"La Rambla Costaneda. La Rambla es el camino para ir hasta Real de San Carlos. Also Real de San Carlos ist das spanische Lager, obwohl Colonia eine portugiesische Gründung war, wurde es Zankapfel zwischen Spaniern und Portugiesen."
Erklärt Karin Reimer. Sie ist in Colonia del Sacramento geboren und die einzige deutschsprachige Stadtführerin. Wir stehen am Ufer dieses imposant-unüberschaubaren, sandbraunen Flusses, der gemächlich an uns vorbeizieht.
Schatten spenden an diesem heißen Vormittag hohe Palmen, ehrwürdige Platanen, Jakaranda- und Flaschenbäume mit ihren fliederfarbenen Dolden und karmesinroten Blüten. Darin sitzen gelbe Ameisenvögel, violette Kolibris und apfelgrüne Papageien.
"Man könnte sagen, dass unser Land überhaupt keinen eigenen Namen hat. Das ist nur die Lage, östlich vom Uruguay Fluss. Und Uruguay ist ein Wort von der Guaraní-Sprache und das bedeutet: Der Fluss der vielfarbigen Vögel. 'Uru' ist der Vogel, 'gua' bedeutet auf Guaraní 'Platz', und alle Wörter mit 'Y' oder "I" bedeuten etwas von Wasser oder Fluss."
Die Altstadt von Colonia del Sacramento umfasst nur 600 mal 600 Meter. Begrenzt wird sie von der strahlend weißen Balustrade, an der sich am Abend viele einfinden, um den Sonnenuntergang über dem Rio de la Plata zu bestaunen und dann auf der Promenade entlang des Flusses, vorbei an pastellfarben getünchten Kolonialbauen mit zimtfarbenen Bougainville- und betörend duftenden Jasmin-Büschen, quer durch die Gassen bis zur ältesten Kirche Uruguays zu ziehen. Auch sie ist weiß, mit zwei schlanken Türmen. Die Zwiebelhauben wurden mit den einst so wertvollen, weiß-blauen Fliesen portugiesischer Kunsthandwerker geschmückt. Denn:
"In einer Sturmnacht schlug ein Blitz ein, und da hatten die Portugiesen eine Pulverkammer in der Kirche und dann explodierte das alles und brannte ab. Und deswegen musste sie ganz groß wieder aufgebaut werden. Das ist jetzt hier der Haupteingang. Das hat so mehr einen italienischen Stil."
Aber nicht nur die im Jahr 1723 geweihte Kirche ragt über die Altstadt: Der Leuchtturm, der vor 150 Jahren mit Kerzenlicht und Spiegeln den Schiffen den Weg zu weisen begann, steht auf älteren Fundamenten als die Basilika:
"Also das Erste, was auf uruguayischem Gelände überhaupt gebaut wurde, ist dieses Kloster, wo 1698 die Franziskaner hier bauten. Die Mission hat hier keinen Erfolg gehabt und das Kloster brannte ab, und dann haben sie es nicht mehr aufgebaut."
Dass nicht nur in der Klosterruine, dem Leuchtturm und der Basilika, sondern in jedem Schritt durch die Altstadt Geschichte steckt, erklärt Karin Reimer, sei allerdings über Jahrhunderte verkannt worden:
"In meiner Kindheit zum Beispiel, da bin ich kaum hierher gekommen. Es war hier ziemlich dunkel und elend. Dann standen an vielen Ecken noch so Kräne, da hatte nicht jedes Haus Leitungswasser."
Das war, als der 150. Geburtstag der Unabhängigkeit Uruguays in Colonia del Sacramento 1961 groß gefeiert werden sollte. Da erinnerte man sich an die Kämpfe, die sich die Portugiesen und die Spanier um diesen Brückenkopf am Rio de la Plata geliefert hatten. An die Versuche, ihre brasilianischen beziehungsweise argentinischen Kolonien zu erweitern. An die Gefechte und Bombardements, die Teile der Stadt immer wieder zerstörten. Denn als ein Baumeister vor dem alten Haus des Gouverneurs die Grube für ein Denkmal ausheben ließ, stieß man auf die Reste von Gebäudefundamenten - und wurde sich bewusst:
"Dieses ist der einzige Platz auf der ganzen Welt, wo man die Mischung im Kolonialstil findet. Die Portugiesen haben ihre Häuser aus Stein gebaut und haben auch einen anderen Grundriss in der Stadt gehabt, nicht so einen Schachbrett-Grundriss wie die Spanier. Auch die Straßen sind anders."
Die Portugiesen senkten die Kopfsteinpflastergassen in der Mitte ab, damit der Regen im Winter in den Rio de la Plata laufen konnte. Die Spanier sorgten für Abläufe entlang der Bürgersteige. Beide Systeme nutzt man in der Altstadt von Colonia del Sacramento bis heute. Rund um das Gouverneurshaus ist der baumbestandene Platz von Häusern gesäumt, die bis zu 300 Jahre alt sind. Die Mauern der Portugiesen wirken wie Mosaike: Durch Fachwerk verstärkt, verwendeten sie kleine Natursteine und Tonscherben. Die Spanier benutzten ausschließlich Ziegel, bauten große statt kleiner Fenster und hohe Türen. Beide Stile greifen am schönsten in der alten "Calle de los Suspiros" ineinander. Heute wird hier allerdings nur noch vor Bewunderung geseufzt:
"Was diese Straße war: Die erste neben den Kasernen. Da kamen dann die Soldaten zu Feierabend einen trinken in den Bars, wo dann auch leichte Mädchen waren."
Heute ist die Altstadt von Colonia del Sacramento auf das Feinste restauriert. Hinter den alten Mauern erklären kleine Museen mit vielen historischen Exponaten die Geschichte, ihre Helden und das Leben in der ältesten Stadt von Uruguay. Geschmackvolle Straßencafés laden unter Sonnenschirmen zur Einkehr. Folkloristisch und minimalistisch eingerichtete Restaurants bieten Fisch und natürlich zartes Rinderfilet, behagliche Pensionen haben an Gästen keinen Mangel. Denn zunehmend machen nicht nur Argentinier einen Abstecher zum Weltkulturerbe, sagt Karin Reimer, sondern Touristen aus aller Welt. Das tut der kleinen Stadt, die nach der Argentinien-Krise vor zehn Jahren mit der Textilfabrik ihren größten Arbeitgeber (und dadurch tausende Einwohner) verlor, gut:
"Die Stadt hat jetzt ja schon drei Fünf-Sterne-Hotels, da muss man dann schon richtigen Service anbieten. Um zu verstehen, dass die Arbeitslosigkeit hier so gut wie Null ist - jetzt wegen dem Tourismus - ist auf der Straße oft so ein Lautsprecher; und letzte Woche, der Lautsprecher suchte für ein Hotel eine Putzfrau. Also so schwer bekommt man jetzt Arbeitskräfte."
Erklärt Karin Reimer. Sie ist in Colonia del Sacramento geboren und die einzige deutschsprachige Stadtführerin. Wir stehen am Ufer dieses imposant-unüberschaubaren, sandbraunen Flusses, der gemächlich an uns vorbeizieht.
Schatten spenden an diesem heißen Vormittag hohe Palmen, ehrwürdige Platanen, Jakaranda- und Flaschenbäume mit ihren fliederfarbenen Dolden und karmesinroten Blüten. Darin sitzen gelbe Ameisenvögel, violette Kolibris und apfelgrüne Papageien.
"Man könnte sagen, dass unser Land überhaupt keinen eigenen Namen hat. Das ist nur die Lage, östlich vom Uruguay Fluss. Und Uruguay ist ein Wort von der Guaraní-Sprache und das bedeutet: Der Fluss der vielfarbigen Vögel. 'Uru' ist der Vogel, 'gua' bedeutet auf Guaraní 'Platz', und alle Wörter mit 'Y' oder "I" bedeuten etwas von Wasser oder Fluss."
Die Altstadt von Colonia del Sacramento umfasst nur 600 mal 600 Meter. Begrenzt wird sie von der strahlend weißen Balustrade, an der sich am Abend viele einfinden, um den Sonnenuntergang über dem Rio de la Plata zu bestaunen und dann auf der Promenade entlang des Flusses, vorbei an pastellfarben getünchten Kolonialbauen mit zimtfarbenen Bougainville- und betörend duftenden Jasmin-Büschen, quer durch die Gassen bis zur ältesten Kirche Uruguays zu ziehen. Auch sie ist weiß, mit zwei schlanken Türmen. Die Zwiebelhauben wurden mit den einst so wertvollen, weiß-blauen Fliesen portugiesischer Kunsthandwerker geschmückt. Denn:
"In einer Sturmnacht schlug ein Blitz ein, und da hatten die Portugiesen eine Pulverkammer in der Kirche und dann explodierte das alles und brannte ab. Und deswegen musste sie ganz groß wieder aufgebaut werden. Das ist jetzt hier der Haupteingang. Das hat so mehr einen italienischen Stil."
Aber nicht nur die im Jahr 1723 geweihte Kirche ragt über die Altstadt: Der Leuchtturm, der vor 150 Jahren mit Kerzenlicht und Spiegeln den Schiffen den Weg zu weisen begann, steht auf älteren Fundamenten als die Basilika:
"Also das Erste, was auf uruguayischem Gelände überhaupt gebaut wurde, ist dieses Kloster, wo 1698 die Franziskaner hier bauten. Die Mission hat hier keinen Erfolg gehabt und das Kloster brannte ab, und dann haben sie es nicht mehr aufgebaut."
Dass nicht nur in der Klosterruine, dem Leuchtturm und der Basilika, sondern in jedem Schritt durch die Altstadt Geschichte steckt, erklärt Karin Reimer, sei allerdings über Jahrhunderte verkannt worden:
"In meiner Kindheit zum Beispiel, da bin ich kaum hierher gekommen. Es war hier ziemlich dunkel und elend. Dann standen an vielen Ecken noch so Kräne, da hatte nicht jedes Haus Leitungswasser."
Das war, als der 150. Geburtstag der Unabhängigkeit Uruguays in Colonia del Sacramento 1961 groß gefeiert werden sollte. Da erinnerte man sich an die Kämpfe, die sich die Portugiesen und die Spanier um diesen Brückenkopf am Rio de la Plata geliefert hatten. An die Versuche, ihre brasilianischen beziehungsweise argentinischen Kolonien zu erweitern. An die Gefechte und Bombardements, die Teile der Stadt immer wieder zerstörten. Denn als ein Baumeister vor dem alten Haus des Gouverneurs die Grube für ein Denkmal ausheben ließ, stieß man auf die Reste von Gebäudefundamenten - und wurde sich bewusst:
"Dieses ist der einzige Platz auf der ganzen Welt, wo man die Mischung im Kolonialstil findet. Die Portugiesen haben ihre Häuser aus Stein gebaut und haben auch einen anderen Grundriss in der Stadt gehabt, nicht so einen Schachbrett-Grundriss wie die Spanier. Auch die Straßen sind anders."
Die Portugiesen senkten die Kopfsteinpflastergassen in der Mitte ab, damit der Regen im Winter in den Rio de la Plata laufen konnte. Die Spanier sorgten für Abläufe entlang der Bürgersteige. Beide Systeme nutzt man in der Altstadt von Colonia del Sacramento bis heute. Rund um das Gouverneurshaus ist der baumbestandene Platz von Häusern gesäumt, die bis zu 300 Jahre alt sind. Die Mauern der Portugiesen wirken wie Mosaike: Durch Fachwerk verstärkt, verwendeten sie kleine Natursteine und Tonscherben. Die Spanier benutzten ausschließlich Ziegel, bauten große statt kleiner Fenster und hohe Türen. Beide Stile greifen am schönsten in der alten "Calle de los Suspiros" ineinander. Heute wird hier allerdings nur noch vor Bewunderung geseufzt:
"Was diese Straße war: Die erste neben den Kasernen. Da kamen dann die Soldaten zu Feierabend einen trinken in den Bars, wo dann auch leichte Mädchen waren."
Heute ist die Altstadt von Colonia del Sacramento auf das Feinste restauriert. Hinter den alten Mauern erklären kleine Museen mit vielen historischen Exponaten die Geschichte, ihre Helden und das Leben in der ältesten Stadt von Uruguay. Geschmackvolle Straßencafés laden unter Sonnenschirmen zur Einkehr. Folkloristisch und minimalistisch eingerichtete Restaurants bieten Fisch und natürlich zartes Rinderfilet, behagliche Pensionen haben an Gästen keinen Mangel. Denn zunehmend machen nicht nur Argentinier einen Abstecher zum Weltkulturerbe, sagt Karin Reimer, sondern Touristen aus aller Welt. Das tut der kleinen Stadt, die nach der Argentinien-Krise vor zehn Jahren mit der Textilfabrik ihren größten Arbeitgeber (und dadurch tausende Einwohner) verlor, gut:
"Die Stadt hat jetzt ja schon drei Fünf-Sterne-Hotels, da muss man dann schon richtigen Service anbieten. Um zu verstehen, dass die Arbeitslosigkeit hier so gut wie Null ist - jetzt wegen dem Tourismus - ist auf der Straße oft so ein Lautsprecher; und letzte Woche, der Lautsprecher suchte für ein Hotel eine Putzfrau. Also so schwer bekommt man jetzt Arbeitskräfte."