Ende des 19. Jahrhunderts erntete der Begriff "Made in Germany" nur Spott und Hohn. Alle Welt lachte über die jämmerliche Gestaltung der deutschen Industrieprodukte. Der Architekturhistoriker Werner Durth beschreibt die damalige Situation:
"Deutschland war ungeheuer modern, was die neuen Aktiengesellschaften anging, machte die tollsten Geräte, Instrumente, hatte einen irrsinnigen Export, aber alles das, was das Wohnen, das Bauen und so weiter anging, war irgendwo nicht nur altmodisch, sondern sogar noch rückläufig."
Deshalb gründeten Künstler und Industrielle am 6. Oktober 1907 in München den Deutschen Werkbund. Sie wollten das Handwerk neu beleben und die Maschinenprodukte schlicht und ehrlich gestalten. Kaffeekannen, Sofakissen und Bolleröfen, all die großen und kleinen Gebrauchsgüter der industriellen Warenwelt, so Hermann Muthesius, sollten eine sogenannte Gute Form bekommen.
"Schmucklosigkeit, Glätte, Schärfe, Genauigkeit, knappe Sauberkeit sollen allmählich eine allgemeine Bedeutung in unserem Leben gewinnen."
Ziel war die Veredelung der gewerblichen Arbeit. Auch die Verbraucher sollten erzogen werden. Warenbücher und Broschüren mit funktionalem Design kamen auf den Markt. Auf der Kölner Werkbundausstellung 1914 wurde erstmals Bilanz gezogen. Moderne und traditionelle Gebrauchsgüter waren zu sehen. Der Streit zwischen Handwerk und Maschinenkultur drohte zu eskalieren, doch es kam nicht soweit. Am 1. August begann der Erste Weltkrieg, und die Bedeutung der industriellen Fertigung wurde seitdem nie wieder ernsthaft infrage gestellt.
In der Zwischenkriegszeit meldeten sich die Architekten zu Wort. Le Corbusier, Walter Gropius und andere bauten am Stuttgarter Killesberg ihre blütenweißen Flachdachhäuser. Die Werkbundausstellung "Am Weißenhof" war ein Fanal und traf mitten ins Herz der konservativen Kollegen vor Ort, die mit Paul Bonatz und Paul Schmitthenner prominent vertreten waren. 1933 schlug ihre Stunde. Am 10. Juni übernahm ein Parteigenosse den Werkbundvorsitz. Die Weiße Moderne wurde geächtet, aber der Werkbund blieb bis 1938 bestehen, erklärt der Münchner Architekturhistoriker Winfried Nerdinger.
"Da ist die Werkbundgestaltung eigentlich fast nahtlos weitergegangen, in diesem sogenannten Amt Schönheit der Arbeit, wo man diese ganzen Produkte erwerben konnte und wo die entsprechend verbreitet wurden, da waren Mengen an Werkbündlern mit Design weiter tätig."
Nach der Neugründung 1947 verschwanden die nationalistischen Töne. Der Werkbund organisierte sich auf Landesebene neu und verstand sich als das ästhetische Gewissen der noch jungen Bundesrepublik.
"Geläutert und geprüft durch die Not muss jedes Ding sich darauf beschränken, zu sein, was es sein soll: Ein Bett, ein Tisch, ein Topf","
so Werkbundmitglied Rudolf Schwarz. Mit Werkbundkisten zog man durch Schulen und Klassenzimmer. In ihnen steckten gut gestaltete Gebrauchsgüter, die die Ästhetik der Einfachheit repräsentieren konnten. Doch schon Ende der 50er Jahre wuchs das Unbehagen. Eine neue Generation stellte ganz neue Fragen.
""Was nutzen gute Trinkgläser, wenn das Wasser darin eine denaturierte Brühe ist?","
gab Hans Schwippert zu bedenken, während Adolf Arndt 1967 auf der Karlsruher Werkbundtagung mahnte:
""Es geht nicht um eine neue, neue Ästhetik, sondern um die Erkenntnis, dass wahre Ästhetik sozial wirkt und gesellschaftspolitisch, ja im weitesten Sinne politisch brisant ist."
Der Werkbund wurde zu einer fragenden und mahnenden Instanz. Die großen Themen der Zeit, Ökologie, Denkmalschutz und die Zersiedelung der Landschaft, wurden aufgegriffen - Themen der Nachhaltigkeit, die heute ganz selbstverständlich in den Parteien und Bürgerinitiativen beheimatet sind. Und so kam es zum Paradox: Trotz zeitgemäßer Fragen verlor der Werkbund ständig an Bedeutung. Er erhebt noch immer seine Stimme, doch sie ist leiser geworden im Konzert der postmodernen Meinungsvielfalt.
"Deutschland war ungeheuer modern, was die neuen Aktiengesellschaften anging, machte die tollsten Geräte, Instrumente, hatte einen irrsinnigen Export, aber alles das, was das Wohnen, das Bauen und so weiter anging, war irgendwo nicht nur altmodisch, sondern sogar noch rückläufig."
Deshalb gründeten Künstler und Industrielle am 6. Oktober 1907 in München den Deutschen Werkbund. Sie wollten das Handwerk neu beleben und die Maschinenprodukte schlicht und ehrlich gestalten. Kaffeekannen, Sofakissen und Bolleröfen, all die großen und kleinen Gebrauchsgüter der industriellen Warenwelt, so Hermann Muthesius, sollten eine sogenannte Gute Form bekommen.
"Schmucklosigkeit, Glätte, Schärfe, Genauigkeit, knappe Sauberkeit sollen allmählich eine allgemeine Bedeutung in unserem Leben gewinnen."
Ziel war die Veredelung der gewerblichen Arbeit. Auch die Verbraucher sollten erzogen werden. Warenbücher und Broschüren mit funktionalem Design kamen auf den Markt. Auf der Kölner Werkbundausstellung 1914 wurde erstmals Bilanz gezogen. Moderne und traditionelle Gebrauchsgüter waren zu sehen. Der Streit zwischen Handwerk und Maschinenkultur drohte zu eskalieren, doch es kam nicht soweit. Am 1. August begann der Erste Weltkrieg, und die Bedeutung der industriellen Fertigung wurde seitdem nie wieder ernsthaft infrage gestellt.
In der Zwischenkriegszeit meldeten sich die Architekten zu Wort. Le Corbusier, Walter Gropius und andere bauten am Stuttgarter Killesberg ihre blütenweißen Flachdachhäuser. Die Werkbundausstellung "Am Weißenhof" war ein Fanal und traf mitten ins Herz der konservativen Kollegen vor Ort, die mit Paul Bonatz und Paul Schmitthenner prominent vertreten waren. 1933 schlug ihre Stunde. Am 10. Juni übernahm ein Parteigenosse den Werkbundvorsitz. Die Weiße Moderne wurde geächtet, aber der Werkbund blieb bis 1938 bestehen, erklärt der Münchner Architekturhistoriker Winfried Nerdinger.
"Da ist die Werkbundgestaltung eigentlich fast nahtlos weitergegangen, in diesem sogenannten Amt Schönheit der Arbeit, wo man diese ganzen Produkte erwerben konnte und wo die entsprechend verbreitet wurden, da waren Mengen an Werkbündlern mit Design weiter tätig."
Nach der Neugründung 1947 verschwanden die nationalistischen Töne. Der Werkbund organisierte sich auf Landesebene neu und verstand sich als das ästhetische Gewissen der noch jungen Bundesrepublik.
"Geläutert und geprüft durch die Not muss jedes Ding sich darauf beschränken, zu sein, was es sein soll: Ein Bett, ein Tisch, ein Topf","
so Werkbundmitglied Rudolf Schwarz. Mit Werkbundkisten zog man durch Schulen und Klassenzimmer. In ihnen steckten gut gestaltete Gebrauchsgüter, die die Ästhetik der Einfachheit repräsentieren konnten. Doch schon Ende der 50er Jahre wuchs das Unbehagen. Eine neue Generation stellte ganz neue Fragen.
""Was nutzen gute Trinkgläser, wenn das Wasser darin eine denaturierte Brühe ist?","
gab Hans Schwippert zu bedenken, während Adolf Arndt 1967 auf der Karlsruher Werkbundtagung mahnte:
""Es geht nicht um eine neue, neue Ästhetik, sondern um die Erkenntnis, dass wahre Ästhetik sozial wirkt und gesellschaftspolitisch, ja im weitesten Sinne politisch brisant ist."
Der Werkbund wurde zu einer fragenden und mahnenden Instanz. Die großen Themen der Zeit, Ökologie, Denkmalschutz und die Zersiedelung der Landschaft, wurden aufgegriffen - Themen der Nachhaltigkeit, die heute ganz selbstverständlich in den Parteien und Bürgerinitiativen beheimatet sind. Und so kam es zum Paradox: Trotz zeitgemäßer Fragen verlor der Werkbund ständig an Bedeutung. Er erhebt noch immer seine Stimme, doch sie ist leiser geworden im Konzert der postmodernen Meinungsvielfalt.