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AfD in Sachsen
Schützenhilfe von Björn Höcke

Bei den letzten Bundestagswahlen 2017 und den Europawahlen im Mai wurde die AfD in Sachsen stärkste Kraft. Um auch bei den kommenden Landtagswahlen bei ihren Anhängern zu punkten, holte sich die Partei Unterstützung von Thüringens AfD-Chef Björn Höcke. Eine realistische Machtoption hat sie trotzdem nicht.

Von Bastian Brandau |
09.08.2019, Sachsen, Grimma: Björn Höcke, Vorsitzender der AfD in Thüringen, spricht bei einer Wahlkampfveranstaltung seiner Partei im Rathaus.
Das überwiegend männliche Publikum war begeistert von Höckes Rede (picture-alliance / dpa / Sebastian Kahnert)
Es ist heiß und stickig im Grimmaer Rathaus, einem prächtigen Renaissancebau im Zentrum des Städtchens bei Leipzig. Der Saal in der ersten Etage ist mit gut 200 Menschen gefüllt. Der Anteil der meist älteren Männer liegt bei über 80 Prozent. Auch junge Männer in T-Shirts einschlägiger Marken der extremen Rechten sind da. 28 Prozent der Stimmen holte die AfD in Grimma bei der Europawahl.
Der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke malt ein düsteres Untergangsszenario für Deutschland und die Welt, spricht von der sogenannten "One-World Elite", einer auch antisemitisch auslegbaren Verschwörungstheorie. Höckes Rede ist geprägt von völkischem Nationalismus. Die Deutschen, so sagt er, drohten zur Minderheit im eigenen Land zu werden. Die Bemühungen zum Klimaschutz zieht er ins Lächerliche, lobt stattdessen die Kohle. Den Kampf gegen rechts will Höcke, der im Oktober bei der Wahl in Thüringen antritt, einstellen.
Landtagswahl Sachsen 2019
Was Sie über die Wahl in Sachsen wissen müssen (dpa / ZB / Peter Endig )
"Also es ist ein Erlebnis einmal mit Björn Höcke in einem Saal zu sein und ihm zuzuhören. Ich weiß nicht, wie Sie das hier empfunden haben, aber ich habe mich hier sehr wohlgefühlt."
Begeisterter Beifall für Höcke
Seinetwegen sind sie an diesem Abend nach Grimma gekommen. Wegen des Anführers des AfD-Flügels, den der Verfassungsschutz als "Verdachtsfall" führt. Der sich rassistisch geäußert hat und eine andere Erinnerungspolitik an die NS-Zeit fordert. Es dauert, jemanden zu finden, der ins Mikrofon sagen will, welche Eindrücke er vom Abend mitnimmt.
"Positive Eindrücke. Für Deutschland." - "Was überzeugt Sie davon?" - "Schauen Sie mal ins Programm, lesen Sie das Programm. Und dann wissen Sie die Antwort." - "Alles hat mir gefallen, die Reden waren sensationell wie immer. Wir sind AfD-Mitglieder." - "Was überzeugt Sie an der Partei?" - "Oh Gott, das wäre jetzt so viel, was ich Ihnen jetzt erzählen müsste. " - "Was sind vielleicht die drei wichtigsten Dinge, die Sie überzeugen?" - "Helf mir mal jetzt, die drei wichtigen drei Dinge." - "Ja vor allen Dingen, dass es wieder so wird wie es früher war, was auch die CDU früher gefordert hat."
Und Höcke? Sei weder Rassist noch rechtsextrem:
"Also ich stehe zu Höcke. Und gerade auch die sächsische AfD sowieso auch."
09.08.2019, Sachsen, Grimma: Die Teilnehmerin einer Gegendemonstration hält auf dem Marktplatz ein Transparent mit der Aufschrift "Nie wieder". 
Vor dem Rathaus fand ein Fest der Demokratie statt (picture-alliance / dpa / Sebastian Kahnert)
Auch Landtagskandidat Jörg Dornau spricht an diesem Abend. Er ist es, der Höcke zur Unterstützung eingeladen hat. Ihm gehe es um eine sächsische Identität, sagt Dornau.
"Das ist wichtig, dass wir ein bisschen mehr auf unsere Werte gehen, dieser Genderwahn wieder abgeschafft wird, zurückgefahren wird. Brauchen wir alles nicht. Wir müssen auch in den Schulen wieder mehr Naturwissenschaften lernen, nicht so viel Ethik und so ein Zeug, das muss alles etwas rausgehalten werden."
CDU schließt Zusammenarbeit mit AfD aus
Doch so sehr am diesem Abend Björn Höcke, Andreas Kalbitz und Jörg Urban als kommende Ministerpräsidenten gefeiert werden. Eine realistische Machtoption hat die AfD auch in Sachsen nicht. Die CDU von Ministerpräsident Kretschmer schließt eine Zusammenarbeit mit der AfD aus. AfD-Kandidat Dornau:
"Die CDU, die muss sich selbst mal wieder dahin bringen, wo sie mal waren. Und Sie haben es ja auch in den Reden gehört: Viele Leute in diesem Raum haben vor vielen Jahren und nach der Wende halt die CDU gewählt. Das war die Einheitspolitik von Helmut Kohl und Waigel. Aber was ist draus geworden, was haben Sie aus unserem Land gemacht?"
Musik von Sebastian Krumbiegel: "Die Demokratie ist weiblich."
Durch die offenen Fenster des sanierten Rathauses dringt während der Veranstaltung immer wieder Musik. Vor dem Rathaus findet den ganzen Abend das Fest der Demokratie statt. Mit dabei sind Kirchen und Gewerkschaften, von den Parteien die Linke, Grüne und die SPD. Der SPD-Landtagskandidat Ingo Runge:
"Die Ankündigung, hier mit Herrn Höcke, eine Veranstaltung zu machen, war für uns innerhalb von Stunden in der Stadt ein Auslöser zu sagen, das möchten wir eigentlich nicht unkommentiert lassen, sondern wir müssen etwas dagegen setzen, nämlich ein Zeichen, dass wir für unsere Demokratie hier einstehen. Und nicht das wollen, was Herr Höcke mit der AfD will, nämlich die Menschen trennen, ausgrenzen und auseinandertreiben. Sondern wir wollen eigentlich gemeinsam für positive Werte in der Stadt stehen."
Hoffnung auf Direktmandat
Nicht dabei ist an diesem Abend die CDU. Und der Oberbürgermeister von den Freien Wählern hatte in einem Brief sogar vor möglichen Beschädigungen an Fahrzeugen gewarnt. In den Kampf um das Direktmandat können die auf Kommunalebene starken Freien Wähler in Sachsen nicht eingreifen, ihre Unterlagen für die Direktmandate wies der Landeswahlausschuss aus formalen Gründen zurück. So macht sich AfD-Mann Dornau Hoffnungen auf das Mandat in Grimma, das zuletzt immer ein CDU-Politiker holte:
"Na gut, das letzte Mal mit der CDU ist ja ein ganzes Stück her, es ist in der Zeit viel passiert. Ich denke die Leute sind aufgewacht. Und ich sehe für mich hier natürlich ganz klare Chancen."