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Ärztemangel auf dem Land beheben

Werde ich schnell und kompetent behandelt, wenn ich krank werde? Vor allem auf dem Land kann man diese Frage nicht immer mit "Ja" beantworten. In vielen Regionen gibt es nicht genug Ärzte. Darauf hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung kürzlich hingewiesen - und ist nun mit Verbesserungsvorschlägen an die Öffentlichkeit getreten.

Von Dieter Nürnberger |
    Die Neuausrichtung der medizinischen Versorgung hat aus Sicht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung mehrere Bausteine. Der Verband sieht also eher einen generellen Reformbedarf, ähnlich ja auch die Politik. Die Schwerpunkte der heute gemachten Vorschläge betreffen vor allem die Versorgung auf dem Land und auch eine neue Struktur bei der Arznei- und Heilmittelverordnung.

    Die Zeit hierbei, so Andreas Köhler vom Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, dränge. Zwar gebe es derzeit – von den Zahlen her – noch eine Zunahme bei den Ärzten und ärztlichen Berufen, doch betreffe dies vornehmlich Spezialisten. Bei den Hausärzten jedoch - und auch bei den fachärztlichen Grundversorgern - sei schon bald ein spürbarer Rückgang zu erwarten:

    "Wir werden in den nächsten fünf Jahren im ambulanten und stationären Versorgungsbereich – also 2010 bis 2014 – einen Ersatzbedarf, nur bei den Vertragsärzten im niedergelassenen Bereich, von 27.698 Ärzten haben. Wir werden in den nächsten zehn Jahren einen Ersatzbedarf von 58.361 Ärzten haben. Mehr als 50 Prozent der jetzt besetzten Vertragsarztsitze müssen neu besetzt werden."

    Doch was heißt dies für eine künftige medizinische Versorgung auf dem Land, speziell auch in vielen Regionen Ostdeutschlands, wo diese Entwicklung einer ärztlichen Unterversorgung schon seit längerem absehbar ist? Hier findet ja auch ein Versichertenrückgang statt, gleichzeitig aber wachse – durch die Überalterung derjenigen, die in der Region bleiben - auch die Anzahl der chronisch Kranken in bestimmten Gegenden. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung schlägt hier eine neue Versorgungsplanung auf Landesebene vor. Andreas Köhler:

    "Und deswegen denken wir ernsthaft über eine Filialisierungsstruktur nach. Wir beschäftigen uns mit Modellen, die bedeuten, dass beispielsweise Mittwoch
    und Freitag der Hausarzt in einem Dorf oder auch in einer Kleinstadt ist. An anderen Tagen dann der Augen- oder auch der Frauenarzt. Um dies zu organisieren, brauchen wir kollektiv-vertragliche Strukturen. Wir brauchen auch die entsprechenden Rahmenbedingungen in solch einer Versorgungsplanung, die auf Dauer eine wohnortnahe Versorgung sicherstellen kann."

    Die KBV spricht in diesem Zusammenhang von einer intelligenten Versorgungssteuerung statt einer unflexiblen Bedarfsplanung. Auch die Kooperation zwischen den kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenhäusern müsse dafür verbessert werden.

    Zweiter Schwerpunkt der Vorschläge: eine transparente Arznei- und Heilmittelverordnung. Damit soll aus Sicht von KBV-Vorstand Carl-Heinz Müller vor allem eine seit Jahren zum Nachteil der Patienten bestehende Überregulierung beendet werden:

    "Wir sprechen uns ganz deutlich für einen bundesweit einheitlichen Medikationskatalog aus. Der soll für alle gesetzlich Versicherten gelten. Dieser Katalog sollte nicht zuletzt im Interesse der Patienten durch die freien Heilberufe – also Ärzte und Apothekerschaft – erstellt werden. Ziel ist es, eine wirksame, effiziente und dem Stand der medizinischen Erkenntnis angepasste und gleichmäßige Versorgung der Patienten zu gewährleisten."

    Kassenindividuelle Positivlisten lehnt die KBV somit eindeutig ab. Mit diesen Vorschlägen will die Kassenärztliche Bundesvereinigung die Grundlage für eine innerärztliche Diskussion in den kommenden Monaten liefern. Und natürlich auch eine wichtige Stimme im künftigen Reformprozess sein. Und damit zurück nach Köln.