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AfD-Ko-Vorsitzender Meuthen
"Ich glaube, dass ich da der richtige Mann an der richtigen Stelle bin"

Er habe sich bewusst entschieden, Europapolitik zu machen, sagt der Ko-Vorsitzende der AfD Jörg Meuthen im Dlf, der für die Partei im Europaparlament sitzt. Die Bedeutung der EU-Politik werde häufig unterschätzt. Einer möglichen Spitzenkandidatur in Sachsen erteilt Meuthen deshalb auch eine Absage.

Jörg Meuthen im Gespräch von Volker Finthammer |
    Der Co-Vorsitzende der AfD, Jörg Meuthen, bei einer Rede auf dem Parteikongress in Stuttgart
    Jörg Meuthen hat das einzige AfD-Mandat im Europarlament inne (AFP/ Philipp Guelland)
    Finthammer: Herr Meuthen, die SPD-Mitglieder haben am vergangenen Sonntag ein deutliches Votum abgegeben und Ihnen damit ja eigentlich ein Geschenk gemacht. Am kommenden Mittwoch wird die Große Koalition ihre Arbeit aufnehmen, und die AfD ist dann die führende Oppositionspartei im deutschen Bundestag. Auf was müssen wir uns da einstellen?
    Meuthen: Darauf, dass die AfD diesem Auftrag, stärkste Oppositionskraft im Bundestag zu sein, gerecht wird. Das können Sie ja jetzt schon sehen. Die Debatten im Bundestag sind viel lebhafter, werden übrigens auch viel mehr wahrgenommen als in den vier Jahren zuvor. Ich glaube, aus den letzten Monaten bleiben mehr Debatten in Erinnerung als in den vier Jahren zuvor. Und das ist jetzt die reine Plenumsarbeit, auch Sacharbeit ist zu erwarten. Wir machen halt das, was eine Opposition macht: alternative Vorschläge.
    "Man muss die professionelle Parlamentsarbeit lernen"
    Finthammer: Bislang waren aber viele Auftritte Ihrer Kollegen im Bundestag wenig überzeugend und oftmals sogar wurden sie vorgeführt, weil sie sachlich nicht haltbar waren. Selbst Alexander Gauland spricht von einer mangelnden Professionalität. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
    Meuthen: Also meine Wahrnehmung ist zunächst mal eine andere. Ich habe so viele gute Auftritte der Fraktionsmitglieder im Bundestag meiner Partei gesehen, dass ich wirklich beeindruckt bin. Ich habe da auch schon manches Kompliment ausgesprochen. Ich finde, dass es insgesamt ein guter Start ist. Sie müssen sich auf der anderen Seite natürlich auch bewusst machen, dass von den 92 Abgeordneten, die wir da haben, viele zum ersten Mal überhaupt in einem Parlament sitzen und tatsächlich muss man die professionelle Parlamentsarbeit lernen. Das ist ein Lernprozess, und in meiner Beurteilung ist der sehr schnell, sehr gut vorangekommen, und wir machen da eine sehr ordentliche Arbeit.
    Finthammer: Alexander Gauland und Alice Weidel haben die Flüchtlings- und die Europapolitik als die zentralen Punkte genannt, wo man mal, um Alexander Gauland an dieser Stelle zu zitieren "die Regierung jagen will". Das ist ein enges Korsett angesichts der vielen Fragen, die ja beispielsweise im Koalitionsvertrag behandelt werden. Haben Sie zu den anderen Themen bislang nichts zu sagen oder sollen die nicht so in den Fokus rücken?
    Meuthen: Also wenn man Schwerpunkte nennt, heißt das ja nicht, dass die anderen Themen irrelevant sind. Wir hatten ja ein Bundestagswahlprogramm, wir haben ein Parteiprogramm, das alle Politikfelder abbildet. Und wenn jetzt Gauland und Weidel als Fraktionsführer sagen, das werden die Schwerpunkte dessen sein, wo wir die Regierenden stellen wollen, dann finde ich das völlig in Ordnung. Das heißt ja nicht, dass das andere nicht vorkommt. Und Sie können ja an der Vielzahl der eingebrachten Beiträge, auch der Anträge, sehen, dass wir alle Politikfelder bedienen.
    "Wir halten Heiko Maas für einen ausgesprochen schwachen Politiker"
    Finthammer: Der von Ihnen und der AfD schon oftmals angefeindete SPD Minister Heiko Maas wird jetzt Außenminister. Setzen Sie diese Fehde gegen Heiko Maas jetzt verstärkt fort, die Sie schon seit langem führen?
    Meuthen: Also wir haben gegen Heiko Maas Bedenken gehabt und haben sie fortbestehend in der Funktion, die er als Justizminister wahrgenommen hat. Heiko Maas steht nun auch innerhalb der SPD für eine dezidiert sehr linke Politik. Und was uns insbesondere gestört hat ist eben dieses – oder stört andauernd – ist dieses Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das wir als Zensurgesetz bezeichnen. Was von der Formulierung und dem, was da stattfindet, für meine Begriffe auch gerechter wird. Der Streit richtet sich nicht gegen die Person, sondern er richtet sich gegen die Inhalte seiner Politik, und wir werden jetzt sehen müssen, wie er als Außenminister auftritt. Erst mal halten wir ihn für einen ausgesprochen schwachen Politiker, und es steht uns ja nun frei, das auch zur Kenntnis zu geben.
    Finthammer: Das heißt, Sie geben ihm eine zweite Chance, obwohl Sie in der ersten Reaktion ganz schön auf ihn geschimpft haben?
    Meuthen: Wir müssen sehen, wie jeder, der neu in ein Amt kommt, wie er sich in diesem Amt bewährt. Ich kann ja jetzt nicht von vornherein sagen, Heiko Maas ist ein völlig unfähiger Außenminister. Wir haben aus seiner bisherigen politischen Arbeit massive Bedenken gegen die Person Maas. Das ist so, die wissen wir auch inhaltlich zu begründen, und nun müssen wir eben sehen, wie seine Außenpolitik aussehen wird. Die Außenpolitik der Bundesregierung der letzten Jahre gibt uns eigentlich wenig Anlass zu Optimismus.
    "Wir wollen unser Schiffchen voranbringen"
    Finthammer: Wurmt es Sie denn persönlich nicht, dass Sie die Bühne des Bundestages überhaupt nicht haben? Als EU-Abgeordneter sind Sie doch faktisch kaum wahrnehmbar. Und in der Arbeitsteilung fallen Sie als Parteivorsitzender auch ein wenig hinten runter. Da hat ja fast Frauke Petry mehr Öffentlichkeit als Sie im Moment?
    Meuthen: Nein. Das glaube ich nun nicht, dass Frauke Petry mehr Öffentlichkeit hat. Frauke Petry spielt schlicht, glaube ich, für die große politische Diskussion keine Rolle mehr. Ich fülle meine Rolle aus. Ich habe die Rolle des Parteivorsitzenden zum einen, und die fülle ich sehr kraftvoll aus, das wird in der Partei sicherlich auch jeder gerne bestätigen. Das ist eine Arbeit, die stark nach innen gerichtet ist. Und ich habe mich ganz bewusst entschieden, Europapolitik zu machen, weil – sehen Sie, wir wollen unser Schiffchen, wie ich das immer nenne, voranbringen. Und die AfD ist nun im Bundestag sehr stark vertreten, erfreulicherweise. Sie sitzt ihn 14 Länderparlamenten, wird am Ende dieses Jahres in 16 Länderparlamenten sitzen. Im europäischen Parlament, dessen Bedeutung oft unterschätzt wird für die Gesetzgebung, haben wir sage und schreibe einen Abgeordneten. Und wenn wir das ändern wollen, und wenn wir dort auch kraftvoll vertreten sein wollen, dann muss jemand, der das kann und der auch eine gewisse Prominenz hat, da hingehen. Das mache ich, und ich arbeite da und ich arbeite da gerne. Ich fühle mich da auch sehr wohl. Ich vermisse zuweilen - weil Sie das fragen - das gebe ich gerne zu, das Plenum, das man nicht mehr in dem Maße hat im europäischen Parlament, weil man da oft so "One-Minute-Speeches" hat, und das war es dann. Das habe ich schon im Landtag in Baden-Württemberg, da habe ich die Bühne, die das auch bietet, das Plenum, anders nutzen können. Das geht im EP nicht so. Deswegen arbeite ich sehr stark mit der Technik von Videobotschaften. Und manchmal, wenn ich die anderen im Bundestag reden sehe, denke ich, würde ich auch gerne. Aber man kann nicht alles haben. Und ich halte es für ganz wichtig, dass wir da auch aufbauen, und ich glaube auch, dass ich da der richtige Mann an der richtigen Stelle bin, das will ich kraftvoll vorantreiben.
    Syrienbesuch von AfD-Abgeordneten war nicht zynisch
    Finthammer: Sie hören im Deutschlandfunk das Interview der Woche, heute mit dem AfD-Vorsitzenden Jörg Meuthen. Herr Meuthen, Sie haben in dieser Woche die spontane Syrienreise der AfD-Abgebordneten unterstützt und gut geheißen. Die hat ja für viel Aufsehen gesorgt, besonders im Netz. Haben Sie tatsächlich Grund zu der Annahme, dass die Reisenden vom Assad-Regime nicht benutzt wurden? Die haben friedliche Poolbilder von Hotelanlagen gepostet, während das syrische Regime unweit von Damaskus weiter Krieg gegen die eigene Bevölkerung führt. War das nicht zynisch?
    Meuthen: Nein, das ist nicht zynisch, das darzustellen. Die Lage in Syrien ist zu weiten Teilen zynisch, weil da wirklich friedliches Zusammenleben existiert, und wenige Kilometer weiter herrscht fürchterlichster Krieg. Das ist die Realität. Und ich denke, es ist wichtig, beides abzubilden. Ich unterstütze diese Reise zunächst einmal deswegen, weil: Schauen Sie, wenn wir uns das von hier, von Deutschland, aus anschauen, bekommen wir jetzt widersprüchliche Informationen über Syrien. Da heißt es zum Teil: Weite Teile des Landes sind befriedet und könnten wieder aufgebaut werden. Und auf der anderen Seite sehen wir ganz grauenhafte Kriegsbilder. Und ich glaube, dass es immer gut ist, wenn man die Möglichkeit hat, sich vor Ort zu informieren, das auch zu tun. Dass darin auch das Risiko liegt, dass ein Regime wie das Assad-Regime, das ein Stück weit für Propagandazwecke nutzt, kann man nicht völlig vermeiden, ändert aber nichts daran, dass es sinnvoll ist, hinzugehen. Und statt dass die anderen uns kritisierten, also die anderen Bundestagsparteien, würde ich es durchaus begrüßen, wenn die sich auch vor Ort ein eigenes Bild der Lage machen.
    Finthammer: Die Resonanz im Netz war gewaltig. Da kam ganz häufig der Vorwurf, die Bundesregierung lügt, die zeigt uns gar nicht die Wahrheit, die AfD-Abgeordneten tun es. Glauben Sie wirklich, dass sich die Bundesregierung oder die anderen Parteien oder ganz spezifisch das Außenamt nicht ein Bild der tatsächlichen Lage in Syrien machen, dass wir da mit Fehlinformationen konfrontiert werden?
    Meuthen: Ich gehe davon aus, dass wir mit Fehlinformationen konfrontiert werden von allen Seiten. Das ist auch übrigens im Kriegsgeschehen etwas völlig Normales, und das brauche ich Ihnen als gutem Journalisten nicht erklären, wie so was läuft. Es ist immer gut, sich ein Bild vor Ort zu verschaffen, und ich gehe davon aus, dass wenn meine Abgeordnetenkollegen jetzt zurück kommen und die berichten, dass die mehr über die Lage im Land wissen werden als ich, der ich nicht dort war und auch als andere, die nicht dort waren. Und deswegen begrüße ich es grundsätzlich, dass sie das tun. Ich würde allerdings, das habe ich aber auch schon gesagt, das endet jetzt auch, da kommt nichts Weiteres, ich würde zurückhaltender mit dem Posten von Bildern umgehen, weil die genau die Missverständnisse induzieren, die Sie gerade angesprochen haben. Das würde ich gar nicht tun, sondern ich würde einfach ins Land reisen und schauen, wie ist die Lage und es dann zu Hause analysieren.
    "Wir haben keine erfahrenen Außenpolitiker"
    Finthammer: Bei den Reisenden, die dort unterwegs waren, ist bislang keiner dabei, der sich wirklich außenpolitisch einen Namen gemacht hätte, aber im Netz waren die Reaktionen natürlich gewaltig. Dort gab es viel Zustimmung. Das haben Sie gerade schon gesagt, in der Form, wie das praktiziert wurde, kann man das doch nicht wirklich gutheißen. Ein nüchterner Bericht wäre vielleicht interessanter gewesen.
    Meuthen: Ich bin immer ein großer Freund nüchterner Berichte und glaube, dass es sinnvoll ist, anschließend eine klare Analyse zu machen. Und deswegen bin ich mit dem Posten der Bilder auch nicht glücklich. Das habe ich auch gesagt, und es ist übrigens auch abgestellt. Es wird von dort nichts mehr gepostet bis sie zurück sind. Dessen ungeachtet ist es aber sinnvoll, dass sie da sind, und wenn Sie sagen, die sind außenpolitisch unerfahren, ja, du liebe Güte, wir sind ja AfD und wir sind neu im parlamentarischen Geschehen. Wir haben keine erfahrenen Außenpolitiker. Man muss seine Erfahrungen machen. Die macht man, indem man hingeht, und genau das geschieht. Ich kann denen nun nicht vorwerfen, dass sie nicht 20 Jahre Auslandserfahrung mitbringen.
    Finthammer: Eine Frage, die sich in diesem Zusammenhang auch noch stellt ist die nach der Finanzierung der Reise. Wer hat die Reise finanziert? War es tatsächlich wie behauptet, eine private Reise oder gab es da Einladungen von Dritten?
    Meuthen: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Das weiß ich nicht, weil ich da nicht involviert war. Das werde ich aber erfragen, wenn sie zurück sind. Ich gehe davon aus – es wurde gesagt und so haben wir das im Bundesvorstand dann eben auch zur Kenntnis genommen, dass es eine Privatreise ist. Dann gehe ich selbstverständlich davon aus, dass sie auch privat finanziert ist.
    Poggenburgs Rücktritt: "Respektable" Entscheidung
    Finthammer: Ein weiteres Thema, was für die AfD in dieser Woche Wellen geschlagen hat, ist der Rücktritt von Andre Poggenburg vom Landes- und Fraktionsvorsitz in Sachsen-Anhalt – der angekündigte, er findet ja erst zum Ende des Monats statt. Er begründet seinen Schritt auch mit dem bundesweiten Echo auf seine Rede beim politischen Aschermittwoch in Sachsen. Was sagen Sie denn zu dieser Entscheidung?
    Meuthen: Das ist eine Entscheidung, die ich zunächst einmal deswegen nicht zu kommentieren habe, weil es eine Entscheidung ist von Andre Poggenburg und von der Fraktion in Sachsen-Anhalt, respektive auch vom Landesvorstand in Sachsen-Anhalt, wenn es um den Landesvorsitz geht. Ich halte die Entscheidung in der derzeitigen Situation für respektabel. Ich finde sie auch gut begründet. Ich finde die Art und Weise, wie der Schritt vollzogen wird, angemessen. Wenn wir es auf die Rede, auf die Aschermittwochsrede, allein beziehen….
    Finthammer: Wo von Kümmelhändlern und Kameltreibern die Rede war…
    Meuthen: Da müssen wir doch nicht groß drüber reden. Das war völlig verunglückt und wir haben Andre Poggenburg im Bundesvorstand einstimmig für diese Rede abgemahnt, weil sie Redepassagen enthielt, unter anderem die von Ihnen genannten, die gehen nicht. Und deswegen haben wir gesagt: Hier gibt es eine Abmahnung. Eine Abmahnung ist eine gelbe Karte, die in Fußballersprache gesprochen heißt: So akzeptieren wir das nicht. Das ist Parteischädigung, das ist nicht Linie der Partei. Und deswegen haben wir abgemahnt. Damit war das für uns aber auch erledigt, und der Rest ist ein innerer Vorgang des Landesverbandes Sachsen-Anhalt.
    Finthammer: Das heißt, der Bundesvorstand hat nach der Abmahnung nicht an der weiteren Entscheidung mitgearbeitet, dass es zu dem Schritt kommt?
    Meuthen: Exakt.
    "Verfassungsschutzdiskussion schlichtweg absurd"
    Finthammer: Es gab ja auch die Vermutung - oder begründete Vermutung, die ja selbst Andre Poggenburg ins Spiel gebracht hat, dass man auch Angst haben muss, denn auch das war in der Debatte in dieser Woche, dass die AfD genau wegen solcher Äußerungen, wegen solcher Verhaltensweise künftig stärker vom Verfassungsschutz beobachtet werden könnte. Spielt das für Sie eine Rolle?
    Meuthen: Also ich halte diese Verfassungsschutzdiskussion, die wir da haben – das muss ich Ihnen wirklich sagen – für schlichtweg absurd. Wir sind eine Partei, die strikter als alle anderen Parteien auf Wahrung der Rechtsstaatlichkeit pochen. Wir pochen auf Rechtsstaatlichkeit, Wahrung des Grundgesetzes im Bereich der Migrationspolitik, wo es Verletzungen gegeben hat, im Bereich der Europolitik, seit Jahren, wo es Verletzungen der geltenden Rechtslage gegeben hat. Wir stehen dezidiert und entschlossen für Rechtsstaatlichkeit. Eine solche Partei unter Verfassungsschutzbeobachtung stellen zu wollen finde ich einigermaßen grotesk. Und wenn Sie mir das gestatten, ich finde es auch bezeichnend, dass das nun ausgerechnet vom Verfassungsschutz aus Bayern kommt. Da ist in einem halben Jahr Landtagswahl, und vielleicht besteht da ja ein Zusammenhang.
    "Vertreter von Pegida dürfen bei unseren Veranstaltungen nicht auftreten"
    Finthammer: Die Frage nach dem Umgang mit den Rechten wird sich natürlich auch in anderem Zusammenhang stellen. Sie hören den Deutschlandfunk, das Interview der Woche heute mit Jörg Meuthen, dem Vorsitzenden der Alternative für Deutschland. Herr Meuthen, am vergangenen Wochenende hat der Parteikonvent, das wichtigste Gremium zwischen den Parteitagen, den Weg für die offensive Zusammenarbeit mit Pegida Dresden freigemacht. Was ist Ihnen daran so wichtig?
    Meuthen: Das ist zunächst einmal so nicht richtig. Wir haben nicht den Weg für die offensive Zusammenarbeit freigemacht, sondern es gab einen Beschluss, der ist zwei Jahre alt, der es verbot, dass Redner oder dass AfD-Mitglieder auf Pegida Veranstaltungen reden dürfen. Und wir haben in diesem Beschluss lediglich klargemacht, dass das rechtswidrig ist. Das heißt, wir dürfen das gar nicht verbieten. Das ist nach geltendem Parteiengesetz nicht möglich. Das haben wir gemacht. Der Beschluss als solcher besteht fort. Es besteht zum Beispiel unverändert fort, und das wird medial eigentlich so gar nicht wahrgenommen, dass Vertreter von Pegida zum Beispiel bei unseren Veranstaltungen nicht auftreten dürfen, denn diesen Teil des Verbotes können wir durchsetzen. Den anderen könnten wir gar nicht durchsetzen. Also es wird das Bild erweckt, als würden wir da den Schulterschluss machen, kooperieren. Das sind auch alles Vokabeln, die man dann in der medialen Kommentierung dessen findet. Das ist so nicht zutreffend.
    Finthammer: Aber der mehrfach vorbestrafte Lutz Bachmann hat jetzt schon freudestrahlend Björn Höcke zu einem der nächsten Auftritte nach Dresden eingeladen. Also, da findet doch eigentlich praktisch genau das statt, auch wenn Sie sagen, so ernst haben wir es dann gar nicht gemeint.
    Meuthen: Also ich würde jedem Parteimitglied raten, mit Lutz Bachmann keine Kooperation zu machen und bin eigentlich auch zuversichtlich, dass es dabei bleiben wird.
    "Ich will mit radikalen Positionen nichts zu tun haben"
    Finthammer: Müssen Sie denn nicht fürchten, dass das konservativ-liberale Lager, das es in Ihrer Partei nun mal auch gibt, die enttäuschten CDU-, die enttäuschten FDP-Wähler, dass die wieder aus der AfD oder der AfD fernbleiben, weil sie mit diesen radikalen Ansichten, die da zum Teil geäußert werden, nichts zu tun haben wollen?
    Meuthen: Ich will selbst mit radikalen Positionen nichts zu tun haben. Ich komme auch aus dem konservativ-liberalen Lager. Ich habe aber - vielleicht auch dadurch dass ich die Parteiführung nicht erst seit gestern mache, sondern schon eine ganze Weile - gelernt, dass es unterschiedliche regionale Befindlichkeiten gibt. Und hier geht es um Pegida Dresden. Und wenn der sächsische Landesverband darum bittet, hier ein striktes Verbot, dort überhaupt auftreten zu dürfen, was nicht mal rechtlich gedeckt ist, aufzuheben, dann kann ich das verstehen. Das birgt in sich die Gefahr, diese Unruhe gibt es durchaus, dass es in westlichen Landesverbänden kritisch aufgenommen wird. Das haben wir. Das muss man dann eben kommunizieren. Das tue ich und versuche, Verständnis dafür zu wecken, dass man es in Sachsen etwas anders sieht als man das vielleicht in Hamburg oder in Düsseldorf sieht.
    Finthammer: Viel Ihrer Kommunikation findet ja gerade über Facebook statt. Da will ich mal einen User zitieren. Der hat geschrieben: Guten Morgen, AfD. Ich habe euch gewählt. Macht jetzt bitte nicht den Fehler, in abenteuerlicher Weise einen weiteren, unkontrollierten Rechtsruck zu inszenieren. Das ginge mit Sicherheit auf Kosten der noch nicht gefestigten Wählerschaft.
    Meuthen: Ja, das ist genau das, weswegen wir sauber kommunizieren müssen. Ich kenne solche Posts in großer Zahl. Ich kenne sie aber auch durchaus in eine andere Richtung. Das muss man sorgsam austarieren. Ich sage es wieder und wieder: Dieser Rechtsruck ist etwas, was sehr stark herbei geschrieben wird. Es ist kein Rechtsruck. Auch diese Entscheidung des Konvents. Die haben wir uns nicht leicht gemacht. Da haben 50 Leute stundenlang drüber diskutiert, inwieweit machen wir das und inwieweit machen wir das nicht. Das ist ein sehr verantwortungsbewusster Beschluss, von dem ich dann davon ausgehe, dass damit auch verantwortungsbewusst umgegangen wird. Es ist kein Rechtsruck. Es wird als solcher aber gerne kolportiert, und wir müssen eben - gerade ich auch in meiner Funktion - dafür Sorge tragen, dass sich dieses falsche Bild nicht verfestigt.
    "Wir haben deutlich mehr Wähler in Bayern und Hessen als in den östlichen Ländern"
    Finthammer: Aber Ihre Strategie ist doch eigentlich relativ leicht zu durchschauen. 2019 sind Landtagswahlen in Sachsen, in Thüringen, in Brandenburg. Und da wollen Sie sich Pegida doch als lautstarke Vorfeldorganisation zunutze machen, um den ganz rechten Rand dann doch noch aufsammeln zu können?
    Meuthen: Nein. In Sachsen ist die besondere Lage die, dass es da auch die Überlegung offensichtlich gegeben hat, bei Pegida selbst, mit diesem Bündnis zur Landtagswahl anzutreten. Und nun ist es ja so, dass bei Pegida nun nicht nur ein Herr Bachmann unterwegs ist, sondern da sind relativ viele besorgte Bürger, die im Kern unsere Positionen teilen. Und zu sagen: Wir ignorieren das nun vollständig und lassen die auch gegebenenfalls gegen uns antreten wäre politisch, glaube ich, unklug. Übrigens sind vorher andere Landtagswahlen. Sie müssen sehen, dass wir da durchaus auch etwas riskieren. Bei den Bayern und Hessen, wo in diesem Jahr Landtagswahlen sind, ist die Wahrnehmung dessen, was wir das beschlossen haben, ja durchaus auch kritisch. Das heißt, es ist auch mit zu berücksichtigen und ich bitte da einfach, nicht den Vorwurf zu machen, wir äugten da nur nach Mehrheiten im Osten. Wir haben deutlich mehr Wähler in Bayern und Hessen als in den östlichen Ländern, in denen 2019 gewählt wird. Und die Wahlen sind früher.
    "Habe für mich entschlossen, dass ich diese Arbeit im Europaparlament machen möchte"
    Finthammer: Aber die Ostländer sind die, wo man sich insgesamt große Hoffnungen machen kann nach dem sehr guten Abschneiden beispielsweise bei der letzten Bundestagswahl. Was ist denn dran an den Spekulationen, dass Sie als Spitzenkandidat in den sächsischen Wahlkampf ziehen könnten?
    Meuthen: Exakt nichts.
    Finthammer: Aber der Landesvorsitzende und der Parteitag, Jörg Urban, die hatten Ihnen das schon angeboten, weil sie ein starkes Zugpferd suchen. Und das wäre ja dann die Bühne, die für Sie letztlich interessant sein könnte.
    Meuthen: Ich habe entsprechende Gesprächsangebote gehabt. Das ist auch bekannt, die brauche ich auch nicht zu dementieren. Ich habe aber für mich entschlossen, dass ich diese Arbeit im Europaparlament machen möchte. Ich möchte zunächst einmal - das ist experimentell - ich habe das in Baden-Württemberg gemacht, da haben wir jetzt ein sehr starke Landtagsfraktion, sind dort auch Oppositionsführer. Und ich möchte als nächstes eher Aufbauarbeit im europäischen Parlament machen. Wir haben Europawahl 2019, und meine Zielsetzung ist, dort in ganz prominenter Position zu kandidieren. Die fünf Jahre Europaparlament dort zu machen und nicht nach Sachsen zu gehen, weil ich glaube, dass die Sachsen besser beraten sind, wenn sie einen Kandidaten aus den eigenen Reihen sich suchen.
    Finthammer: Dann bleibe ich noch einmal in Sachsen. Frauke Petry mit den Blauen ist ja dort auch ziemlich aktiv. Kann die Ihnen bei all den Mehrheitshoffnungen, die Sie dort haben, doch noch gefährlich werden?
    Meuthen: Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube einfach, dass das Thema durch ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Frau Petry mit dieser neuen Bewegung, die sie da versucht, ins Leben zu rufen, eine signifikante politische Rolle spielen wird. Auch in Sachsen nicht. Bundesweit sowieso nicht.
    "Steve Bannon ist ein absoluter Medienprofi"
    Finthammer: Sie hören den Deutschlandfunk, das Interview der Woche heute mit Jörg Meuthen, Vorsitzender der AfD. Herr Meuthen, in den USA ist Steve Bannon aus der Regierung und aus dem Online Magazin Breitbart rausgeflogen, das ja maßgeblich zu Trumps Wahlsieg beigetragen hat. Alice Weidel traf sich diese Woche mit ihm in Zürich, weil er die AfD beim Aufbau eines eigenen Newsrooms unterstützen soll. Wollen Sie künftig also auch Fake News als alternative Fakten verkaufen und damit in Deutschland Stimmung machen?
    Meuthen: Nein. Ich finde es gut, dass Frau Weidel das gemacht hat. Bannon ist ein absoluter Medienprofi und ich denke, dass so ein Gespräch ein fruchtbares sein kann. Aber hier geht es ja nicht um Fake News und was den Aufbau des Newsrooms anbelangt der Fraktion, da haben Sie in mir wirklich den falschen Gesprächspartner, da müssen Sie mit den Leuten aus der Fraktion sprechen. Hier geht es aber darum, einen eigenen Medienapparat aufzubauen, was ich für eine grundsätzlich richtige und kluge Sache halte. Es geht aber nicht um Fake News, ich bitte Sie.
    Finthammer: Also es geht nicht um die Medienarbeit der Partei, sondern nur um die Medienarbeit der Fraktion, verstehe ich Sie da richtig?
    Meuthen: Natürlich. Es kann nicht mit Parteiarbeit gemacht werden, das wäre nämlich gesetzlich nicht abgedeckt. Also ich kann zum Beispiel diesen Newsroom nicht nutzen als Parteivorsitzender. Wenn Sie mit Fraktionsgeldern Parteiarbeit machen, dann haben Sie sehr schnell ein rechtliches Problem mit der Bundestagsverwaltung – mit Recht.
    "Die EU braucht nicht mehr, sondern weniger Geld"
    Finthammer: Sie sind Abgeordneter des EU-Parlaments, und wenn ich mir Ihre täglichen Kommentare auf Facebook anschaue, dann spielt da Europa aber kaum eine Rolle. In den letzten Tagen kein Wort zur Debatte um die US Strafzölle, kein Wort zu den Brexit Plänen von Theresa May. Sind Ihnen diese Fragen nicht wichtig genug? Denn es werden in Ihren Posts fast ausschließlich nur innenpolitische deutsche Themen behandelt.
    Meuthen: Das halte ich für eine Fehlwahrnehmung. Ich habe sehr, sehr viele Posts. Gerade heute geht eine Videobotschaft von mir speziell zur EU-Politik noch online. Ich spiele in jeder Woche mehrere EU Themen und ich habe zum Beispiel zum Thema Brexit sehr viel gearbeitet, aktive Posts gemacht. Ich habe mich dezidiert dazu geäußert, wie man innerhalb des europäischen Parlaments mit den Vorstellungen umgeht der freiwerdenden Sitze der Briten. Wo ich klar die Position beziehe, diese Sitze sollten wegfallen. Ich habe mich klar zu den Finanzverhandlungen geäußert, habe gesagt, die EU braucht nicht mehr, sondern weniger Geld. Das kann ich nun auch dezidiert begründen, warum ich diese Auffassung habe. Das tue ich auch öffentlich. Ich habe mit zu der Arbeit des europäischen Parlaments zu den Dublin-Verhandlungen geäußert und ich bringe dort immer wieder eigene Vorschläge ein in das europäische Parlament. Also die Aufgabe nehme ich schon sehr ernst. Ich muss aber auf meiner Facebook Seite, auf meinen Posts, natürlich auch die innenpolitische Rolle spielen. Ich bin Parteivorsitzender, das heißt, ich habe sozusagen zwei Hüte auf dem Kopf. Das heißt, ich muss beides machen und ich mache auch beides.
    "Bin gar nicht für den Brexit"
    Finthammer: Sie stehen aber und begrüßen weiterhin die Brexit Entscheidung, denn in Großbritannien wird es ja dann doch mittlerweile vielen mulmig, weil man so langsam erkennt, was das ökonomisch alles bedeuten könnte, wenn man sich isoliert.
    Meuthen: Ja, nun bin ich ja Ökonom und es ist von vielen Ökonomen sozusagen der Niedergang Großbritanniens an die Wand gemalt worden für den Fall, dass der Brexit sich vollzöge. Der ist bis jetzt nicht erkennbar. Es mag das eine oder andere Problem - es gibt übrigens auch deswegen Probleme, weil die europäische Union sich da sehr, sehr sperrig in den Brexit Verhandlungen gebiert, offensichtlich aus Sorge, dass es weitere Austritte geben könnte, versucht man, die Konditionen für Großbritannien zu unangenehm wie möglich zu gestalten. Ich glaube nicht, dass das eine probate Strategie ist. Aber bin gar nicht für den Brexit. Ich bedauere ihn sogar, weil die Briten nämlich kostbare und wichtige Partner in der europäischen Union sind, die künftig wegfallen. Und gerade die britische Position ist eine Position in vielen Bereichen, die ich immer sehr geschätzt habe. Und wenn diese Stimme wegfällt, ist das bedauerlich. Ich bin aber wohl der Meinung, dass man es zu respektieren hat, wenn die Briten so entschieden haben. Und dass dabei der einen Hälfte der Bevölkerung – es war eine ganz knappe Entscheidung – auch mal mulmig wird, ja das ist nun mal so.
    Finthammer: Und wie lautet denn Ihr Kommentar zu den US Strafzöllen? Da können ja ganz schnell auch Arbeitsplätze in Deutschland auf dem Spiel stehen, wenn die Spirale einmal wirklich in Gang kommt.
    Meuthen: Ja, ist eine gefährliche Entwicklung, sehe ich im Grunde genommen so, wie die meisten das sehen. Als Ökonom kann man nicht Freund protektionistischer Maßnahmen sein. Die Vorteile des Freihandels sind hinlänglich bekannt und ich halte das für eine völlig verfehlte Politik der US Regierung.
    Finthammer: Aber muss nicht gerade in der Situation dann auch die EU dem etwas entgegensetzen und zeigen, dass gemeinsam doch vieles besser geht statt isoliert und in Eigenregie?
    Meuthen: Ja, das wird ja gemacht. Also da ist ja jetzt im Moment so ein handelspolitisches Säbelrasseln, das eingesetzt hat. In dem Punkt muss ich sagen, das kann ich sogar verstehen. Es ist richtig, wir können nicht solche Maßnahmen der USA einseitig akzeptieren und sagen: Dann machen die das eben. Sondern dann muss man schon sagen: Wenn ihr das macht, machen wir das auch, damit der US Administration klar wird, dass es einen Preis hat, protektionistisch zu arbeiten. Da muss eine Union geschlossen stehen. Ich glaube, in dem Punkt haben wir jetzt zu den anderen Parteien auch keinen Dissens, dass in gesamteuropäischen Interesse, dass wir Freihandel mit den Vereinigten Staaten haben. Wenn die anfangen, das einzuschränken, müssen wir uns dagegen zur Wehr setzen. Das müssen sie begreifen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.