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Änderung des Infektionsschutzgesetzes
Corona-Notbremse für den Sport auf dem Prüfstand

Die bundesweite Corona-Notbremse schränkt den Breitensport weiter ein. Für Kinder und Jugendliche soll Gruppensport im Freien jedoch weiter möglich sein - ein Kompromiss, auf den sich die Regierungsfraktionen SPD und Union in einem Änderungsantrag geeinigt haben. Doch damit sind längst nicht alle zufrieden.

Von Mathias von Lieben |
Im Saarland ist das Training in Fitnessstudios wieder möglich.
Die FDP-Fraktion will den Sport- und Trainingsbetrieb in Vereinen und Fitnessstudios bei negativen Corona-Tests bundesweit sofort wieder ermöglichen. (picture alliance/dpa/Harald Tittel)
Entgegen der ursprünglichen Pläne sollen Kinder bis 14 Jahren auch bei einer 7-Tage-Inzidenz über 100 weiter in Fünfer-Gruppen kontaktlosen Sport im Freien ausüben dürfen. Für den Rest gilt: Kontaktloser Individualsport an der frischen Luft ist zwar weiter möglich. Ansonsten aber fast im gesamten Breitensport: weiter Lockdown. Eine Ausnahme: Bei der geplanten Ausgangssperre ab 22 Uhr soll individuelles Joggen und Spazierengehen bis Mitternacht erlaubt bleiben. Zwar insgesamt ein Schritt in die richtige Richtung, sagt Mahmut Özdemir, der sportpolitische Sprecher der SPD. Unzufrieden ist er aber nicht nur mit der Begrenzung auf Fünfer-Gruppen bei Kindern:
"Wir hätten auch statt fünf zehn reingeschrieben ins Gesetz. Wir hätten auch altersunabhängig und Inzidenz-unabhängig Sporttreiben ermöglicht. Das ist aus unserer Sicht alles unproblematisch."
Kinder und Jugendliche beim Training
Kinder- und Jugendsportbericht - Der Sport sendet Alarmsignale
Die WHO empfiehlt Kindern und Jugendlichen mindestens eine Dreiviertelstunde Bewegung am Tag. Doch allein in Deutschland erfüllen laut aktuellem Kinder- und Jugendsportbericht vier von fünf Heranwachsenden dieses Minimalziel nicht.

Den Vereinen mehr vertrauen

Den Hygienekonzepten der Vereine müsse mehr vertraut werden, weitere Öffnungen seiner Meinung nach: schon bald notwendig.
Auch Eberhard Gienger, der sportpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, hätte sich weitreichendere Lockerungen vorstellen können - auch weil Aerosolforscher heute erneut beteuert hätten: Sport im Freien sei auch in größeren Gruppen ohne große Infektionsgefahr möglich. Doch angesichts der Stimmen aus seiner Fraktion, die noch mehr Einschränkungen forderten, ist Gienger mit dem Kompromiss zufrieden:
"Wir sind in einer Situation, wo wir staatlichen Schutz für Leben und Gesundheit nach vorne stellen müssen. Das mag für den einen oder anderen unverständlich sein. Aber es muss als Teil des Großen Ganzen akzeptiert werden."

FDP plädiert für Sport mit negativem Corona-Test

Die oppositionellen Grünen tragen den Kompromiss mit – auch wenn sie für zehnköpfige Gruppen beim für sie essenziellen Kindersport plädiert hatten. Die FDP-Fraktion fordert hingegen in einem Antrag, der dem Deutschlandfunk vorab vorliegt, den Sport- und Trainingsbetrieb in Vereinen und Fitnessstudios bei negativen Corona-Tests bundesweit sofort wieder zu ermöglichen. Pauschale Schließungen, sagt FDP-Mann Pascal Kober, lehne man ab:
"Wir wollen, dass individuell hingeschaut wird. Wie ist das konkrete Infektionsrisiko, in der jeweiligen Sportart, an dem jeweiligen Ort."

Hahn (Linke): "Ein kleiner halbherziger Schritt"

Helfen soll dabei eine sogenannte "Nutzen-Risiko-Abwägung", bei der Inzidenzwerte, Intensivbetten-Kapazitäten, Testmöglichkeiten und Impffortschritte dynamisch und miteinander gekoppelt in die Bewertung einfließen. Wie genau, das steht nicht im Antrag.
"Das was da jetzt ist, ist ein kleiner halbherziger Schritt in die richtige Richtung aber aus unserer Sicht viel zu wenig", sagt auch André Hahn, sportpolitischer Sprecher der Links-Fraktion. Er findet: Wenn Profis Sport treiben dürfen, sollte das auch für alle Breitensportler gelten – zumindest unter Trainingsbedingungen.