Merkel erklärte in München, sie könne sich nicht vorstellen, dass die Schülerinnen und Schüler "plötzlich" und ohne "äußeren Einfluss" auf die Idee zu diesem Protest gekommen seien. Die Äußerungen der Kanzlerin wurden im Fernsehen übertragen. Sie fielen in einem Gespräch, das der Leiter der Sicherheitskonferenz, Ischinger, mit Merkel unmittelbar nach ihrer Rede auf der Bühne führte. Die Passagen können im Zusammenhang online nachgehört werden, etwa beim Fernsehsender Phoenix (ab Minute 41:20). Merkel antwortet an dieser Stelle auf eine eher allgemein gehaltene Frage des Journalisten und Merkel-Biografen Stefan Kornelius zur Lage Europas.
"Europa hat Gegner"
Der nun in der Kritik stehende Teil ihrer Antwort beginnt mit dem Satz: "Europa hat Gegner". Die Bundeskanzlerin spricht dann zunächst explizit von "der hybriden Kriegsführung Russlands", leitet über auf "Kampagnen im Internet" und nennt dafür als einziges Beispiel die Klimaproteste:
"In Deutschland protestieren jetzt Kinder für den Klimaschutz. Das ist ein wirklich wichtiges Anliegen. Aber dass plötzlich alle deutschen Kinder, nach Jahren, ohne jeden äußeren Einfluss, plötzlich auf die Idee kommen, dass man diesen Protest machen muss, das kann man sich auch nicht vorstellen."
"Verschwörungstheorien"
Auf Twitter wurde Merkel daraufhin vorgeworfen, "Verschwörungstheorien" zu verbreiten und die Aktionen der Schülerinnen und Schüler zu diskreditieren. So bezeichnet die Initiatorin der Klimastreiks in Berlin, die Studentin Luisa Neubauer, Merkels Äußerungen als "haltlose Vorwürfe":
Für den deutschen Klimaforscher Stefan Rahmstorf vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung sind die Aussagen der Bundeskanzlerin ganz einfach "dumm" und "arg realitätsfern":
Regierungssprecher Seibert wies die Kritik zurück. Er erklärte, Merkel habe die Klimaproteste lediglich als Beispiel für die Mobilisierung durch Kampagnen im Netz genannt.
Auf Anfrage von dlf24 führt das Bundespresseamt aus, die Kanzlerin sehe in den Klimaprotesten ein Beispiel für die Möglichkeiten der Mobilisierung durch das Internet. Eine Mobilisierung, die gute und schlechte Ziele verfolgen könne. Die Bundeskanzlerin erkenne an, dass der Klimaprotest der Schüler einem guten und wichtigen Ziel diene. Sie habe über den Regierungssprecher bereits am 8. Februar ihre Wertschätzung für dieses Engagement geäußert – dies sei auch weiterhin ihre Meinung.
Rücktritt in Belgien
Auch in Belgien sorgte unlängst eine Ministerin mit ihrer ganz eigenen Interpretation der Klimastreiks für Aufsehen. Joke Schauvliege, regionale Umweltministerin von Flandern, musste nach einiger Empörung zurücktreten. Sie hatte erklärt, die Klimaproteste seien inszeniert worden, um sie als Ministerin politisch zu schwächen. Dies habe ihr der Geheimdienst bestätigt. Der Geheimdienst dementierte umgehend, und Schauvliege räumte ein, sie habe "etwas nicht zutreffendes" gesagt.