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AfD in Brandenburg
Rechts im Abseits

Die Alternative für Deutschland rückt – vor allem im Osten Deutschlands - immer weiter nach rechts. Das sorgt für Streit in der Führungsspitze. Die Umfragewerte der Partei werden immer schlechter.

Von Vanja Budde | 02.04.2015
    Alexander Gauland sitzt am 09.02.2014 in Diedersdorf (Brandenburg) auf dem außerordentlichen Parteitag des Brandenburger Landesverbandes der Alternative für Deutschland (AfD) auf dem Podium.
    Alexander Gauland, Alternative für Deutschland (AfD) (picture alliance / dpa / Foto: Bernd Settnik)
    "Das geht so nicht, das geht so nicht. Dann gehen Sie doch in Ihre Veranstaltung, dann machen Sie doch eine eigene Veranstaltung. Das ist hier die AfD und Sie versuchen hier... Lassen Sie mich doch in Ruhe."
    Den Bürgerabend in der Gemeinde Blankenfelde-Mahlow unter dem Titel "Wie viel Einwanderung verträgt das Land?" hatte die AfD sich anders vorgestellt: Die Hälfte der etwa 50 Teilnehmer wendet sich energisch gegen Ressentiments und Rufe nach Abschiebung, wie sie die "Alternative für Deutschland" laut werden lässt.
    "Zu sagen, dass wir soziale Brennpunkte schaffen, wenn wir die unterbringen, das ist sicher keine Lösung. Was sind denn ihre Lösungen?"
    AfD-Vertreter Roland Hahn: "So lange die Bundesregierung keine Quote setzt, werden wir hier das Problem gar nicht gelöst kriegen."
    Stimmengewirr, Protest.
    "Das ist doch nicht konstruktiv, was Sie sagen! Fakt ist doch, das wir es lösen müssen! Und ich sage Ihnen als Bürger von Blankenfelde-Mahlow: Wir werden es lösen!"
    Auch im Potsdamer Landtag trifft die AfD zunehmend auf Widerstand. Zunächst hatten die anderen Parteien kein Konzept für den Umgang mit dem Neuzugang. Mittlerweile wenden sie sich mit deutlichen Worten gegen die Tiraden des Parteichefs. Der 74-jährige Alexander Gauland bleibt bei dem, was ihn ins Parlament gebracht hat: Obwohl das dünn besiedelte Brandenburg nur drei Prozent der Flüchtlinge in Deutschland aufnehmen muss, schürt er fleißig diffuse Ängste in der Bevölkerung, ein bekanntes Erfolgsrezept neuer Parteien.
    "Jeden Monat werden neue Flüchtlingsheime wie Pilze aus dem Boden schießen, die dann kurze Zeit später aus allen Nähten platzen. Ja, ich weiß, ich weiß. Das hören Sie alles nicht gern. Dann werden Sie es wieder im Wahlkampf hören müssen. Mein Gott, was unerträglich ist, müssen Sie schon den Menschen draußen überlassen. Sie sind in Ihrem Wegschauen vor diesen Problemen unerträglich. Sie haben uns groß gemacht, indem Sie ununterbrochen vor diesen Problemen wegschauen. Nein, Sie werden es nie verstehen, bis wir ungefähr bei 20, 25 Prozent sind."
    Mit dem vermeintlichen Nimbus des Tabubrechers versucht Gauland sein Klientel bei der Stange zu halten. Doch dieser Umgang mit der Not von Menschen, die vor Kriegen, Hunger und islamistischem Terror auf der Flucht sind, sorgt im Potsdamer Parlament regelmäßig für Eklats. SPD und CDU sind sich in der Ablehnung Gaulands mittlerweile ebenso einig, wie die Fraktionsvorsitzenden der Linken und Grünen.
    Kritik am Rechtsruck auch innerhalb der Partei
    "So viel offenen Rassismus wie gerade hat dieses Haus noch nie erlebt."
    "Dazu zählt nicht nur das unappetitliche Zerrbild einer von den kriminellen Ausländern bedrohten Brandenburger Bevölkerung, dazu zählt für mich in erster Linie Ihre unerträgliche Hetze gegen Flüchtlinge, der ich hier auch entschieden entgegentreten möchte."
    Doch auch in der AfD selbst sorgt der Rechtsdrall für massive Konflikte: Alexander Gauland hat als Frontmann des nationalkonservativen, rechtspopulistischen Lagers Mitte März die "Erfurter Erklärung" des Thüringer Fraktionschefs Björn Höcke unterzeichnet. Der definiert die Partei darin als – "Bewegung unseres Volkes" gegen Gesellschaftsexperimente wie Gender Mainstreaming und Multikulturalismus". Ex-BDI-Chef Hans-Olaf Henkel, der für den wirtschaftsliberalen Zweig der AfD steht, warf den ostdeutschen Mitgliedern daraufhin Ausländerfeindlichkeit vor und völkisches Gedankengut.
    Auch der Potsdamer Rechtsextremismus-Experte Gideon Botsch sieht die hiesige AfD als ein entsprechendes Sammelbecken:
    "In Brandenburg müssen wir davon ausgehen, dass die 27.000 Stimmen von den "Anderen", die die AfD dazugewonnen hat, zum größten Teil Rechtswählerstimmen sind."
    Die aktuelle Erhebung von Forsa sieht die AfD bundesweit nur noch bei sechs Prozent. Folge auch ihres Auftretens in den Ost-Parlamenten und des internen Führungsstreites, mit dem die selbst ernannte "Alternative für Deutschland" in der Öffentlichkeit vor allem präsent ist. Die täglich neuen Wendungen der Griechenland-Krise könnten ja eigentlich ein gefundenes Fressen für die AfD sein.
    Bei ihrer Gründung im Februar 2013 ist sie schließlich als Euro-kritische Partei angetreten. Und auch das Freihandelsabkommen TTIP wird derzeit viel diskutiert - aber nicht von der AfD. Die ist vor allem mit Selbstzerfleischung beschäftigt.
    "Im Moment muss ich sagen, ist das ein wild zusammengewürfelter Haufen, der sehr viel mit aufnimmt und bereit da auch sehr viel mit aufzunehmen an Milieu, das einfach sehr tief in diesem Nationalismus wurzelt, sehr tief in dieser Abscheu gegen das Abweichende, gegen das Fremde, gegen Frauenemanzipation und so weiter wurzelt. Und dieses Milieu loszuwerden, wenn man eine entsprechende politische Agenda als Schlüsselrezept hat, da bin ich gespannt, wie das gelingen wird."