Reem Maged sitzt mit einer betagten ägyptischen Sängerin im Schneidersitz auf deren Bett und lässt sich Fotos von ihrer Karriere zeigen. Das ist eine Folge der Serie "Women at a turning point", die inzwischen nur noch via YouTube und dem arabischen Programm der Deutschen Welle ausgestrahlt wird.
Anfang Mai startete im ägyptischen Privatsender ONTV die Sendereihe über Frauen und ihre Blicke auf die Gesellschaft. Bis die Sendung der im eigenen Land sehr umstrittenen Journalistin Reem Maged ohne Angabe von Gründen gestrichen wurde: "Ich war total schockiert, weil ich das überhaupt nicht erwartet hatte. Die Inhalte waren unproblematisch meiner Meinung nach. Außerdem ist es eine Koproduktion und die Sendereihe sollte sowohl im arabischen Programm der Deutschen Welle als auch im ägyptischen Privatsender ONTV ausgestrahlt werden. Aber dann war ich plötzlich stolz, denn ich hatte diese Frauengeschichten gar nicht so wichtig genommen wie meine Arbeit als Moderatorin früher. Und deshalb fühlte ich plötzlich Stolz, weil ich merkte, ich kann ja doch noch etwas bewirken."
Mutige Frauen
Geschichten von mutigen Frauen, die ihre eigenen Wege gehen, ecken eben mehr an als das Team von "Women at a turning point" dachte. Noch zu Revolutionszeiten war es Reem Maged gewöhnt gegen den Strom zu schwimmen. Als profilierte Moderatorin von politischen Diskussionsrunden bei ONTV nahm sie auch bei Fragen an das Militär kein Blatt vor den Mund. 2013 beschloss sie ihre Karriere zu beenden und verschwand wie auch andere kritische Journalisten in Ägypten ganz von der Fernsehbildfläche. Lieber nichts sagen, als halbe Wahrheiten zu verbreiten, das war ihr Motto. Und die Arbeitsbedingungen für Journalisten haben sich bis heute noch einmal verschärft.
Maged: "Mubarak war kein Engel, Mursi war kein Engel. Und jeder hatte seinen eigenen Weg auf Journalisten Druck auszuüben und freie Meinungsäußerungen zu beschneiden. Und es lag an uns Journalisten dafür zu kämpfen. Inzwischen haben viele aufgehört zu kämpfen. Nur die jungen Journalisten machen noch weiter. Sie haben allerdings kaum Erfahrungen und keinen institutionellen Rückhalt und deshalb zahlen sie einen hohen Preis."
Ohne Haftbefehl in Gefängnis
Das sind die jungen Journalisten, die oft ohne Haftbefehl ins Gefängnis müssen oder plötzlich verschwinden und umgebracht werden. Aber gleichzeitig sind sie die einzigen Hoffnungsträger, weil sie sich weiter für die Meinungsfreiheit stark machen, meint Reem Maged. Die jungen Kämpfer für die Demokratie können inzwischen aber weder von Journalistengewerkschaften noch von NGOs Unterstützung erwarten. Und viele haben deshalb kein klares journalistisches Rollenbild. Reem Maged gibt ihre Erfahrungen in Fortbildungen für Journalisten weiter: "Ich bin eine Medientrainerin an der Ona Akademie in Kairo und wir sprechen mit den jungen Journalisten über Ethik im Beruf. Im Moment gibt es nämlich gar keine ethischen Grundsätze für Journalisten. Wir vermitteln ihnen, dass Journalisten bestimmte Standards erfüllen müssen und dass es nicht nur um freie Meinungsäußerung geht. Es gibt journalistische Regeln und die müssen wir respektieren."
Doch ein weiteres Problem bleibt in der ägyptischen Gesellschaft: Immer weniger Menschen interessieren sich überhaupt noch für Nachrichten. Die meisten Ägypter schauen stattdessen alte Filme, Videoclips oder türkische Seifenopern.