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AfD-Vorsitzende Petry im Hofbräukeller
Straßensperren statt bayrische Gemütlichkeit

Über den die Parteiversammlung der AfD mit ihrer Bundesvorsitzenden Frauke Petry im Münchner Hofbräukeller wurde viel gestritten, auch vor Gericht. Am Ende blieb alles friedlich, auch bei den Gegendemonstranten, die auch bei Petrys nächstem Auftritt wieder da sein werden.

Von Susanne Lettenbauer |
    Die AfD-Vorstandssprecherin Frauke Petry.
    Die AfD-Vorstandssprecherin Frauke Petry. (dpa-Bildfunk / EPA / Urs Flueeler)
    Die Technik funktioniert mehr schlecht als recht vor dem Hofbräukeller bei der Unterstützerkundgebung der drei Pegida-Anhänger für die AfD. Der Mann mit dem schütteren Haar redet pausenlos in das scheppernde Megafon. Die Frau mit dem missglückten Zopf versucht ohne Megafon gegen die Mauer von gut dreißig schwarz gekleideten, lachenden Gegendemonstranten anzureden. Man versteht nicht, was sie da sagt von Überfremdung in Deutschland, von islamischem Terror in Europa, von der Freiheit demokratischer Parteien, in dem Wirtshaus aufzutreten, wo man will.
    An einem kleinen Gartenzaun vor ihrem Yogastudio beobachten zwei Frauen die Situation: "Die einzigen, die unangenehm auffallen, sind die Gegendemonstranten. Die anderen sind ja friedlich, die haben irgendwas zu sagen, da höre ich nicht hin. Aber die, die gefährlich sind und auffallen und aggressiv, das sind die."
    Sperrgitter auf den Gehwegen
    Noch ist Frauke Petry, die Bundesvorsitzende der Alternative für Deutschland, nicht eingetroffen. Mit verschränkten Armen stehen Polizeibeamte grüppchenweise auf dem Platz, in den Händen ihre schwarzen Helme, den Daumen im Revers eingehakt und schauen zu, regungslos. Langsam beginnt es zu regnen, der Biergarten gegenüber ist komplett leer. Polizeisprecher Sven Müller sitzt in einem schwarzen VW-Bus und wartet. Um 19 Uhr beginnt die Rede von Frauke Petry im ersten Stock des Hofbräukellers: "Also, wir sind mit 120 Beamten im Einsatz, die AfD macht ja eine Versammlung in geschlossenen Räumen im Hofbräukeller, aber es ist alles ruhig eigentlich."
    Was hier viele denken und nur einige sagen: Warum unterschrieb der Wirt einen Mietvertrag mit der AfD? Warum sagte er danach wieder ab? Die Komplettsperre der Wiener Straße, die Umleitung der Straßenbahn für fast fünf Stunden, die Sperrgitter auf den Gehwegen und das vor dem weltbekannten Hofbräukeller, der für Prosit und Gemütlichkeit steht: "Wenn es stimmt, dass die Stadt quasi den Wirtshäusern sagt, dass sie die AfD nicht bewirten sollen, das wäre schon eine riesige Sauerei. Die AfD ist ja nicht verboten, hat ja mit der NPD nichts zu tun oder der KPD oder so einem Schmarrn."
    "Man muss sich halt überlegen, welche Gäste man will"
    Vor dem Hofbräukeller haben sich einige der Münchner Stadträte eingefunden, Marion Offman, CSU, und Christian Vorländer, SPD. Wann hier zum letzten Mal ein so großer Auflauf war? Sie vermeiden es lieber, von den 1920er Jahren zu reden: "Ich finde, dass es eigentlich bisher einen sehr friedlichen Verlauf nimmt. Ich find es ziemlich außerordentlich, dass sie gerichtlich diese Veranstaltung hier erzwingen konnten. Auch der Wirt ist sehr enttäuscht. Wir wollen in München solche Parolen nicht hören." "Es ist ein deutliches Signal gesetzt worden von dem Wirt des Hofbräukellers: Wir wollen Sie hier nicht haben. Und die haben gesagt, wir kommen jetzt aber trotzdem. Unabhängig jetzt mal von zivilrechtlichen, vertraglichen Fragestellungen ist das für uns schon ein sehr seltsames Gebaren."
    Auch Bayerns früherer Kunstminister Wolfgang Heubisch, FDP, kommt kurz hinzu: "Der hat einen rechtsgültigen Vertrag leider abgeschlossen und dafür muss er jetzt auch einstehen. Jetzt soll man das ordentlich und demokratisch über die Bühne laufen lassen und dann ist das vergessen. Und beim nächsten Mal muss man sich halt überlegen, welche Gäste man will und wen man nicht will."
    "Es ging uns um die Sicherheit anderer Gäste"
    An der Treppe zum Großen Saal steht Günter Steinberg, grüne Seidenweste, eleganter Trachtenjanker. Der Altwirt des Hofbräukellers schaut den Menschen nachdenklich hinterher, die hoch in den Festsaal gehen. "Ja, ich hoffe halt, dass das alles ganz friedlich verläuft. Wir sind ja im Grunde genommen nicht gegen die Partei vorgegangen, sondern wir haben einfach Angst davor gehabt, nachdem was in Stuttgart passiert ist, dass es in München auch passiert, das war der Grund. Es ging uns um die Sicherheit anderer Gäste, die hier heute im Haus sind und überhaupt um die Sicherheit im Hofbräukeller."
    Gut 500 Plätze bietet der große Festsaal vom Münchner Hofbräukeller, plus 50 im Rittersaal. Die Nähe zum Landtag macht ihn beliebt bei allen Parteien. 300 Anmeldungen gab es im Vorfeld, sagt Veranstalter Wilfried Biedermann, eine normale Größenordnung bei den Veranstaltungen der AfD-Kreisgruppe München Ost. Biedermann ist zum vierten Mal mit seinen Anhängern im Hofbräukeller, dieses Mal sei eben die Bundesvorsitzende Frauke Petry dabei: "Das hat überhaupt keinen Bezug auf irgendjemand, der da mal vor sechzig oder siebzig Jahre war. Das ist einfach nur so, der Hofbräukeller hat eine Größenordnung, die einfach für diese Veranstaltung angemessen ist. Da reden wir von 500 Plätzen."
    Die gebürtige Dresdnerin Petry läuft wenig später im Festsaal zum Bayerischen Defiliermarsch auf, dem Paradestück der bayerischen Ministerpräsidenten. Frech, herausfordernd. Und auch respektlos gegenüber dem Freistaat. 2018 wolle man bei den Wahlen in den nahen Landtag einziehen, ruft AfD-Kreischef Biedermann euphorisch.
    Zitate von Rosa Luxemburg und Voltaire
    Im Festsaal versucht Petry, das Reizthema Islam zu vermeiden, sie weicht auf ihre Kritik zur Bargeldabschaffung aus, spricht von der Abschaffung der Gewerbe- und Vermögenssteuer und von der Dreikind-Familie. Doch die Zuhörer werden unruhig, sie wollen antiislamische Parolen hören, drängen die clevere Wortakrobatin Petry, die mal eben Rosa Luxemburg und Voltaire zitiert, zu Hardlinerjargon, den sie eigentlich vermeiden wollte. "Und insofern sollten wir ganz selbstbewusst gerade in Bayern sein und sagen: Liebe CSU, Ihr solltet uns eigentlich hochdankbar sein, dass es uns gibt."
    Der Abend läppert schließlich nach einer langen Fragerunde langsam aus. Vor dem Hofbräukeller stehen die Polizeibeamten immer noch in Grüppchen und warten auf den ruhig gebliebenen Feierabend.
    Frauke Petry verlässt gegen 23 Uhr den Hofbräukeller, zwei Bodyguards an ihrer Seite wegen einer Morddrohung. Am nächsten Abend wird sie wieder auf einer Bühne stehen, dann in Landau an der Isar. Die Gegendemonstranten immer dabei.