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AfD-Abgeordneter Hampel
"Ohne Russland wird Europa nie zu der angestrebten Stabilität finden"

Selbstverständlich müsse Putin ein Partner für Deutschland sein, sagte Armin Paul Hampel, AfD-Mitglied des Auswärtigen Ausschusses, im Dlf. "Man muss die Angebote aus Russland, die seit vielen Jahren kommen, doch entsprechend gewichten - und das machen wir zu wenig."

Armin Paul Hampel im Gespräch mit Christoph Heinemann | 18.05.2018
    Armin-Paul Hampel, Vorsitzender der AfD in Niedersachsen.
    Armin Paul Hampel (AfD): "Die beteiligten Staaten im Syrienkonflikt sind in toto verantwortlich für die Situation. Da können Sie nicht einen Einzelnen rauspicken und sagen, der ist jetzt verantwortlich." (imago / IPON)
    Heinemann: Und am Telefon ist Armin Paul Hampel, Afd-Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages. Guten Tag!
    Armin Paul Hampel: Moin, Herr Heinemann!
    Heinemann: Herr Hampel, ist Putin für Deutschland ein Partner?
    Hampel: Ja selbstverständlich, er muss ein Partner sein, weil ohne Russland wird Europa nie zu der von ihm angestrebten Stabilität und Frieden finden.
    Heinemann: Ist er ein Partner?
    Hampel: Ja, ich glaube, man muss die Angebote aus Russland, die ja nicht nur in den letzten Monaten und Jahren, sondern seit vielen Jahren kommen, doch entsprechend gewichten, und das machen wir zu wenig. Ich selber saß noch als Journalist 2001 auf der Pressetribüne im Deutschen Bundestag und habe damals die Rede von Vladimir Putin gehört, wo er im Grunde genommen beide Hände den Deutschen entgegengestreckt hat. Da haben wir vieles enttäuscht in den vergangenen Jahren, und dann ist natürlich die Zusammenarbeit und auch das Vertrauen in vielen verschiedenen Fragen, jetzt aktuell natürlich durch Syrien und andere, erschüttert, und da ist die Bundesregierung gut beraten, schnellstens wieder vertrauensbildende Maßnahmen zu schaffen, einzuleiten, damit man auf einen neuen gemeinsamen Nenner kommt.
    Heinemann: Seit ihrem Erlebnis auf der Pressetribüne ist ja viel passiert: Fassbomben über Wohngebieten, Anwendung von Giftgas, der syrischen Regierung werden schwere Kriegsverbrechen vorgeworfen und Moskau unterstützt das Assad-Regime. Ist Putin für diese Verbrechen mitverantwortlich?
    Hampel: Ach ich glaube, immer wenn es um die Bewertung von Kriegseinsätzen und auch Völkerrechtsvergehen geht, da muss man immer sehr vorsichtig sein. Ich kann mich erinnern, dass es vor circa einem Jahr eine Meldung der Amerikaner gab, die ja mit für die Giftgasvernichtung der syrischen Streitkräfte verantwortlich war, dass, sie meldeten, sie hätten nun alle ihnen zur Verfügung stehenden Giftgase entsorgt, allerdings nur die, die sich im Besitz der syrischen Streitkräfte oder der Regierung befanden. Man weiß, dass andere noch da sind, aber da hat man keinen Zugriff drauf. Das war eine Meldung aus den Vereinigten Staaten, nicht aus Russland. Und von daher bin ich immer sehr skeptisch, wenn es um die Bewertung geht, wer hat nun welche Kriegsvergehen dort begangen. Dass die syrischen Streitkräfte und die syrische Regierung das ebenfalls getan hat, steht außer Frage, das ist aber etwas, wo beide Seiten im Grunde genommen, oder mehrere Seiten, auf das Einfluss nehmen sollten, was sie können, die dort agierenden Gruppen. Und das kann man eben nur auf die syrische Regierung, denn auf die IS und andere Organisationen hat man eben keinen Einfluss.
    Heinemann: Die russische Seite eben doch. Deshalb noch mal meine Frage: Ist Putin für diese Verbrechen mitverantwortlich?
    Hampel: Ich glaube, dass Putin hier eine Politik betreibt, um seinen Einfluss im Nahen Osten zu stärken …
    Heinemann: Auch mit Giftgas und Fassbomben?
    Hampel: Ich sag ja noch mal, ich gehöre zu denjenigen, die das kritisch bewerten, weil ich die Zuordnung, wer hat da was wann eingesetzt, nach wie vor infrage stelle, von daher kann ich auch einen Putin darauf nicht festnageln.
    Heinemann: Ich habe ja nicht gesagt, dass Herr Putin das angewendet hat, sondern dass er das Regime unterstützt. Deshalb noch einmal die Frage: Ist er mitverantwortlich? Das kann man mit Ja oder mit Nein beantworten.
    Hampel: Joa, er ist ein Mitplayer.
    Heinemann: Okay. Treibt Putin Flüchtlinge nach Deutschland?
    Hampel: Och, das könnten Sie dann auf alle beteiligten Gruppen ausdehnen. Von den Amerikanern angefangen, die interveniert haben, von den Iranern, die ja jetzt eine gewichtige Rolle spielen, von den Türken bis über die Russen – also da haben alle Mächte, große und mittlere Mächte, mitgewirkt, Syrien zu destabilisieren.
    Heinemann: Herr Hampel, Sie waren auch mal Journalist, entschuldigen Sie bitte, ich muss jetzt die Frage noch mal stellen: Treibt Putin Flüchtlinge nach Deutschland? Sie haben jetzt über alle möglichen Leute geredet, aber nicht die Frage beantwortet. Ich bitte um Ihr Verständnis.
    Hampel: Ja, ganz einfach, Herr Heinemann. Die beteiligten Staaten im Syrienkonflikt sind in toto verantwortlich für die Situation. Da können Sie nicht einen einzelnen rauspicken und sagen, der ist jetzt verantwortlich. Alle beteiligten Staaten, die dort ihre Interessen wahrgenommen haben, tragen auch mit eine Verantwortung der Destabilisierung und damit auch der Flüchtlingsströme.
    Heinemann: Also, um 12:20 Uhr sagt Armin Paul Hampel im Deutschlandfunk: Ja, Putin treibt Flüchtlinge nach Deutschland. Können wir das so festhalten?
    Hampel: Nein, das können wir nicht so festhalten, weil ich sage, er ist einer von mehreren Playern. So, und dann ist er nicht alleine dafür verantwortlich …
    Heinemann: Das habe ich doch gar nicht gefragt …
    Hampel: … auch die Amerikaner sind da genauso verantwortlich, wenn sie dort maßgeblich in den Konflikt eingegriffen haben, dann können Sie auch sagen, auch Herr Trump ist verantwortlich.
    Putins "indirekte" Verantwortung
    Heinemann: Treibt auch Putin Flüchtlinge nach Deutschland?
    Hampel: Alle beteiligten Player, würde ich so ausdrücken, sind mitverantwortlich …
    Heinemann: Irgendwie kommt Ihnen das schwer über die Zunge. Was ist daran so schwer zu sagen?`
    Hampel: Ja, weil Sie wollen ja einseitig jetzt Russland festnageln.
    Heinemann: Nee, gar nicht einseitig. Ich wollte nur …
    Hampel: Doch natürlich! Und Herrn Putin, das …
    Heinemann: Wir reden über die deutsch-russischen Beziehungen, das hat schon was mit Putin zu tun, deshalb stelle ich jetzt die Frage.
    Hampel: Ja selbstverständlich, aber wenn Sie eine Bundesregierung haben, dann werden Sie keine einzelnen, dann können Sie die Kanzlerin auf eine Sache festnageln, aber einen Minister für die Gesamtregierung verantwortlich zu machen, geht auch nicht. Also in diesem Falle, noch mal, bleibe ich dabei: Putin ist einer derjenigen, die an diesem Konflikt in Syrien mitbeteiligt waren, und dann ist da auch indirekt eine Verantwortung dafür zu finden, ja.
    !Heinemann:!! Herr Hampel, wie stellen Sie sich die Zukunft der Ost-Ukraine vor?
    Hampel: Ich glaube, dass man mit den Russen dahingehend verhandeln kann, dass auch sie an einer Stabilisierung im Donbas interessiert sind. Ich weiß nicht, inwieweit Russland bereit ist, noch mal die Krim-Frage überhaupt diskutieren zu wollen. Das ist schwer, wir beide kennen die Geschichte oder die Zuhörer wahrscheinlich auch, wie die Krim zur Ukraine gekommen ist damals unter Chruschtschow. Da, glaube ich, sind die Vereinten Nationen, die ja viel zu wenig inzwischen in die internationalen Krisen involviert werden, gefordert und gefragt. Und wenn wir die Vereinten Nationen stärken, könnte ich mir vorstellen, dass man mit den Russen über die Ost-Ukraine, den Donbas, zu einer Vereinbarung, und zwar zu einer friedlichen Regelung, kommt. Dass man in der Krim vielleicht unter UN-Aufsicht eine Volksabstimmung machen muss, und dann gilt das Selbstbestimmungsrecht der Völker.
    Heinemann: Wie bewerten Sie die Art und Weise und die Tatsache der russischen Aneignung der ukrainischen Krim-Halbinsel?
    Hampel: Ach, wissen Sie, wir haben mal im Kosovo eingegriffen als westeuropäische Mächte, da wurde die Frage vom Tisch gewischt. Die Russen haben letztendlich das gleiche getan, was wir im Kosovo auch gemacht haben.
    Heinemann: Herr Hampel, wie bewerten Sie die Art und Weise und die Tatsache – ich wiederhole die Frage noch mal – der russischen Aneignung der ukrainischen Krim-Halbinsel? Jetzt lassen wir Kosovo vielleicht mal außen vor, das liegt woanders.
    Hampel: Naja, das muss man ja immer mit einbeziehen, wenn man eine Bewertung vornimmt. Kosovo wie die Krim entsprach, entspricht nicht den völkerrechtlichen Verträgen, die wir haben.
    Ukrainer "haben längst bestimmt, wo sie sein wollen"
    Heinemann: Sollten alle Ukrainer, die Freiheit haben, sich souverän, also unabhängig von äußerem Druck, für oder gegen eine Annäherung an die Europäische Union und die Nato zu entscheiden?
    Hampel: Ja, das ist eine ganz schwierige Frage deshalb, weil ja schon viele Voraussetzungen geschaffen worden sind, die die Beantwortung dieser Frage schwierig machen. Die Europäische Union hat der Ukraine Verträge angeboten, die mit den früheren Verträgen mit Russland kollidieren. Sie wissen, dass es einen Zoll-Freihandelsabkommen zwischen der Ukraine und Russland gab, und genau das gleiche hat die EU mit der Ukraine auch abschließen wollen, das hieße, das wäre ein freier Warenverkehr durch die Ukraine direkt nach Russland geworden. Das sind immer die Probleme, die dahinterstecken, wenn man sich die Lage vor Ort und vor allem die vertraglichen Vereinbarungen genauer anschaut. Die Menschen in der Ukraine haben meines Erachtens längst bestimmt, wo sie sein wollen. Das ergibt sich auch aus den Unterstützungen in den jeweiligen Gebieten durch die Zivilbevölkerung. Aber ob man dann auch zu einer Lösung kommt, wir machen eine Volksabstimmung, ja, das wäre ja im Grunde genommen der ehrlichste Part. Noch mal, ich glaube, dass mit Russland über den Donbas eine Vereinbarung zu erzielen ist.
    Heinemann: Armin Paul Hampel, AfD-Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages. Dankeschön für das Gespräch und auf Wiederhören!
    Hampel: Vielen Dank, Herr Heinemann!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.