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Ägypten
Todesstrafe für 183 Anhänger der Muslimbrüder

Die ägyptische Justiz greift weiter hart gegen die Muslimbruderschaft durch. Ein Gericht in Kairo bestätigte 183 Todesurteile gegen Anhänger der verbotenen Organisation. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International nennt die Urteile "skandalös" und "fast Routine". Der abgesetzte islamistische Präsident Mursi muss auch wieder vor Gericht.

02.02.2015
    Anhänger der Muslimbruderschaft beim Beten in einer Moschee in Kairo
    Anhänger der Muslimbruderschaft haben immer wieder gegen die Absetzung von Mohammed Mursi protestiert (dpa / Vyshinsky Denis)
    Die ägyptische sorgt mit ihren willkürlichen Richtersprüchen wieder für Schlagzeilen. Nachdem im Frühjahr 2014 mehr als 1.200 Menschen mit der Todesstrafe belegt worden waren, sind in einem neuen Massenprozess die Todesstrafen gegen 183 Menschen bestätigt worden. Das Gericht in Kairo folgte damit weitgehend dem Richterspruch aus erster Instanz. Die Männer waren wegen eines Angriffs auf eine Polizeistation während des politischen Umsturzes vor anderthalb Jahren angeklagt.
    Bei den Krawallen in dem Kairoer Vorort Kerdassa waren am 14. August 2013 13 Polizisten getötet worden. Am selben Tag gingen ägyptische Soldaten und Polizisten mit großer Härte gegen Anhänger des zuvor gestürzten, ersten demokratisch gewählten Präsidenten Mursi vor und lösten die Protestlager der Muslimbrüder in Kairo auf. Damals gab es mehr als 700 Tote. Mursi selbst steht den islamistischen Muslimbrüdern nahe und sitzt in Haft.
    "Politisch motivierte Justiz"
    Amnesty International nannte das Urteil - das noch nicht rechtskräftig ist - "skandalös". Die Todesurteile seien "ein weiteres Beispiel für die Voreingenommenheit der ägyptischen Strafjustiz", erklärte die Menschenrechtsorganisation und forderte deren Aufhebung, neue Prozesse, die internationalen Standards genügten, und einen Verzicht auf Todesurteile. Massenverurteilungen zum Tode seien inzwischen "fast Routine" in Ägypten, sagte die Vizedirektorin der Nahost-Abteilung von Amnesty International, Hassiba Hadj Sahraoui.
    Schon das vorläufige Urteil zu dem Angriff auf die Polizeistation in Kerdassa war im Dezember von Amnesty International scharf als "politisch motivierte Justiz" kritisiert worden. Das Auswärtige Amt in Berlin forderte damals einen "fairen Prozess nach international anerkannten Standards".
    Seit der Entmachtung Mursis im Juni 2013 durch das Militär geht die ägyptische Regierung mit aller Härte gegen seine Gegner vor. Der heutige Präsident Abdel al-Sisi sieht die Muslimbrüder als Bedrohung für das Land. Tausende Mitglieder der Organisation sind festgenommen und verurteilt worden. Menschenrechtler werfen der Regierung vor, Gegner so systematisch zu unterdrücken. Die Muslimbrüder selbst haben erklärt, friedlich für ihre Ziele einzutreten. Mursi selber muss sich am 15. Februar in einem vierten Prozess vor Gericht verantworten, wie die Staatsanwaltschaft in Kairo mitteilte. In dem neuen Verfahren wird ihm "Spionage" vorgeworfen.
    (pg/tön)