
Die Umfragewerte der AfD liegen vor der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 stabil bei rund 20 Prozent. Damit könnte die Partei ihr Ergebnis im Vergleich zur letzten Wahl etwa verdoppeln. Die AfD will Regierungsverantwortung übernehmen. Aber keine andere Partei will mit ihr koalieren - wobei die Union in Kauf nahm, dass ein Asyl-Antrag der CDU/CSU auch dank AfD-Stimmen im Bundestag eine Mehrheit erhielt. Seitdem wird im Wahlkampf darüber diskutiert, ob die "Brandmauer" zur AfD gefallen ist.
Der Verfassungsschutz sieht die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall - und mehrere ihrer Landesverbände gelten als gesichert rechtsextrem. Was kann die Partei bei der Wahl erreichen? Ein Überblick.
Wer führt die AfD in die Bundestagswahl?
Die AfD-Co-Vorsitzende Alice Weidel ist Kanzlerkandidatin. Darauf hatte Weidel sich mit dem Co-Vorsitzenden Tino Chrupalla im September 2024 verständigt. Der Parteivorstand nominierte Weidel daraufhin Anfang Dezember offiziell als Kandidatin. Dem stimmten die Delegierten beim vorgezogenen Bundesparteitag im Januar 2025 in Riesa zu. Bei der letzten Wahl 2021 hatte die Partei keinen Kanzlerkandidaten.
Im Wahlkampf 2025 wurden auch die persönlichen Lebensumstände der Spitzenkandidatin zum Thema. Weidel brach ein ZDF-Interview nach der Frage ab, wie oft sie in ihrem deutschen Wahlkreis übernachte. Sie gab an, auch einen Wohnort in der Schweiz zu haben. Für Kritik und Schlagzeilen sorgten auch Aussagen der Kandidatin, Adolf Hitler sei ein "Kommunist" gewesen.
Für welche Inhalte steht die AfD im Wahlkampf?
Ende November 2024 hatte die Parteiführung einen Entwurf zum Wahlprogramm der AfD vorgestellt. Diesen verschärften die Delegierten des Bundesparteitags in Riesa jedoch an vielen Stellen.
So wurde unter anderem der umstrittene Begriff "Remigration" ins Programm aufgenommen. Der Begriff, der in der ursprünglichen Version der Parteiführung noch fehlte, bezeichnet eine umfassende Abschiebung von Menschen mit Migrationshintergrund in ihre Herkunftsländer und steht für eine Verschärfung der Migrationspolitik.
So will die AfD auch Sozialleistungen für Asylbewerber in Sachleistungen umwandeln und Leistungen für Ausreisepflichtige senken. Geflüchtete sollen an der Grenze in Gewahrsamszentren gestoppt und Asylverfahren ins Ausland verlagert werden. Jugendliche sollen schon ab zwölf Jahren strafmündig sein; derzeit liegt die Grenze bei 14 Jahren.
Darüber hinaus fordert die AfD den Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union und aus dem Euro-System. Im Wahlprogramm wird eine Volksabstimmung über den "Dexit" vorgeschlagen. Zugleich bekennt sich die AfD zur NATO-Mitgliedschaft Deutschlands "bis zum Aufbau eines unabhängigen und handlungsfähigen europäischen Militärbündnisses".
Die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland wird abgelehnt, ebenso wie Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Zudem soll es keine Finanzhilfen mehr für die Ukraine geben. Ein Antrag auf eine Änderung, die Russland klar für den Angriff auf die Ukraine kritisiert hätte, scheiterte auf dem Parteitag.
Weiterer Schwerpunkt im Wahlprogramm ist die Senkung der Energiekosten. Die zuletzt abgeschalteten Atomkraftwerke sollen wieder ans Netz gehen und neue Meiler gebaut werden. Gefordert wird zudem, die zerstörten Nord-Stream-Gasleitungen aus Russland wieder instand zu setzen und die Laufzeit von Kohlekraftwerken zu verlängern.
Ausstieg aus Klimaabkommen und konservatives Familienbild
Beim Klimawandel nimmt die AfD die Position ein, dass der Anteil des Menschen daran "wissenschaftlich ungeklärt" sei. Die Partei will deshalb "aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen".
Nach dem Willen der AfD sollen die Unternehmens- und Einkommenssteuern deutlich gesenkt werden. Auch der Steuerfreibetrag auf Einkommen solle erhöht werden. Die Steuersenkungen will die Partei mit Einsparungen im sozialen Bereich, etwa beim Bürgergeld, gegenfinanzieren.
Gesellschaftspolitisch tritt die AfD für ein konservatives Familienbild ein. Der Parteitag ließ die Familiendefinition explizit als Einheit von Vater, Mutter und Kind hinzufügen. Spitzenkandidatin Weidel, die mit einer Frau zusammenlebt, musste sich dazu im Wahlkampf kritischen Fragen stellen. Einen angeblichen "Trans-Gender-Hype" lehnt die AfD ab. Die Möglichkeit von Abtreibungen will die AfD deutlich einschränken.
Mit welchen Problemen kämpft die AfD?
Wenige Tage vor der Wahl gab es Berichte über eine mögliche neue Parteispendenaffäre bei der AfD. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ und die österreichische Zeitung „Der Standard“ berichten, eine Spende in Höhe von 2,35 Millionen Euro an die AfD sei vermutlich nicht wie bei der Bundestagsverwaltung angegeben von einem früheren Politiker der rechtspopulistischen FPÖ aus Österreich gekommen. Stattdessen stamme sie offenbar von einem deutschen Immobilienhändler.
Auf Landesebene werden drei AfD-Verbände von den dortigen Verfassungsschutzämtern als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft: in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Darüber hinaus bewertet das Bundesamt für Verfassungsschutz auch die „Junge Alternative für Deutschland“ (JA), die bisherige AfD-Jugendorganisation, als „gesichert rechtsextremistisch“.
Angesichts eines möglicherweise drohenden Verbots der JA beschloss die Partei, die Nachwuchsorganisation der AfD neu zu organisieren. Der Verein JA soll durch eine neue Parteijugend ersetzt werden, der dann offiziell Teil der AfD wäre.
Auf Bundesebene gilt die Gesamtpartei nach Einschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutz seit März 2021 als „rechtsextremistischer Verdachtsfall“. Ob die AfD auf Bundesebene als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft wird, will das Amt vor der Bundestagswahl nicht mehr entscheiden. Mit Blick auf die Chancengleichheit der Parteien hätte eine solche Entscheidung kurz vor der Wahl als juristisch problematisch ausgelegt werden.
113 Bundestagsabgeordnete verschiedener Fraktionen haben bei Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) einen Antrag auf ein AfD-Verbotsverfahren abgegeben. Sie wollen, dass das Parlament ein Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht einleitet. Wegen der anstehenden Neuwahlen wurde nicht mehr über den Antrag abgestimmt.
Die fraktionsübergreifende Initiative wirft der AfD unter anderem vor, sich gegen Prinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu stellen und damit gegen das Grundgesetz zu verstoßen. Das Verbotsverfahren ist umstritten: Manche befürchten, dass ein solcher Schritt der Demokratie schaden könnte. Über ein AfD-Verbot ist in der Vergangenheit immer wieder diskutiert worden.
Für den Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte macht die AfD eine "menschenverachtende Politik in ihrer Programmatik". Die Partei zeige "ganz deutlich" ihren "völkischen Nationalismus", sagt der Thüringer Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer. Der Spruch "Alice für Deutschland" spiele mit der SA-Losung "Alles für Deutschland". Der Zentralrat der Juden in Deutschland warnte kurz vor der Wahl erneut vor der AfD. Die Partei stehe unter anderem für "Geschichtsrevisionismus", "Rassismus" und eine "Gefährdung der Religionsfreiheit", teilte der Zentralrat der Juden auf X (ehemals Twitter) mit.
Wie steht die AfD in den Umfragen für die kommende Wahl da?
Die AfD hat in Umfragen zur Bundestagswahl seit der Wahl 2021 stark zugelegt. Momentan ist sie zweitstärkste Kraft hinter CDU/CSU. Zudem konnte die Rechtsaußen-Partei zuletzt bei den Landtagswahlen in Thüringen, Brandenburg und Sachsen Wahlerfolge feiern.
Wie stehen die Chancen der AfD auf eine Regierungsbeteiligung nach der kommenden Bundestagswahl?
Die Frage, ob die AfD künftig mitregieren darf oder zumindest entscheidenden Einfluss auf die Politik bekommt, prägte zwischenzeitlich den Wahlkampf. Auslöser dieser Debatte: CDU und CSU hatten Ende Januar erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik dank Stimmen der AfD einen Antrag im Bundestag durchgebracht. Dass der Fünf-Punkte-Plan zur Migrationspolitik nur mit den Stimmen der in Teilen rechtsextremen Partei eine Mehrheit erreichte, löste bundesweit Kritik und Massendemonstrationen aus.
Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ging auf Distanz zum Vorgehen von Merz. Die AfD-Abgeordneten im Bundestag feierten das Ereignis begeistert und höhnisch als Ende der "Brandmauer". Wenige Tage später scheiterte ein Unions-Gesetzentwurf zur Migrationspolitik im Bundestag - zwar stimmte die AfD zu, doch Kritiker aus Union und FDP verweigerten ihre Zustimmung.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warf Merz einen "Tabubruch" und "Wortbruch", in Bezug auf die Frage der Zusammenarbeit mit der AfD vor. Der CDU-Chef betont seitdem immer wieder, eine Koalition mit der AfD sei ausgeschlossen.
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