Aschraf Ghani übernimmt das Präsidentenamt von Hamid Karsai, der nach der US-geführten Invasion und der Vertreibung der Taliban seit Mitte 2002 an der Spitze Afghanistans gestanden hatte. Karsai war eigenen Worten zufolge froh, das schwierige Amt endlich abgeben zu können. Der frühere Finanzminister und Weltbank-Experte Ghani wurde am Montag im Präsidentenpalast in Kabul vereidigt. "Wir sind kriegsmüde", sagte er in einer Fernsehansprache. "Unsere Botschaft ist Frieden, aber dies bedeutet nicht, dass wir schwach sind."
We are tired of wars. We want peace. - President Ghani— Ashraf Ghani (@ashrafghani) 29. September 2014
Schwierige Zweckgemeinschaft
Seinen bisherigen Rivalen Abdullah Abdullah vereidigte Ghani wie vereinbart als Regierungschef. Ghani und Abdullah hatten monatelang über den Ausgang der Stichwahl um das Präsidentenamt vom Juni gestritten und sich gegenseitig Manipulationen vorgeworfen. Beide Lager hatten zum Teil auch mit Gewalt gedroht. Die USA vermittelten schließlich eine Neuauszählung der Stimmen der Stichwahl.
Daraufhin einigten Ghani und Abdullah sich vor gut einer Woche auf eine Teilung der Macht, die Abdullah das neu geschaffene Amt des Regierungschefs erinbrachte. "Unsere Pflichten werden wir gemeinsam erfüllen als Team, um eine nationale Einheit zu bilden", sagte Abdullah. Ungeachtet der Machtteilung und der Signale von Harmonie zwischen Ghani und Abdullah gilt die politische Situation in Afghanistan jedoch als schwierig.
Mehrere Attentate überschatten Wechsel an der Staatsspitze
Mehrere Attentate am Tag des Machtwechsels zeigen, in welch prekärer Lage sich das Land kurz vor dem Abzug der Nato-Schutztruppe Isaf Ende des Jahres befindet. Während sich die Zeremonie im schwer bewachten Präsidentenpalast von Kabul vollzog, sprengte sich ein Selbstmordattentäter auf der Straße in die Luft, die den Palast mit dem Flughafen verbindet. Mindestens sechs Menschen kamen dabei ums Leben, wie Polizeisprecher Abdul Latif sagte.
In der Provinz Paktia im Osten des Landes explodierte zudem eine Autobombe in der Nähe eines Regierungsanwesens, das kurz darauf von Bewaffneten angegriffen wurde. Wie Sicherheitsbeamte mitteilten, starben bei dem Feuergefecht sieben Taliban sowie vier Polizisten und zwei Zivilisten. Der Kampf gegen Gewalt und Unsicherheit in Afghanistan wird die wohl größte Herausforderung für den neuen Präsidenten.
Sicherheitsabkommen soll Dienstag unterzeichnet werden
Das lange verzögerte Sicherheitsabkommen über den Verbleib ausländischer Soldaten in Afghanistan soll am Dienstag unterzeichnet werden, kündigte US-Präsidentenberater John Podesta in Kabul an. Damit macht Präsident Ghani den Weg für eine Nachfolgeregelung nach dem Abzug der internationalen Kampftruppen Ende des Jahres frei.
Der bisherige Präsident Karsai hatte sich über Monate hinweg geweigert, die Unterschrift unter die Verträge zu setzen. Das Auswärtige Amt bezeichnete die Unterzeichnung als "überfällig".