In einem Flüchtlingslager am Rande von Kabul, sitzt Yousuf mit seinen Kindern und seiner Frau an einem Lagerfeuer vor einer provisorischen Hütte. Vor rund acht Jahren ist der 60-Jährige mit seiner Familie wegen des Krieges aus dem Osten Afghanistans in die Hauptstadt geflohen. Seitdem leben sie, wie viele andere Flüchtlinge im eigenen Land, unter armseligen Bedingungen.
Mit Altholz und anderen Abfällen machen sie Feuer zum Kochen und für etwas Wärme. Jetzt im Winter sinken die Temperaturen in Kabul deutlich unter 0 Grad.
"Fünf Kinder haben wir schon verloren, wegen der schlechten Luft und der Kälte. Wir haben nicht genug Geld für einen Arzt oder für Medikamente. Wir haben kaum genug zu essen für die Kinder."
Kabul gehört inzwischen zu den Großstädten mit der schlimmsten Luftverschmutzung weltweit. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO sterben infolge der schlechten Luft jährlich fast 40.000 Menschen in Afghanistan, sogar mehr als durch Krieg und Terror.
Besonders betroffen sind Frauen und Kinder. Im Indira Gandhi Kinderkrankenhaus in der afghanischen Hauptstadt herrscht Hochbetrieb. Viele Kinder würden mit Atemwegserkrankungen eingeliefert, sagt Doktor Saifulah Abassin:
"Wir haben viel zu viele Patienten. In dieser Abteilung gibt es 10 Betten und wir haben hier 30 Kinder, die behandelt werden müssen. Deshalb fehlt es an allem, auch an Medikamenten. Denn wir werden vom Ministerium nur für 10 Patienten ausgestattet."
"Der Krieg hat die gesamte Infrastruktur zerstört"
Wie in vielen anderen Großstädten, gibt es auch in der sechs-Millionen-Metropole Kabul unterschiedliche Ursachen für die extreme Luftverschmutzung. Alte Autos, schlechter Treibstoff, flächendeckende Müllverbrennung und die vielen Dieselgeneratoren, die bei häufigen Stromausfällen für die Energieversorgung eingesetzt werden. Der Krieg habe die gesamte Infrastruktur zerstört, klagt Ezatullah Sediqi, der Direktor der afghanischen Umweltbehörde.
"Die Luft in Kabul war früher mal vorbildlich. Die Leute sind wegen der guten Luft her gekommen. Aber nach drei Jahrzehnten Krieg haben wir alles verloren. Die gesamte Infrastruktur für die Energieversorgung, für die Wasserversorgung und auch für den öffentlichen Verkehr. Alles ist kaputt."
Hohe Kosten für andere Energiequellen führen dazu, dass in vielen Haushalten Abfälle verbrannt werden und über der Stadt meist eine dunkle übel riechende Rauchwolke liegt. Die sonst malerischen Gebirgsketten rund um Kabul sind dann kaum noch zu sehen. Die Behörden haben eine Aufklärungskampagne gestartet. Nargis Mohmand, die Sprecherin der Stadtverwaltung:
"Wenn sich jeder an die Vorschriften halten würde, könnte die Luftverschmutzung begrenzt werden und es wäre nicht so schlimm, wie jetzt. Aber die Leute machen nicht mit und verbrennen ihren Müll, statt ihn ordnungsgemäß zu entsorgen. Wenn das nicht bald aufhört, werden wir noch viele Jahre mit den Konsequenzen leben müssen."
"Man kann kaum atmen"
In anderen Großstädten in Südasien sieht es ähnlich aus. Im benachbarten Pakistan liegt Lahore, die zweitgrößte Stadt des Landes, unter einer dichten Wolke aus Rauch und Abgasen.
Wegen der schlechten Luft wurden Ende vergangener Woche die Schulen geschlossen. Fußgänger auf den Straßen und Motorradfahrer tragen Atemschutzmasken.
"Es juckt in den Augen und kratzt im Hals. Man kann kaum atmen. Die Regierung sollte endlich was unternehmen und das Problem lösen."
Der pakistanische Chefmeterologe, Sahibzad Khan macht Indien verantwortlich. Dort würden die Felder abgebrannt. Das mache sich auch diesseits der Grenze bemerkbar.
"Nach den aktuellen Werten liegt die Luftverschmutzung an der Grenze in Wagah bei über 400 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Hier am Flughafen sind es 227. Das zeigt doch eindeutig, dass das alles von Indien rüberkommt. Aber wenn es ein wenig regnet und etwas Wind aufkommt, wird das die Situation schon verbessern."
Politiker schieben sich gegenseitig die Schuld zu
Im Norden Indiens ist die Lage seit Wochen katastrophal. Nachdem die Feinstaubbelastung in Delhi Anfang des Monats Rekordwerte erreicht hatte, riefen die Behörden den Gesundheitsnotstand aus und setzten vorübergehend Notfallmaßnahmen in Kraft, unter anderem, partielle Fahrverbote. An geraden und ungeraden Tagen durften nur Fahrzeuge mit entsprechendem Kennzeichen fahren.
Dies reiche nicht aus, riefen die Teilnehmer bei mehreren Demonstrationen gegen die Luftverschmutzung.
"Ich bin stinksauer, aber was kann man tun? Wir sind es leid, der Regierung immer wieder zu sagen, dass endlich was passieren muss. Die ignorieren uns einfach."
Selbst die Richter am Obersten Gerichtshof in Delhi sind zu dem Schluss gekommen, dass die verhängten Notfallmaßnahmen nicht ausreichten und mahnten eine dauerhafte Lösung an.
Doch die Politiker schieben sich gegenseitig die Schuld zu - oder sie geben seltsame Ratschläge gegen die Luftverschmutzung. Indiens Gesundheitsminister Harsh Vardan empfahl auf Twitter Karotten zu essen, weil Vitamin A gegen Folgekrankheiten helfe. Und ein Politiker der Regierungspartei BJP in Uttar Pradesh soll indischen Medienberichten zufolge empfohlen haben, den Regengott Indra mit einem Feuerritual zu besänftigen, denn Regen würde die Luft reinigen und die Lage verbessern.