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"Wir wollen eine Volkspartei werden"

AfD-Vorstandsmitglied Armin-Paul Hampel hat Aussagen von Parteichefin Frauke Petry widersprochen, dass es in der Partei einen Konflikt zwischen Realpolitik und Fundamentalopposition gebe. Er sagte im DLF, die Partei sei breit aufgestellt: Es gebe die unterschiedlichsten Meinungen, aber keine organisierten Flügel.

Armin-Paul Hampel im Gespräch mit Ann-Kathrin Büüsker |
    Armin-Paul Hampel, Vorsitzender der AfD in Niedersachsen.
    Armin-Paul Hampel, Vorsitzender der AfD in Niedersachsen. (imago / IPON)
    Die Basis der AfD sei stark genug, um einige Streitigkeiten auszuhalten, betonte Hampel, auch mit Blick auf den Bundesparteitag am Wochenende in Köln. Auf dem Parteitag will sich die AfD programmatisch für den Bundestagswahlkampf aufstellen. Ob dabei auch die Frage der Spitzenkandidatur geklärt wird, ist noch unklar. Parteichefin Frauke Petry hatte vorgestern überraschend erklärt, nicht als Spitzenkandidatin antreten zu wollen.

    Das komplette Interview zum Nachlesen:
    Ann-Kathrin Büüsker: Darüber möchte ich mit Armin-Paul Hampel sprechen, Landesvorsitzender der AfD in Niedersachsen und Mitglied des Bundesvorstands. Schönen guten Morgen, Herr Hampel!
    Armin-Paul Hampel: Schönen guten Morgen, Frau Büüsker!
    Büüsker: Fundamentalopposition oder Realpolitik, wofür werden Sie sich entscheiden?
    Hampel: Gibt es nicht in der Doppelhaftigkeit in der AfD. Wir sind breit aufgestellt, wie mein Kollege Poggenburg das gerade sagte. Wir sind eine Partei, die eine Volkspartei werden will und damit auch in die Breite wirken muss. Auf der anderen Seite – ich bin jetzt seit vier Jahren in der AfD, also von Anfang an dabei – bei all den Vorträgen, Wahlkampfeinsätzen et cetera, die ich gemacht habe, in meinem Land wie in den anderen Bundesländern, hat sich bis dato mir noch kein Vertreter der Fundamentalopposition oder der Realos vorgestellt. Strukturen gibt es schon gar nicht.
    Büüsker: Aber Herr Hampel, wenn ich da ganz kurz einhaken darf und Björn Höcke zitieren darf, der sich in seiner Dresdener Rede Anfang des Jahres als Fundamentaloppositioneller ja geoutet hat. Er hat die Thüringer AfD als, ich zitiere, "fundamentaloppositionelle Bewegungsfraktion" bezeichnet und wünscht sich das auch für die AfD-Fraktionen anderer Länder. Also gibt es sie doch, die Fundamentaloppositionellen in Ihrer Partei.
    Hampel: Das ist ja das, was ich sage. Wir sind breit aufgestellt, und da gibt es diese und jene Kräfte. Aber ich habe noch nirgendwo registriert, dass das in organisierter Form in der AfD existiert. Wie in jeder anderen Partei haben Sie von dem einen bis zum anderen Rand – und das wollen wir ja auch – die unterschiedlichsten Meinungen, die dann allerdings auf einem Parteitag zur Abstimmung kommen müssen. Und wir entscheiden ja morgen und übermorgen über unser Programm, das ist ja das Allerwichtigste. Und dieses Programm beinhaltet die ganze Bandbreite der AfD. Und noch mal, das ist weder von der einen oder anderen Fraktion geschrieben, sondern von allen geschrieben.
    Büüsker: Ist dieses Programm denn darauf ausgelegt, in Zukunft Teil einer Regierungskoalition zu werden?
    "In den ersten Jahren auf die harten Oppositionsbänke"
    Hampel: Wir haben uns ja, was das anbelangt, zuerst darauf verständigt, dass wir sagen, wir wollen auf jeden Fall in den ersten Jahren auf die harten Oppositionsbänke. Die AfD ist eine junge Partei, und ihre Mitglieder und auch die gewählten Mitglieder in die Parlamente, wie das jetzt in den Ländern ja schon der Fall ist, müssen diese parlamentarische Arbeit lernen. Wenn das Prozedere vollzogen ist – und vier Jahre zum Beispiel wären eine sehr kurze Zeit dafür –, dann sollten wir zu allem bereit sein, wenn wir mehrheitsfähig sind. Wir wollen auf jeden Fall keine FDP werden, die als Zünglein an der Waage mit sechs, sieben, acht Prozent bei dieser oder jener großen Partei andockt und da eventuell in diesem oder jenem Thema mitreden kann. Das wollen wir nicht, sondern wir wollen mitgestalten, und dazu braucht man Mehrheiten.
    Büüsker: Und welche Personen sollen die AfD in diesen Bundestagswahlkampf, der uns bevorsteht, führen?
    Hampel: Auch da schreibt sich die Geschichte an sich selber. Denn wir haben mit einer breit aufgestellten Partei natürlich auch eine Vielzahl von guten Leuten innerhalb der AfD. Ich beklage immer, dass scheint so in Parteien zu sein, dass wir noch viel zu wenig unsere Leute in den Ländern vorstellen. Ich war unlängst in Krefeld, habe da wieder zwei hervorragende Vorträge gehört. Wir haben eine Vielzahl von guten Personen, die seit vielen Jahren bei uns sind, die gute Arbeit leisten. Und vielleicht war das unser Fehler, dass wir viel zu wenig darauf hingewiesen haben, hier, schaut her, da, in dem Bundesland, in Baden-Württemberg, in Bayern, in Niedersachsen, in Schleswig-Holstein, in Sachsen und in Brandenburg gibt es so viele gute Leute, die wir an die verantwortlichen Positionen stellen wollen. Wir haben mehr, als viele glauben.
    Büüsker: Viele gute Leute sind gut und schön. Aber die Wähler brauchen doch auch Gesichter, mit denen sie die Partei identifizieren können, oder?
    "Die Basis ist breit genug"
    Hampel: Ach wissen Sie, ich habe ja das Geschäft des Journalismus seit 30 Jahren betrieben, und wenn ich mich zurückerinnere, dass die großen Gesichter von Helmut Kohl über Gerhard Schröder, Angela Merkel und andere – wenn das die alleinige Aussage ist, da ist ein Gesicht –, und erinnern sie sich an die Plakatsprüche, die daneben standen. Die werden ja immer knapper, kleiner, kürzer und ausdrucksloser. Dann, glaube ich, ist die Art der Werbung auch inzwischen vorbei. Nein. Wir müssen mit Inhalten überzeugen. Die AfD ist eine Idee, die lebt, in den Mitgliedern wie in ihren Wählern. Und ich glaube, dass das das Entscheidende ist. Neben den Personalquerelen in einer jungen Partei ist das so und ist das selbstverständlich. Es ist die Idee der AfD, die lebt, und die Basis ist breit genug, das weiterzuentwickeln, und hält auch einige Streitigkeiten aus.
    Büüsker: Herr Hampel, wenn Sie sagen, Sie wollen mit Inhalten überzeugen, das ist wichtiger als Personen, aber gleichzeitig betonen, dass die AfD in einer Findungsphase ist, einen Meinungspluralismus innerhalb der Partei zulässt, wie sollen die Wähler dann tatsächlich verstehen, wofür ganz konkret die AfD jetzt steht?
    Hampel: Dafür treffen wir uns ja jetzt in Köln, genau dieses Wahlprogramm wollen wir Samstag und Sonntag verabschieden. Da sind die eindeutigen Aussagen, da wird der letzte Schliff sozusagen vor der Bundestagswahl getan, und dann kann der Wähler genau erkennen, mit welchen Aussagen, und zwar nicht Ein-Themen-Partei, sondern in vielen Bereichen, ob das die Außenpolitik, die Energiepolitik, die Finanzpolitik, auch natürlich die Migrationspolitik und die Innenpolitik ist, da werden wir uns breit aufstellen. Und das wird der Wähler erkennen. Und dass das dann Personen, die möglichst für diese Themen stehen, transportieren sollen, ist ja auch etwas Selbstverständliches. Also, viele Themen, möglichst ein breites Spitzenteamspektrum, das anbietet, wir stehen dafür, dass die AfD das umsetzen will. Und dann hat der Wähler das Votum.
    Büüsker: Also es soll möglichst vielen Leute schmecken, damit Sie viele Leute gewinnen?
    "Antworten geben zu den großen Fragen"
    Hampel: Das ist Ziel einer Volkspartei. Nicht, es soll vielen Leuten schmecken, sondern möglichst viele sollen von den vielen Themen und Lösungsvorschlägen, die wir machen, überzeugt werden. Und das ist ja in der Öffentlichkeit immer so dargestellt worden, leider auch in den Medien, als wären wir immer so ein-themen-politisch unterwegs. Das ist nicht der Fall. Noch mal: Das Bundesprogramm wird zeigen, dass wir sehr breit aufgestellt sind und Antworten geben zu den großen Fragen, unter anderem zum Beispiel in der Reform der Sozialsysteme, was Herr Schulz zurzeit nur marginal angeht. Wir haben uns da intensiv mit beschäftigt und werden auf dem Parteitag übrigens da um eine Lösung ringen müssen.
    Büüsker: Herr Hampel, eine wichtige Frage, die viele Wählerinnen und Wähler beschäftigt, ist die Abgrenzung der AfD nach rechts. Wie wird sich die Partei in Zukunft nach rechts abgrenzen?
    Hampel: Ich glaube, die AfD ist gut beraten, den gleichen Kurs zu fahren, den sie in den vergangenen vier Jahren gesegelt ist. Wir haben uns klar aufgestellt. Wir haben eine große Bandbreite, ja, und ich sage immer, wir haben einen Jörg Meuthen als eher Liberalen in Baden-Württemberg, und wir haben unseren Rechtspfosten in Thüringen, das ist der Björn Höcke. Darüber hinaus geht aber auch nichts, das sage ich auch ganz klar. Und damit, glaube ich, ist für den Wähler erkennbar, welche Strömungen innerhalb der AfD präsent sind. Und dann hat er die Wahl.
    Büüsker: Es gibt einen Antrag für den Parteitag, auch unterstützt von Frauke Petry, darüber zu diskutieren, ob eine klare Abgrenzung zu "Rassismus, Antisemitismus, völkischen und nationalistischen Ideologien" ins Parteiprogramm aufgenommen wird. Werden Sie das unterstützen?
    Hampel: Das brauchen wir nicht. Das haben wir schon unter Bernd Lucke in einem Leitfaden beschlossen. Der Leitfaden gilt immer noch und definiert genau das ganz klar. Wenn wir das heute noch mal betonen würden, dann würden wir ja quasi durch die Hintertür sagen, ja, so etwas gibt es bei uns. Ich sage Ihnen noch mal, bei uns gibt es das eben nicht.
    Büüsker: Aber Frauke Petry sagt, das gibt es in der Partei.
    Hampel: Ja, das ist die Meinungsvielfalt in Parteien. Die einen sehen das so, die anderen nicht. Bei uns werden Sie weder Rassismus noch gar Antisemitismus – ich habe nicht ein einziges antisemitisches Wort auf Veranstaltungen jemals in den vergangenen vier Jahren gehört. Rassisten sind wir auch nicht. Wir kritisieren die Migrationspolitik. Das ist doch etwas völlig anderes als das, was da kolportiert wird und immer unterschwellig uns untergeschoben wird. Das finden Sie in der AfD nicht.
    Büüsker: Sagt Armin-Paul Hampel, Landesvorsitzender der AfD in Niedersachsen. Vielen Dank für das Gespräch heute Morgen im Deutschlandfunk!
    Hampel: Ich danke Ihnen, Frau Büüsker!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.