Wenn so unterschiedliche Gesprächspartner zusammenkommen, wird die Frage des Sitzplatzes zum Politikum. Während des Abendessens platzierte das ägyptische Protokoll Bundeskanzlerin Merkel zwischen dem Emir von Kuwait und dem König von Bahrain. Ersterer ist als ein Mann des Ausgleichs bekannt, der in regionalen Streitigkeiten zu vermitteln sucht, letzterer ließ vor acht Jahren die Demokratiebewegung in seinem Land blutig niederschlagen. Angesichts der Menschenrechtslage in vielen arabischen Ländern habe er Bauchgrimmen, gestand EU-Kommissionspräsident Juncker bei seiner Ankunft ein, fügte aber hinzu:
"Wenn ich nur mit lupenreinen Demokraten reden würde, wäre ich am Dienstag schon mit meiner Woche ans Ende gekommen. Nein, wir müssen mit allen reden, aber man muss offen reden, ohne dass man das Thema Menschenrechte jetzt überhöht, aber man darf es auch nicht unterbeleuchtet lassen."
Aus Saudi-Arabien reiste König Salman an. Damit ersparte er den Europäern ein Zusammentreffen mit seinem Sohn Mohammed; ihn macht die CIA für die Tötung des Journalisten Khashoggi im Oktober im saudischen Generalkonsulat in Istanbul verantwortlich. Zuhause blieb auch der sudanische Präsident Baschir - er wird international mit einem Haftbefehl gesucht. Baschir ist derzeit ohnehin vollauf damit beschäftigt, eine Protestwelle gegen seine seit 30 Jahren andauernde Herrschaft zu ersticken. Keine Frage: Die Arabische Liga ist eine illustre Runde. EU-Ratspräsident Tusk schien sich selbst in seiner Ansprache daran erinnern zu wollen, dass man sich Nachbarn nun mal nicht aussuchen kann.
Eine unerwartet hochrangige Besetzung
"Unsere Nachbarschaft ist eine Tatsache, das bedeutet: Sich näher zu kommen, ist keine Frage der Möglichkeit, sondern des Müssens, auch wenn wir uns bewusst sind, dass es zwischen uns Unterschiede gibt. Mit Nachbarn existiert man entweder in der Kooperation oder im Konflikt. Wir wählen die Kooperation."
Auf dem Gipfel reden Araber und Europäer vor allem über Handel und Investitionen, über Migration, über Sicherheitsfragen und den Kampf gegen den Terror und über die blutigen Konflikte in der Region - Jemen, Libyen, Syrien und andere. Der Gastgeber, der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi, bezeichnete den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern als aus Sicht der Araber zentral.
"Ich möchte vor den Folgen des Fortdauerns dieses Konflikts für unsere Staaten warnen. Wenn dieser Konflikt gerecht beigelegt wird, ohne dass das palästinensische Volk auf seine legitimen Rechte zu verzichten hätte, dann nimmt dies allen Kräften des Extremismus und Fundamentalismus und des Terrors den Wind aus den Segeln."
Auch heute wollen die Gipfelteilnehmer in kleineren Runden und in Plenarsitzungen tagen. Die meisten europäischen und arabischen Länder sind durch ihre Staats- und Regierungschefs vertreten, eine unerwartet hochrangige Besetzung. Vermutlich wird es ein Abschlusskommuniqué geben, handfeste Beschlüsse jedoch nicht. Dass man erstmals in diesem Gesprächsformat zusammenkommt, gilt in EU-Kreisen bereits als Erfolg. CK, Scharm el-Scheich.