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AfD-Bürgerdialog
Weidel-Auftritt nach der Spendenaffäre

Bei einem Bürgerdialog der AfD in Ravensburg ist Alice Weidel aufgetreten. Die Fraktionschefin der AfD im Bundestag sprach über direkte Demokratie mit Vorbild Schweiz - und musste sich dabei auch Fragen zur Spendenaffäre stellen. Zunächst blieb sie dabei gelassen.

Von Thomas Wagner |
    Die Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag, Alice Weidel, hält in der Oberschwabenhalle die Hand über die Augen.
    Alice Weidel, Fraktionschefin der AfD im Bundestag (picture alliance/dpa - Stefan Puchner)
    Gerade mal gut 40 Protestierende haben sich zusammengefunden, skandieren ein paar Mal "Wir gegen Rechts", bevor ihnen die Luft ausgeht. Und in der Halle?
    "Ich habe Vergnügen, Sie heute durch den Abend zu führen. Und der wird ein bisschen anstrengend. Weil: Die direkte Demokratie ist ja anstrengend."
    AfD-Veranstaltung in Ravensburg: "Bürgerdialog direkte Demokratie"
    Emil Sänze ist Fraktionschef der AfD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag. An diesem Abend gibt Sänze im oberschwäbischen Ravensburg eher den lässig daher plaudernden Conferencier denn den polemisierenden AfD-Kämpfer. Schließlich gehe es um ein Thema, das ihm am Herzen liege: die direkte Demokratie.
    "Viele haben das von der AfD möglicherweise gar nicht erwartet, dass sich gerade die AfD dafür einsetzt."
    Dann: Die Hauptrednerin des Abends, die viele der 450 Zuhörerinnen und Zuhörer immer schon mal sehen wollten.
    "Wie kann die direkte Demokratie aussehen? Schauen wir zu unseren Nachbarn, schauen wir in die Schweiz. Eine Form der Teilhabe sind die Plebiszite, bei denen die Bürger über einen bestimmten Sachverhalt befragt werden."
    Für Alice Weidel, Fraktionschefin der AfD im Bundestag, ist der Auftritt in der Ravensburger Oberschwabenhalle zumindest auf dem Papier ein Heimspiel. Denn der Nachbar-Kreisverband Bodensee führt sie immer noch als stellvertretende Kreisvorsitzende; öffentlich blicken lässt sie sich dort allerdings so gut wie nie. Doch in Ravensburg ist sie präsent – zunächst in einem sehr moderaten Tonfall:
    "Sie alle wollen sich einbringen, auch die jungen Menschen, die von der Gegendemonstration gekommen sind, um sich hier einmal einzufinden, mitzudiskutieren, darauf freue ich mich immer."
    Fragen von den Zuschauern
    Die nachfolgenden Erläuterungen zur direkten Demokratie, immer wieder mit Verweisen auf die Schweiz, erinnert in weiten Teilen eher an einen Volkshochschul-Abend denn an einen kämpferischen Polit-Auftritt. Und das bemerken nicht nur die Zuhörer:
    "Ich hoffe, es ist keiner eingeschlafen – wir haben’s ja auch gleich geschafft," erst mal bis zur Pause, so Eugen Sänze, AfD-Fraktionschef im Landtag von Baden-Württemberg.
    "Ich hätte auch noch eine Frage zur direkten Demokratie: Wie realistisch ist es?"
    Die Zuhörer dürfen Fragen stellen. Und irgendwann klingt’s dann auch spannend.
    "Ich bin Schweizerin. Grüezi Wohl, Grüezi. Ich find’s mega-interessant, wie Ihr über die Demokratie redet, Dankeschön für all das Lob in die Schweiz."
    Eine junge Frau ist aufgestanden, steht vor dem Mikrofon. Klingt irgendwie nett, was sie sagt. Dann aber:
    "Ich habe eine Frage an Frau Weidel: Ich weiß, es ist ein bisschen schwierig, als Schweizerin, über Geld zu sprechen, aber ich wüsste gerne, ob sie wissen, von wem die Spende aus der Schweiz ursprünglich kam, und ob sie glauben, ob dieser Spender sie wirklich unterstützen wollte, oder ob er ihnen eher schaden wollte."
    Da ist sie wieder: Die Affäre um jene Spende an die AfD im Bodenseekreis aus der Schweiz, wegen der die Staatsanwaltschaft Konstanz derzeit gegen mehrere AfD-Funktionäre ermittelt.
    "Was auffällig ist, dass mir das Schweizer Fernsehen genau die gleiche Frage gestellt hat. Frage zurück: Hat Sie das Schweizer Fernsehen da reingesetzt, um mir hier jetzt die Frage zu stellen."
    Alice Weidel und Fragen zur Spendenaffäre
    Keine Spur mehr von Gelassenheit – Alice Weidel hebt die Stimme, blickt mit deutlich strengerem Blick, wie eine Oberlerherin, hinab zum Zuhörer-Volk im Saal – und kontert mit dem Hinweis:
    "Dass wir die Spenden freiwillig zurückzahlen, und zwar vor dem Medienskandal, also was soll das."
    Dass das Geld Monate lang auf dem AfD-Konto verweilte, verschweigt Weidel, ebenso die laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Konstanz. Wenn sie angegriffen wird, dann ist Schluss mit Gelassenheit. Das zeigt sich auch im weiteren Diskussionsverlauf. Ein junger Mann tritt ans Mikrofon, gibt zu bedenken, dass es bei den Ideen der AfD eigentlich gar nicht so sehr um die Ausweitung von Bürgerrechten gehe. Beispiel: Innere Sicherheit.
    "Da geht es eher um Einschränkungen von Bürgerrechten – kleiner Widerspruch für mich."
    So richtig eine direkte Antwort bekommt der Fragesteller nicht. Das, was Alice Weidel entgegenet, scheinen viele irgendwo schon mal gehört zu haben.
    "Was wir als Afd kritisieren, dass unsere Sicherheit, fragen Sie die Bürger auf der Straße, erodiert ist, und zwar durch offene Grenzen."
    Einem, der da zuhört, befällt ein leises Unbehagen. Thomas Vogel aus Zürich verfolgt den Abend im Auftrag des Schweizer Fernsehens srf:
    "Irgendwie ist es unangenehm, weil wir zwar direkte Demokratie pflegen. Aber ich habe das Gefühl, dass die Leute der AfD etwas ganz Bestimmtes damit erreichen wollen. Und bei uns in der Schweiz ist es ja wichtig, dass die direkte Demokratie in der Schweiz ergebnisoffen ist. Und hier ist sie zweckgebunden. Irgendwie ist dieses Schulterklopfen eher unangenehm für einen Schweizer."