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AfD-Parteimitglied
Vom Schuldienst entlassen

Die Entlassung eines AfD-Funktionärs als Vertretungslehrer an einem evangelischen Gymnasium in Berlin sorgt für Aufregung. Die Schulstiftung gibt an, dass ein Lehrer mit mutmaßlich rechtsextremen Sympathien nicht tragbar sei. Die Schulleitung wiederum spricht dem Vertretungslehrer die pädagogische Eignung ab.

Von Daniela Siebert |
    Flyer und Wahlposter der rechtspopulistischen Partei Alternative für Deutschland (AfD) in Berlin, 7.11.2016.
    Flyer und Wahlposter der rechtspopulistischen Partei Alternative für Deutschland (AfD) in Berlin, 7.11.2016. (imago / Zuma Press)
    Als Lehrer ist Hendrik Pauli ein Quereinsteiger. Der gelernte Biochemiker unterrichtete erst seit Kurzem an dem evangelischen Berliner Gymnasium "Zum Grauen Kloster". Sein erster Job in seinem neuen Beruf, auf drei Monate befristet als Vertretungslehrer für Biologie und Chemie. Alles lief gut, weder von Schülern, noch von Eltern oder Schule habe es Beschwerden gegeben, erzählt der 38-Jährige. Völlig überraschend wurde ihm dann aber nach wenigen Wochen gekündigt.
    "Da hat man mir sehr knapp gesagt, dass man eben Informationen über mich hat, die bisher nicht bekannt waren, und dass sich das eben, was man da erfahren hat, offensichtlich nicht mit dem Leitbild der Schule verträgt und dass man deswegen das Arbeitsverhältnis im Rahmen der Probezeit beenden will."
    Schatzmeister der AfD in Berlin-Neukölln
    Hendrik Pauli ist Schatzmeister der AfD in Berlin–Neukölln. Außerdem hat er an zahlreichen Bärgida-Demonstrationen teilgenommen – der Berliner Variante von Pegida – und wurde in Zeitungsartikeln der Lokalpresse mit der "Identitären Bewegung" in Verbindung gebracht. Das habe bei der Kündigung eine entscheidende Rolle gespielt, vermutet er.
    "AfD-Mitglied, auch Funktionär in einem Bezirksverband, Teilnahme an den Bärgida-Demonstrationen und irgendwie eine nicht näher beschriebene Verbindung zur "Identitären Bewegung". Also diese drei Dinge. – Aber es wurde nicht offiziell formuliert? – Nein."
    Die Schulleiterin des Gymnasiums will sich zu dem Fall nicht äußern. Auch nicht der Vorsitzende der Evangelischen Schulstiftung, Frank Oeli, der über die Kündigung entschieden hat. In einer Email an den Deutschlandfunk betont er lediglich:
    "Die AfD-Mitgliedschaft des Kandidaten war nicht Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses"
    Ansonsten verweist er auf ein schriftliches Statement auf der Internetseite der Schulstiftung. Darin wird erkennbar, dass Hendrik Pauli mit seinem Verdacht recht haben könnte. Zwar heißt es dort, man habe das Arbeitsverhältnis beendet:
    "Weil wir doch bald erhebliche Zweifel an seiner pädagogischen Eignung hatten." Danach jedoch verweist die Schulstiftung auf die offene und tolerante Orientierung des Gymnasiums zum Grauen Kloster, gegen jede Diskriminierung und Ausgrenzung und erläutert weiter:
    Schulstiftung wollte Schaden vorzeitig abwenden
    "Wenn dann jemand offen Sympathie für die rechtsextremistische, vom Verfassungsschutz beobachtete sogenannte 'Identitäre Bewegung' zeigt und sich öffentlich für die 'Bärgida'-Bewegung engagiert, dann haben wir ein Problem."
    Auch in einem veröffentlichten Rundbrief an die Eltern der Schüler schreibt die evangelische Schulstiftung, "der Schaden" wäre "erheblich größer" gewesen, wenn eine vergleichbare Diskussion darüber entstanden wäre, dass das evangelische Gymnasium Lehrkräfte beschäftige, die öffentlich Sympathien für rechtsextremistische, fremdenfeindliche und intolerante Bewegungen äußern.
    Rein formal scheinen Schule und Schulstiftung mit der Kündigung auf der sicheren Seite zu sein. Denn Hendrik Pauli war noch in der Probezeit, in der ihm ohne Angabe von Gründen gekündigt werden darf. Zwei Aspekte sind an diesem Vorgang jedoch bemerkenswert. Zum einen sagt Pauli, er habe keine Gelegenheit bekommen sich zu erklären:
    "Ich war schlicht Demonstrant, ich war nicht mit den Organisatoren irgendwie verbandelt, und natürlich habe ich dort Leute von der "Identitären Bewegung" kennengelernt und mich mit denen unterhalten, aber ich bin eben nicht Mitglied der IB."
    Kein Mitglied der 'Identitären Bewegung'
    In einer ausführlichen Stellungnahme auf der Internetseite "Abgeordnetenwatch" hatte Hendrik Pauli bereits im August deutlich gemacht, dass er nicht Mitglied der 'Identitären Bewegung' sei. Die Bewegung habe aber seine Sympathie und er halte ihre Positionen für verfassungskonform, sagt er im Gespräch mit dem Deutschlandfunk.
    Besonders kurios an der Kündigung Paulis ist aber, dass die Schule wohl genau wusste, auf wen sie sich da einlässt. Denn von seiner zehnmonatigen Kurzausbildung zum Lehrer verbrachte Pauli nach eigenen Angaben zweieinhalb Monate am Grauen Kloster. Die Schule kannte also ihn und seine pädagogischen Fähigkeiten, hat sie mitentwickelt, und hatte sich zuvor nie für Paulis politische Orientierung interessiert.
    Hendrik Pauli überlegt noch, sich arbeitsrechtlich gegen seine Kündigung zu wehren. Unterstützung bekommt er derzeit vor allem aus seiner eigenen Partei. Paulis Entlassung sei ein Skandal formulierte der Berliner AfD-Chef Georg Pazderski diese Woche.