht an Tonminerale anlagert, wird man es über Jahrhunderte berücksichtigen müssen. In Fukushima spielt dieses Radionuklid glücklicherweise bislang keine Rolle. Aber auch dort stellt sich die Frage, wer nach einigen Monaten oder Jahren wieder in sein altes Zuhause darf. Bei der Suche nach der Antwort könnten die Erfahrungen aus Tschernobyl helfen. Dort wurde aufgrund der Messwerte eine Lebenszeitdosis errechnet, die dann die Grundlage für die Entscheidung war:
"Dann kann ich Kriterien hernehmen, die dann ein tolerierbares Risiko in dem Abwägungsprozess, der dann in der Gesellschaft stattfinden muss, welches Risiko ist akzeptabel und wie groß sind die Schäden, die Mensch, aber auch Gesellschaft insgesamt nehmen, wenn ich größere Umsiedlungsmaßnahmen mache."
Aber eines sei sicher: Wo nach dem ersten Jahr die Belastung durch die von außen wirkende Strahlung so hoch ist, dass die Menschen sich dort nicht aufhalten können, wird das auch noch hundert Jahre später der Fall sein.