Trotz vergleichsweise hoher Umfragewerte hat die AfD mit Blick auf die Bundestagswahl im Februar 2025 ein unlösbares Problem, wenn es um ihren Wunsch geht, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Keine andere Partei will mit ihr koalieren. Außerdem haben mehr als hundert Bundestagsabgeordneten beantragt, die AfD vom Bundesverfassungsgericht verbieten zu lassen. Was kann die Partei bei der Wahl erreichen? Ein Überblick.
Wer führt die AfD in die Bundestagswahl?
Die AfD-Co-Vorsitzende Alice Weidel führt ihre Partei als Kanzlerkandidatin in den Bundestagswahlkampf. Darauf hatte Weidel sich mit dem Co-Vorsitzenden Thilo Chrupalla im September 2024 verständigt.
Der Parteivorstand nominierte Weidel daraufhin Anfang Dezember offiziell als Kandidatin. Dem stimmten die Delegierten beim vorgezogenen Bundesparteitag am 11. und 12. Januar in Riesa per Akklamation zu.
Es ist das erste Mal, dass die AfD eine Kanzlerkandidatin nominiert. Vor der Bundestagswahl 2021 hatten die AfD-Mitglieder Weidel und Chrupalla zum Spitzenduo gewählt, ohne einen von beiden explizit als Kanzlerkandidaten oder Kanzlerkandidatin zu benennen.
Mit welchen Inhalten geht die AfD in den Wahlkampf?
Bereits Ende November 2024 hatte die Parteiführung einen Entwurf zum Wahlprogramm der AfD vorgestellt. Diesen verschärften die Delegierten des Bundesparteitags in Riesa jedoch an vielen Stellen.
So wurde unter anderem der umstrittene Begriff "Remigration" ins Programm aufgenommen. Der Begriff, der in der ursprünglichen Version der Parteiführung noch fehlte, bezeichnet eine umfassende Abschiebung von Menschen mit Migrationshintergrund in ihre Herkunftsländer und steht für eine Verschärfung der Migrationspolitik.
So will die AfD auch Sozialleistungen für Asylbewerber in Sachleistungen umwandeln und Leistungen für Ausreisepflichtige "auf ein menschenwürdiges Existenzminimum" senken. Geflüchtete sollen bereits an der Grenze in Gewahrsamszentren gestoppt und Asylverfahren ins Ausland verlagert werden.
Ausländischen Gewalttätern will die AfD zudem das Aufenthaltsrecht entziehen. "Gefährder und Terroristen" aus dem Ausland müssten in Präventivhaft kommen. Jugendliche sollen wie in anderen europäischen Ländern schon ab zwölf Jahren strafmündig sein; derzeit liegt die Grenze bei 14 Jahren.
Darüber hinaus fordert die AfD den Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union und aus dem Euro-System. Im Wahlprogramm wird eine Volksabstimmung über den "Dexit" vorgeschlagen. Zugleich bekennt sich die AfD zur NATO-Mitgliedschaft Deutschlands "bis zum Aufbau eines unabhängigen und handlungsfähigen europäischen Militärbündnisses".
Die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland wird abgelehnt, ebenso wie Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Zudem soll es keine Finanzhilfen mehr für die Ukraine geben. Ein Antrag auf eine Änderung, die Russland klar für den Angriff auf die Ukraine kritisiert hätte, scheiterte auf dem Parteitag.
Weiterer Schwerpunkt im Wahlprogramm ist die Senkung der Energiekosten, um eine "Deindustrialisierung Deutschlands" zu stoppen. Laut Parteichefin Weidel will die AfD das Heizungsgesetz abschaffen und die Kernkraft wieder einführen. Die zuletzt abgeschalteten Atomkraftwerke sollen wieder ans Netz gehen und neue Meiler gebaut werden. Gefordert wird zudem, die zerstörten Nord-Stream-Gasleitungen aus Russland wieder instand zu setzen und die Laufzeit von Kohlekraftwerken zu verlängern.
Konservatives Familienbild und Verbrenner
Beim Klimawandel nimmt die AfD die Position ein, dass der Anteil des Menschen daran "wissenschaftlich ungeklärt" sei. Die Partei will deshalb "aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen". Die CO2-Abgabe auf Heizöl, Erdgas, Benzin oder Diesel sollen gestrichen werden. Zudem will sich die AfD "auf allen Ebenen dafür einsetzen das Verbot des Verbrennungsmotors aufzuheben".
Nach dem Willen der AfD sollen die Unternehmens- und Einkommenssteuern deutlich gesenkt werden. Auch der Steuerfreibetrag auf Einkommen solle erhöht werden. Die Steuersenkungen will die Partei mit Einsparungen im sozialen Bereich, etwa beim Bürgergeld, gegenfinanzieren. Auch die Ausgaben für die Migrations-, Klima- und Entwicklungspolitik sollen gesenkt werden.
Gesellschaftspolitisch tritt die AfD für ein konservatives Familienbild ein. Der Parteitag ließ die Familiendefinition explizit als Einheit von Vater, Mutter Kind hinzufügen. Außerdem wird sich gegen "Trans-Gender-Hype", "Frühsexualisierung" und eine "'woke'-Gesellschaft" ausgesprochen. Die Möglichkeit von Abtreibungen will die AfD deutlich einschränken.
Mit welchen Problemen kämpft die AfD?
Alle aktuell im Bundestag vertretenen Parteien haben eine Koalition mit der AfD ausgeschlossen. Auf Landesebene werden drei AfD-Verbände von den dortigen Verfassungsschutzämtern als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft: in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Darüber hinaus bewertet das Bundesamt für Verfassungsschutz auch die „Junge Alternative für Deutschland“ (JA), die bisherige AfD-Jugendorganisation, als „gesichert rechtsextremistisch“.
Angesichts eines möglicherweise drohenden Verbots der JA beschloss der Partei in Riesa, sich von der JA zu trennen. Der Verein soll durch eine neue Parteijugend ersetzt werden, deren Funktionäre nicht gegen die Grundsätze der AfD verstoßen dürfen.
Mit notwendiger Zweidrittelmehrheit entschieden die Delegierten eine entsprechende Änderung der AfD-Satzung, den die Parteispitze eingebracht hatte. Die Jugendorganisation der AfD wird dadurch ein Teil der Partei.
Auf Bundesebene gilt die Gesamtpartei nach Einschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutz seit März 2021 als „rechtsextremistischer Verdachtsfall“. Ob die AfD auf Bundesebene als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft wird, will das Amt wohl nicht mehr vor der vorgezogenen Bundestagswahl entscheiden. Mit Blick auf die Chancengleichheit der Parteien könnte eine solche Entscheidung kurz vor der Wahl als juristisch problematisch ausgelegt werden.
113 Bundestagsabgeordnete verschiedener Fraktionen haben bei Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) einen Antrag auf ein AfD-Verbotsverfahren abgegeben. Sie wollen, dass das Parlament ein Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht einleitet. Angesichts der anstehenden Neuwahlen im Februar ist allerdings offen, ob der Antrag noch in dieser Legislaturperiode auf die Tagesordnung des Parlaments kommt.
Die fraktionsübergreifende Initiative wirft der AfD unter anderem vor, sich gegen Prinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu stellen und damit gegen das Grundgesetz zu verstoßen. Das Verbotsverfahren ist umstritten: Manche befürchten, dass ein solcher Schritt der Demokratie schaden könnte. Über ein AfD-Verbot ist in der Vergangenheit immer wieder diskutiert worden.
Wie steht die AfD in den Umfragen für die kommende Wahl da?
Die AfD hat in Umfragen zur Bundestagswahl seit der Wahl 2021 stark zugelegt. Momentan ist sie zweitstärkste Kraft hinter der CDU. Zudem konnte sie zuletzt bei den Landtagswahlen in Thüringen, Brandenburg und Sachsen Wahlerfolge feiern.
Wie stehen die Chancen der AfD auf eine Regierungsbeteiligung nach der kommenden Bundestagswahl?
Keine andere Partei ist aktuell auf Bundesebene zur Zusammenarbeit mit der AfD bereit. CDU/CSU, SPD, FDP, Linke, Grüne und mit Einschränkungen auch das BSW haben sich entsprechend geäußert. Ohne eine absolute Mehrheit wird die AfD nicht regieren können.
Dennoch könnte die AfD die in den Umfragen führende CDU beim Thema Regierungsbeteiligung vor sich hertreiben. Sie könnte versuchen, sich als staatstragend zu inszenieren und die CDU zur Kooperation drängen. Erfolg wird sie damit aber vermutlich nicht haben. CDU-Parteichef Friedrich Merz - Stichwort „Brandmauer“ - hat sich immer wieder klar positioniert und betont, dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD geben werde.
aha, kau