Es waren dramatische Szenen im Herzen Kabuls. Noch während Krankenwagen vorfuhren, um die vielen Verletzten zu versorgen, lieferten sich Sicherheitskräfte Schusswechsel mit mehreren Extremisten.
Zuvor hatten die Angreifer gegen neun Uhr morgens Ortszeit einen ganzen Lastwagen voller Sprengstoff zur Explosion gebracht. Die Druckwelle sei in der gesamten Innenstadt zu spüren gewesen, so berichten es Anwohner in Kabul. Die Gegend, in der sich der Anschlag ereignete, ist eigentlich schwer gesichert, die Polizei nennt ihre Kontrollpunkte martialisch "Ring of Steel", zu deutsch: "Stahlring". Aber den Lastwagen hatte offenbar niemand kontrolliert. Zum Zeitpunkt der Explosion waren in dem betroffenen Viertel viele Menschen unterwegs. Ein Ladenbesitzer ganz in der Nähe schildert den Ablauf so:
"Wir hatten unser Geschäft gerade geöffnet, als wir eine laute Explosion hörten. Viele Menschen hatten Schnittwunden, durch herumfliegende Glas-Splitter. Und dann immer wieder die Schusswechsel."
15 Geheimdienstmitarbeiter getötet
Ziel der Angreifer war ein Gebäude des afghanischen Geheimdienstes NDS. Dort sind Personenschützer untergebracht. Nach Angaben eines NDS-Offiziellen starben 15 Mitarbeiter der Behörde. Die Taliban sprachen von einer Gruppe von Angreifern, die sich auf dem Gelände des Geheimdienstes Feuergefechte mit den Sicherheitskräften geliefert hätten. Allerdings übertreiben sie in ihren Stellungnahmen häufig. Bisher ist nicht klar, wie viele Extremisten an dem Angriff beteiligt waren. Die Behörden erklärten lediglich, ein Angreifer sei nach der Explosion von Soldaten erschossen worden. Am Nachmittag besuchte der Geschäftsführer der Regierung, Abdullah Abdullah, den Anschlagsort, sichtlich nieder geschlagen.
"Die Taliban haben in der vergangenen Woche ihre so genannte Frühjahrsoffensive verkündet. Aber sie werden überall geschlagen, und sie haben enorme Verluste hinnehmen müssen. Mit diesem Anschlag heute wollten sich einfach nur Rache nehmen."
Tatsächlich haben die Taliban die Verantwortung für die heutige Tat übernommen, und sie hatten vor einer Woche mit genau solchen Anschlägen gedroht. Die Extremisten versuchen derzeit in zehn der mehr als 30 Provinzen, Armee und Polizei anzugreifen. In der Provinz Helmand in Südafghanistan sind seit Wochen amerikanische Spezialeinheiten im Einsatz, damit strategisch wichtige Orte nicht an die Taliban fallen. Und seit Tagen wird auch in der Provinz Kundus in Nordafghanistan gekämpft. Die Großstadt Kundus war im vergangenen September für mehr als eine Woche in der Hand der Taliban. Damals waren auch Bundeswehrsoldaten nach Kundus geflogen, um die afghanische Armee bei der Rückeroberung zu beraten.