Die AfD hat geladen - zum "Familienfest". Viereinhalb Stunden Programm in der Fußgängerzone von Sömmerda. Die beiden Direktkandidaten der Gegend sollen sprechen, der Bundestagsabgeordnete und der Spitzenkandidat. Eine kleine massive Bühne, eine Zweimannband mit Musik, die keinem wehtut, Stehtische mit Wahlprogrammen. Ein Bierwagen und zwei Dutzend Biertische und -bänke. Am Nachmittag sitzen beim "Familienfest" etwa 100 Männer, die meisten um die 60, vielleicht zehn Frauen. Ein Kind ist auch da.
"Also, leg erst mal los! Ein bisschen Applaus bitte für Torsten Czuppon!"
Der örtliche Direktkandidat, Torsten Czuppon, ein kleiner, rundlicher Mann mit strahlend blauen Augen.
"Also, leg erst mal los! Ein bisschen Applaus bitte für Torsten Czuppon!"
Der örtliche Direktkandidat, Torsten Czuppon, ein kleiner, rundlicher Mann mit strahlend blauen Augen.
"Ja, also sehr schön! Also, ich bin hier Direktkandidat und möchte mich ihnen kurz mal vorstellen. Denn ich würde mir natürlich wünschen, dass Sie mich als Direktkandidat wählen, weil ich meiner Meinung nach der Geeignetste bin für den Landkreis Sömmerda."
Czuppon erzählt aus seinem Leben. 1966 hier geboren, Abitur, Armee, Feinmechaniker-Lehre, dann kam 1989. Er wurde arbeitslos, ging für anderthalb Jahre nach Frankfurt/Main.
Czuppon erzählt aus seinem Leben. 1966 hier geboren, Abitur, Armee, Feinmechaniker-Lehre, dann kam 1989. Er wurde arbeitslos, ging für anderthalb Jahre nach Frankfurt/Main.
Er soll Nazi-Kleidung getragen haben
"Aber dort bin ich nicht heimisch geworden, weil dort ist egal! Jedenfalls war dort der Ausländer-Anteil schon sehr hoch. Ich habe mich dort nicht heimisch gefühlt, in dem Einkaufszentrum hat man kaum noch ein Wort Deutsch verstanden. Da habe ich gedacht: Du musst irgendwie wieder zurückkommen in die Heimat!"
Zurück in Thüringen wurde er Polizist. Auch im Auslandseinsatz, in Griechenland und Afghanistan. Die beste Zeit sei die auf dem Wasserwerfer der Bereitschaftspolizei gewesen. Er erzählt, dass er versetzt wurde, weil er sich ungeschickt im Internet verhalten habe. Was er nicht erzählt - dass er Artikel verbreitet hat, in denen vom angeblich "vergessenen Völkermord der Alliierten an den Deutschen" die Rede ist. Ein Disziplinarverfahren habe er durchlaufen müssen, weil er Nazi-Szene-Kleidung getragen haben soll.
Zurück in Thüringen wurde er Polizist. Auch im Auslandseinsatz, in Griechenland und Afghanistan. Die beste Zeit sei die auf dem Wasserwerfer der Bereitschaftspolizei gewesen. Er erzählt, dass er versetzt wurde, weil er sich ungeschickt im Internet verhalten habe. Was er nicht erzählt - dass er Artikel verbreitet hat, in denen vom angeblich "vergessenen Völkermord der Alliierten an den Deutschen" die Rede ist. Ein Disziplinarverfahren habe er durchlaufen müssen, weil er Nazi-Szene-Kleidung getragen haben soll.
"Ich möchte das nicht, dass uns Kleidermarken verboten werden. Und es ist ja ganz lustig: Es gibt ja schon Buchstaben, die verboten sind! Also zum Beispiel "HH" – das könnte "Herr Höcke" heißen oder was auch immer. Aber "HH" ist verteufelt! Oder "AH" – da sieht man immer ganz böse Parallelen, die man da zieht. Das ist aber alles Käse! Die wollen uns einfach kleinmachen und diffamieren. Und das will ich nicht mehr."
Die Besucher kommen aus Interesse
Für die Meinungsfreiheit will er kämpfen, wenn er in den Landtag gewählt wird und für Massenabschiebungen von Ausländern. Und natürlich stünde er zur Verfassung und zu seinem Parteivorsitzenden Björn Höcke, dessen Rechtsaußen-Flügel der AfD vom Verfassungsschutz zum "Verdachtsfall" erklärt wurde. Ein Interview nach seinem Auftritt lehnt er ab. Aber die Männer vor der Bühne erzählen gern, warum sie da sind.
"Ich war noch nie zu so einer Veranstaltung und dachte mir: Das guckst Du Dir mal an! Und ich muss sagen: Der Kandidat, der jetzt gesprochen hatte, der hat mich überzeugt, denn er hat ja was getan für dieses Land! Der war in Afghanistan, der war an Außengrenzen, und als Polizist tut er auch noch seine Pflicht. Also ich kann sagen: Ich bin überrascht!"
"Pures Interesse! Weil für mich diese Partei noch die Begriffe "Heimat" und "Deutschland" verinnerlicht."
"Ich war noch nie zu so einer Veranstaltung und dachte mir: Das guckst Du Dir mal an! Und ich muss sagen: Der Kandidat, der jetzt gesprochen hatte, der hat mich überzeugt, denn er hat ja was getan für dieses Land! Der war in Afghanistan, der war an Außengrenzen, und als Polizist tut er auch noch seine Pflicht. Also ich kann sagen: Ich bin überrascht!"
"Pures Interesse! Weil für mich diese Partei noch die Begriffe "Heimat" und "Deutschland" verinnerlicht."
"Fühlen Sie sich auch in ihrer Meinungsfreiheit eingeschränkt?"
"Teilweise schon! Wenn man nicht mehr sagen kann, was man möchte, dann ist das schlecht. Wenn ich im Beruf Nachteile dadurch habe … Das kann’s nicht sein. Das ist keine Demokratie mehr!"
"Was können Sie persönlich nicht sagen? Wo sind Sie eingeschränkt!"
"Teilweise schon! Wenn man nicht mehr sagen kann, was man möchte, dann ist das schlecht. Wenn ich im Beruf Nachteile dadurch habe … Das kann’s nicht sein. Das ist keine Demokratie mehr!"
"Was können Sie persönlich nicht sagen? Wo sind Sie eingeschränkt!"
"Ich bin Rentner: Ich bin vogelfrei, sagen wir mal so!"
Früher andere Parteien gewählt
Sie haben früher die Linke gewählt oder CDU oder auch SPD.
"Die Politik muss ein bisschen geändert werden, dass die Gelder mehr in Deutschland bleiben und nicht nur ins Ausland gehen. Weil: Hier sind so viele Baustellen: Schule, Rentner. So hart, wie es auch klingt: Kommt ein Ausländer, ist Geld da. Kommt ein deutsches Kind, ist kein Geld da. Lehrermangel! Warum wird da nicht ein bisschen was gebracht? Die Kleine ist jetzt in der 5. Klasse. Da fehlen so viele Lehrer! Da fällt eben der Unterricht aus. Ende des Jahres steht dann wieder auf dem Zeugnis: Soundso viele Stunden ausgefallen! Wo sollen die Kinder das herkriegen? Wenn die sich richtig um die Leute kümmern würden in Deutschland, dann müsste nicht so eine Partei hochkommen.
"Höcke, Höcke!"
"Es ist wichtig, dass wir uns immer wieder versammeln, weil wir von vaterlandslosen Gesellen regiert werden, liebe Freunde!"
17.00 Uhr, es ist voller geworden. Der Höhepunkt des "Familienfests" der AfD, nun mit zwei Kindern: Björn Höcke redet eine Stunde. Über Meinungsfreiheit, die ideologisierte Schule, die Schreibschrift, arabische Clans, Mord, Totschlag und Vergewaltigung durch Flüchtlinge. Und in einem Atemzug über den angeblichen "Amoklauf" in Halle. Kein Wort, das der Täter ein deutscher Rechtsextremist war und der Anschlag Juden galt.
"Und ich bin auch überzeugt, dass ich hier selbst als Politiker stehe, der von den Medien als Teufel der Nation stilisiert werden ist, obwohl ich wahrscheinlich das Gegenteil davon bin."
"Höcke, Höcke!"
"Es ist wichtig, dass wir uns immer wieder versammeln, weil wir von vaterlandslosen Gesellen regiert werden, liebe Freunde!"
17.00 Uhr, es ist voller geworden. Der Höhepunkt des "Familienfests" der AfD, nun mit zwei Kindern: Björn Höcke redet eine Stunde. Über Meinungsfreiheit, die ideologisierte Schule, die Schreibschrift, arabische Clans, Mord, Totschlag und Vergewaltigung durch Flüchtlinge. Und in einem Atemzug über den angeblichen "Amoklauf" in Halle. Kein Wort, das der Täter ein deutscher Rechtsextremist war und der Anschlag Juden galt.
"Und ich bin auch überzeugt, dass ich hier selbst als Politiker stehe, der von den Medien als Teufel der Nation stilisiert werden ist, obwohl ich wahrscheinlich das Gegenteil davon bin."