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Brutalität im Krieg
Ärztin und Soldatin von Stülpnagel sieht Entmenschlichung als wichtigen Faktor bei Gräueltaten

Bei der Anwendung brutaler Gewalt in Kriegssituationen spielt nach den Worten der Ärztin und Soldatin Alexandra von Stülpnagel die Entmenschlichung der Opfer eine große Rolle.

    Blick auf das Azovstal-Werk in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol.
    Rhetorik im Krieg: "Ziele" bekämpfen statt Menschen töten (Archivbild). (Victor/Xinhua/dpa)
    Von Stülpnagel sagte im Deutschlandfunk, das funktioniere etwa über die Sprache und über Kriegsrhetorik. So habe es beim Genozid in Ruanda geheißen, man müsse Ungeziefer vernichten. In der militärischen Sprache sei ganz allgemein meist nicht die Rede davon, Menschen zu töten. Stattdessen werde gesagt, man müsse "Ziele" bekämpfen.
    Lesen Sie das Interview mit Frau von Stülpnagel in voller Länge.
    Ein bestimmtes Narrativ über den Krieg trage dazu bei, die Gegner ideologisch zu entmenschlichen, indem man sie systematisch herabwürdige. Dann würden Gräueltaten einfacher, unterstrich von Stülpnagel. Auch der Gruppenzwang unter Soldaten spiele ein Rolle in militärischen Konflikten, denn in Extremsituationen komme es dann zu dem Motto: Wer nicht zum Täter wird, der wird zum Opfer.
    Von Stülpnagel legte zudem dar, dass Gräueltaten auch deshalb geschähen, weil Soldaten die Gewalt ab einem bestimmten Punkt mit Freude in Verbindung brächten. Das führe im Gehirn zur Ausschüttung von Endorphinen und Dopaminen. Von Stülpnagel erläuterte, dass Menschen Gewalt eigentlich ausübten, wenn sie bedroht würden. Darum sei diese Gewalt dann mit Gefühlen von Angst, Schrecken und Panik verbunden. Bei der lustvollen Gewaltausübung würden dagegen Werte und Moralvorstellungen ausgehebelt.
    Anm. d. Red.: Von Stülpnagel äußerte sich in dem Interview nicht als Angehörige der Bundeswehr, sondern als Privatperson.
    Diese Nachricht wurde am 26.04.2022 im Programm Deutschlandfunk gesendet.