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Ähnliches ist nicht dasselbe. Eine rasante Revue für Ror Wolf

Glanz. Dass auch das Wort seine Schattenseiten hat, versteht sich von selbst; wir wollen sie aber gern übersehen. Das Wort soll glänzen, der Glanz des Wortes sollte die Welt verzaubern. Wir vergraben das Wort deshalb nicht in einem düsteren Winkel, sondern stellen es so auf, dass es zu leuchten beginnt. Wer ein persönliches Verhältnis zu seinen Worten hat und sie wie seine Freunde liebt, der wird an ihnen viel Freude haben: bei der Verschönerung seines Feierabends und bei der Verbesserung seiner gesamten Verhältnisse.

Joachim Büthe |
    Dieses Stichwort, entnommen Ror Wolfs vierbändiger Enzyklopädie für unerschrockene Leser, könnte auch als ein mild ironischer Hinweis für angehende Schriftsteller gelesen werden. Ror Wolf jedenfalls hat sich der Mühe, das Wort zum Glänzen zu bringen, Zeit seines Schriftstellerlebens immer unterzogen. Neben der Enzyklopädie ist dabei im Laufe der Jahre eine sechsbändige Werkausgabe entstanden. Und Hörspiele, die zu den Pioniertaten und Meilensteinen dieses Genres zählen. Wem dies als Summe nicht allzu viel erscheint, der weiß eben nicht, was es bedeutet, den Worten Glanz zu verleihen. Der Perfektionist Wolf arbeitet sehr lange an seinen Texten, besonders an ihrer Rhythmisierung. Er ist einer der raren Autoren, die über einen unverkennbaren Klang verfügen: den Ror Wolf Sound. Es ist der Klang einer schwebende Leichtigkeit, die zugleich hellwach bleibt, denn einlullen will er den Leser gewiss nicht. Literatur ist kein Deckchenhäkeln.

    Gemütlichkeit. Ich mache den Leser in aller Freundlichkeit darauf aufmerksam, dass ich die Eigenschaft, in meinen Schriften sofort oder später gemütlich zu werden, mein ganzes Leben über vermieden habe.

    Schon in seinem ersten Roman, Fortsetzung des Berichts, erschienen 1964, gibt es die für ihn typischen, suchenden, sich immer wieder unterbrechenden, sich vergewissernden Sprachbewegungen, die aus dem Kern der Sache selbst entspringen, dem Versuch, möglichst makellose Prosa zu schreiben. Auch ein Vokabular des Bestärkens und der Anfeuerungen ist bei ihm schon bemerkt worden. Durchhaltevermögen und Beharrlichkeit sind hervorstechende Merkmale dieses eigensinnigen Kopfes, der an sich selbst die höchsten Ansprüche stellt.

    Deshalb hat er sich von den Aufforderungen, jetzt den großen Gegenwartsroman zu schreiben, nie beeinflussen lassen. Ebenso wenig wie von der absurden Idee, ausgerechnet der realistische Roman sei in der Lage, die Realität abzubilden.

    Roman. Für einen ziemlich geringen Preis können wir das Gespenst der Armut vertreiben und uns in die ideale Welt erheben ; wir können uns leicht Erheiterung, Rührung, Erleuchtung, Läuterung, Trost, Bildung und Stärkung verschaffen ; behauptet Klomm. Der Roman ist also, wenn ich Klomm recht verstehe, ein Vertreibungsmittel. Den Nachteil, den das Lesen von weichen Romanen auf Augen, Drüsen und auf das Gemüt hat, lässt er allerdings unbesprochen. Verwöhnt durch ihre bequeme Lektüre schrecken, sagt Lemm, Romanleser vor Büchern, die zu denken geben, zurück, überhaupt vor dem Denken. Zusammenfassend glaubt Lemm sagen zu können: Das Romanlesen schadet nicht viel, aber es nützt auch nichts. Ich mische mich in diesen Artikel über Vertreibungsmittel nicht ein.

    Ror Wolf hat u.a. Kurzprosa und Gedichte geschrieben, aber er hat auch die Bezeichnung Roman für seine längeren Texte nicht gescheut. Sie gehören nicht in die Kategorie der Vertreibungsmittel, sie sind vielleicht keine richtigen Romane, aber sie zeigen, was ein Roman auch sein kann, wenn man die Zutaten neu zusammensetzt. Der feste Boden unter den Füßen schwankt bei Wolf, er gerät in Bewegung, und so ist es im richtigen Leben ja auch. Ein verbiesterter Avantgardist ist er nie gewesen, eher jemand, der auslotet, was zwischen dem bereits Erfundenen noch erfunden werden kann. Und, damit keine Missverständnisse aufkommen: Es ist ein großes Vergnügen, ihn zu lesen. Zumal er seinem Ziel, der perfekten Prosa, oft beängstigend nahe kommt. Wer diese Ansicht teilt, möge sich erheben. Wer dazu nicht in der Lage ist, möge schweigen./Wenigstens an diesem Tage.

    Zustimmung. Durch ihren Applaus haben sie schon zu erkennen gegeben, wie sehr der Artikel ihr Wohlgefallen erregt und Ihr Interesse in Anspruch genommen hat. Ich darf also Ihren Gefühlen dadurch Ausdruck geben, dass ich dem Vortragenden im Namen des Wirklichkeitsvereins meinen verbindlichsten Dank ausspreche. Ich bitte Sie nun, sich zum Zeichen Ihres Einverständnisses von den Plätzen zu erheben und noch einmal zu applaudieren. - In diesen Zusammenhang gehört der berühmte Ausspruch von Wobser: "Was ich nicht tun will, das lasse ich bleiben." Das ist ein guter Satz. Und außerdem ein recht gutes Ende.