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Merkel weist Zweifel an Grundgesetz-Treue des Islams zurück

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat der Aussage widersprochen, dass der Islam nicht grundgesetzkonform sei. Sie verwies auf die Freiheit der Religionsausübung. AfD-Parteichefin Frauke Petry verteidigte derweil den Vorstoß ihrer Stellvertreter Alexander Gauland und Beatrix von Storch. Diese hatten den Islam am Wochenende als unvereinbar mit der Verfassung beschrieben.

    Ein Imam in der Sehitlik-Moschee am Columbiadamm in Berlin.
    Ein Imam in der Sehitlik-Moschee am Columbiadamm in Berlin. (picture alliance / dpa / Rainer Jensen)
    Merkel sagte nach einem Treffen mit dem indonesischem Präsidenten in Berlin: "Wir haben in Deutschland die grundgesetzlich garantierte Freiheit der Religionsausübung. Das gilt natürlich auch für Muslime in unserem Land." Die Praxis habe gezeigt, dass die übergroße Mehrzahl der Muslime in Deutschland ihre Religion im Rahmen des Grundgesetzes ausübe. Wo dies nicht der Fall sei, würden die Sicherheitsbehörden entscheiden, ob eine Beobachtung notwendig sei.
    Petry stützt ihre AfD-Stellvertreter
    Die AfD-Vorsitzende Petry stellte sich hingegen hinter die islamkritischen Äußerungen ihrer Stellvertreter von Storch und Gauland. Petry sagte dem Sender MDR-Info, das politische Verständnis, das in Moscheen in Deutschland gepredigt werde, entspreche nicht dem Grundgesetz, weil es einen staatlichen Anspruch erhebe. Gleichwohl gebe es in Deutschland sehr wohl Muslime, die gut integriert und in ihrem Glauben den Imamen voraus seien. Die AfD-Vize-Vorsitzenden von Storch und Gauland hatten in in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" den Islam als unvereinbar mit der Verfassung bezeichnet. Sie hatten angekündigt, eine deutlich islamkritische Politik zu einem Schwerpunkt ihres Parteiprogramms machen zu wollen.
    Unter anderem die Nachrichtenagentur Reuters hatte vor zwei Wochen berichtet, Petry, die vor acht Monaten den Sturz von Co-Chef und AfD-Mitbegründer Bernd Lucke angeführt habe, gerate nun selbst in Bedrängnis. Im 13 Mitglieder umfassenden Vorstand sei sie nach Angaben aus der Parteispitze marginalisiert.
    Islamverbände üben harsche Kritik an AfD
    Der Zentralrat der Muslime forderte mehr Aufklärung über die AfD. So gebe es "zum ersten Mal seit Hitler-Deutschland eine Partei, die erneut eine ganze Religionsgemeinschaft diskreditiert und sie existenziell bedroht", sagte der Zentralrats-Vorsitzende Aiman Mazyek auf NDR Info.
    Der Politologe Hajo Funke, der die AfD bereits im Deutschlandfunk als "rechtsradikale Partei" bezeichnete, schreibt im Kurznachrichtendienst Twitter, die Partei trete das Grundgesetz mit Füßen. Was den Nazis die Juden gewesen seien, seien der AfD die Muslime:
    Die AfD spiele mit den Ängsten der Menschen, sagte der Vorsitzende des Islamrats für die Bundesrepublik Deutschland, Burhan Kesici, im Deutschlandfunk. Mit ihren Forderungen wolle die Partei ein neues Wählerklientel erreichen.
    Auch vom früheren AfD-Vorsitzenden Bernd Lucke kam Kritik an den Anti-Islam-Thesen seiner ehemaligen Partei. Mit populistischen Forderungen wie Minarettverboten oder islamischen Gottesdiensten nur in deutscher Sprache fördern wir nur die Radikalisierung von Muslimen", sagte er der "Berliner Zeitung". Sie würden sich als Bürger zweiter Klasse vorkommen, sagte Lucke, der heute Vorsitzender der Partei Alfa ist.
    AfD Thema bei der CDU-Spitze
    "Wahlkämpfe gegen Religionen und die religiösen Gefühle von Menschen, die hier leben, wären etwas Neues", sagte der CDU-Vizevorsitzende Armin Laschet der "Rhein-Neckar-Zeitung" aus Heidelberg. Damit würde Deutschland gespalten. "Es würde auch gegen die Religions- und Glaubensfreiheit verstoßen, die das Grundgesetz garantiert." Dieses Grundrecht gelte gleichermaßen für das Christentum, das Judentum, den Islam und andere Religionen. Die AfD hetze die Menschen auf und wolle provozieren. Die CDU-Spitze hatte am Sonntagabend nach den Erfolgen der AfD bei den Landtagswahlen im März über den Umgang mit der rechtspopulistischen Partei beraten.
    Die religionspolitische Sprecherin der Linken, Christine Buchholz, warf der AfD vor, mit "Islamhass" das gesellschaftliche Klima zu vergiften und "Rassismus gegen Muslime" zu schüren. Für den außenpolitischen Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Omid Nouripour, befördern die Rechtspopulisten mit ihrem Kurs den islamistischen Terror:
    Die AfD will mit einem scharfen Anti-Islam-Kurs auf Stimmenfang gehen. Der Islam sei "mit dem Grundgesetz nicht vereinbar", sagte Parteivize Beatrix von Storch am Wochenende. Symbole des Islam sollten aus der Öffentlichkeit verschwinden.
    Laut dem AfD-Landesvorsitzenden in Rheinland-Pfalz, Uwe Junge, spiegeln die Äußerungen allerdings nicht die Haltung der Partei wider. Er denke nicht, dass sich die Aussagen in dieser Einfachheit im Grundsatzprogramm wiederfinden werden, sagte Junge im Deutschlandfunk.
    In knapp zwei Wochen will die AfD auf einem Parteitag in Stuttgart ihren Kurs in einem Grundsatzprogramm beschließen.
    (bor/tj/vic/tgs)