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Afghanistan
Armee startet Gegenoffensive in Kundus

Es war ein herber Rückschlag für die afghanische Regierung: Gestern hatten die Taliban die strategisch wichtige Stadt Kundus im Norden des Landes erobert. Einen Tag später schlägt die Armee zurück: Spezialeinheiten haben mit einer Gegenoffensive begonnen. Laut offiziellen Angaben gibt es bereits erste Erfolge.

    Schwer bewaffete Soldaten in Tarnuniformen setzen sich auf einem Rollfeld auf die Pritschen zweier Armee-Pickups.
    Spezialeinheiten der Armee bereiten sich auf die Gegenoffensive vor. (AFP / Nasir Waqif)
    Ein Polizeisprecher erklärte, Regierungstruppen seien in die Stadt eingedrungen und hätten das Polizei-Hauptquartier und das Provinz-Gefängnis zurückerobert. Die Truppen wurden bei ihrem Gegenangriff von den USA unterstützt: Ein US-Militärsprecher sagte in Kabul, die amerikanische Armee habe Luftangriffe gegen Taliban-Stellungen in Außenbezirken der Stadt geflogen.
    Über die Zahl der Toten und Verwundeten gibt es nur ungenaue Angaben. 16 Leichen seien in Krankenhäuser gebracht worden, erklärte die afghanische Regierung. 172 Menschen wurden demnach verletzt. Es ist unklar, ob es sich bei den Opfern um Taliban oder Zivilisten handelt.
    Deutsche Soldaten als Beobachter
    Am Flughafen von Kundus, der von den Taliban nicht erobert wurde, ist inzwischen ein kleines Team der Bundeswehr eingetroffen. Die elf Soldaten wollen sich nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums informieren, wie die Armee die Kontrolle über die Stadt zurückgewinnen will. Die Soldaten kamen aus Masar-i-Scharif, wo die Bundeswehr auch nach dem Ende des NATO-Kampfeinsatzes ein Ausbildungscamp für afghanische Sicherheitskräfte betreibt.
    Einheiten der Taliban hatten Kundus gestern aus mehreren Richtungen angegriffen und die Stadt bis zum Abend eingenommen. Aus dem Provinzgefängnis befreiten sie nach eigenen Angaben rund 600 Häftlinge, darunter mehr als 140 Taliban-Kämpfer. Taliban-Chef Mullah Achtar Mohammad Mansur versicherte, den Bürgern der Stadt werde nichts geschehen. Die Aufständischen sollen Berichten zufolge auch Fahrzeuge der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) beschlagnahmt haben. Kundus ist die erste Provinzhauptstadt, die seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001 von den Rebellen erobert wurde.
    Zu Bundeswehr-Zeiten noch sicher
    Die Bundeswehr hatte in Kundus von Oktober 2003 an zehn Jahre lang ein Feldlager betrieben. Die deutschen Soldaten waren Teil des Nato-Kampfeinsatzes, der 2014 beendet wurde. Damals galt Kundus als relativ sicher.
    Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen bezeichnete die jetzige Sicherheitslage als "besorgniserregend". Die Ereignisse müssten genau analysiert werden. Diese Prüfung müsse wiederum Grundlage sein für die anstehende Nato-Entscheidung im Herbst über die weitere Stationierung von Truppen.
    (mg/tzi)