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33. Afrika-Cup
Zwischen Corona, Massenpanik und Bürgerkrieg

Der 33. Afrika-Cup in Kamerun ist zu Ende. Schon vorab stand das Kontinental-Turnier in der Kritik - mitten in der Pandemie, ein lasches Hygienekonzept und Probleme mit Terror und Bürgerkrieg. Doch spielerisch gab es einige Höhepunkte.

Von Dunja Sadaqi |
Viertelfinale beim Afrika-Cup in Kamerun
Viertelfinale beim Afrika-Cup in Kamerun (picture alliance/empics/BackpagePix)
Bereits vor dem Start des 33. Afrika-Cup of Nations in Kamerun stand das Kontinental-Turnier ordentlich in der Kritik. Das Turnier sollte eigentlich 2019 schon im Land stattfinden, wurde aber verschoben, aus Sorge Kamerun sei nicht bereit. Dann 2021 die Pandemie - wieder verschoben. Die Kritik riss aber auch 2022 nicht ab.

"Gab es jemals ein Turnier, das weniger respektiert wurde als der Afrika Cup?"

Erstens: Top-Spieler aus europäischen Ligen, die mitten in der Saison für den Afrika-Cup abgezogen wurden. Das passte vielen Klubs in Europa so gar nicht. Für manche afrikanische Spieler eine respektlose Diskussion gegenüber dem afrikanischen Fußball - immerhin ist der AFCON eines der größten Sportevents des Kontinents mit weltweit bekannten Top-Spielern, kritisierte öffentlich der ehemalige englische Arsenal-Kicker Ian Edward Wright.
„Gab es jemals ein Turnier, das weniger respektiert wurde als der Afrika-Cup? Die Berichterstattung ist komplett rassistisch gefärbt. Wir haben unsere Europameisterschaft mitten in einer Pandemie in 10 Ländern gespielt, das war kein Problem. Aber wenn Kamerun, ein einziges Land, ein Turnier ausrichtet - das ist eins? Es gibt Spieler, die gefragt werden, ob sie die Einberufungen in ihre Nationalmannschaften ehren werden. Stellen Sie sich vor, das würde ein englischer Spieler gefragt werden. Können Sie sich den Aufruhr vorstellen?“

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Das zweite Top-Thema: der Umgang mit der Pandemie. Gastgeberland Kamerun stand wochenlang als Hochrisikogebiet für sein intransparentes Hygienekonzept am Pranger. Die Regeln vor Ort: nur geimpfte und getestete Fans durften in die Stadien. Das enttäuschte viele in Kamerun, wo nicht einmal sechs Prozent der Bevölkerung geimpft sind. Auch die Stadien wurden nur zu 60 Prozent ausgelastet, 80 Prozent, wenn Gastgeberland Kamerun spielte. Trotzdem: Zahlreiche Spieler infizierten sich im Laufe des Turniers. 

Massenpanik vor dem Stadion

Ein trauriger Höhepunkt des Turniers - vor dem Achtelfinale Kamerun gegen die Komoren kam es zu einer Massenpanik vor einem Einlasstor des Olembé-Stadions in der Hauptstadt - acht Menschen kamen dabei ums Leben, 38 wurden verletzt. Die Massenpanik ereignete sich vor Einlass-Toren, an denen letzte Ticketkontrollen stattfinden sollten. Zeugen berichteten, dass am Abend Chaos geherrscht habe, weil Fans ohne Tickets versuchten hätten, sich Zugang zum Stadion zu verschaffen. Die Tragödie sorgte dafür, dass das Olembé Stadion danach vorerst für Spiele gesperrt wurde. Der Präsident des afrikanischen Fußballverbandes CAF, Patrice Motsepe, sagte:

Es gibt null Toleranz, absolut null Toleranz gegenüber Umständen, die dazu führen könnten, dass Menschen im Stadion verletzt werden oder Menschen ihr Leben verlieren.

Zwischenbilanz vom Africa Cup - Interview mit Trainer Gernot Rohr
Kameruns Regierung und der afrikanische Fußballverband kündigten eine Untersuchung an, kurzzeitig wurden die Spiele im Olembé Stadion ausgelagert - Olembé war für 300 Millionen US-Dollar extra für das Turnier gebaut worden - für das Finale wurde das Stadion wieder freigegeben. 
Im Laufe des Turniers quasi ausgeblendet: Kamerun befindet sich seit 2016 in einem blutigen Bürgerkrieg. Die englischsprachige Minderheit fühlt sich von der französischsprachigen Regierung diskriminiert. Separatisten fordern ihren eigenen Staat "Ambazonien". Präsident Paul Biya regiert mit brutaler Repression. Gleichzeitig gefährdet die Terrormiliz Boko Haram die Sicherheit des Landes. Kritiker im Land warfen schon im Vorfeld Kameruns umstrittenem Präsidenten Paul Biya vor, er wolle das Fußball-Turnier nutzen, um vom Konflikt in seinem Land abzulenken. Trotzdem: für einige Menschen in Kamerun war der Afrika-Cup ein Lichtblick in einer schwierigen Zeit. Denn auch die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie treffen viele Fans wirtschaftlich hart.

Am 6. Februar selbst werde ich im Olembé-Stadion sein. Wir werden bis zum 6. Februar den Afrika-Cup unterstützen, auch wenn Kamerun nicht dabei ist .

Spielerische Höhepunkte im Turnier

Spielerisch gab es im Turnier einige Höhepunkte. Mit Salima Mukansanga aus Ruanda pfiff zum ersten Mal eine Schiedsrichterin ein Spiel der afrikanischen Kontinentalmeisterschaft. Kleine Fußballnationen wie Äquatorialguinea und Gambia überraschten und kämpften sich bis ins Viertelfinale. Enttäuscht hatte dagegen unter anderem der amtierende Afrika-Cup und jüngste Arab-Cup Meister Algerien. Dieser schied überraschenderweise schon in der Gruppenphase vorzeitig aus dem Turnier aus.
Obwohl die Fans des Gastgeberlandes bis zuletzt auf einen Einzug ins Finale gehofft hatten, war nach einem spannenden Halbfinal-Elfmeterschießen gegen Ägypten Schluss für Kamerun. Im Finale traf Rekordsieger Ägypten (7 Titel) auf Senegals Fußballnationalmannschaft.
Korrektur: In einer früheren Version dieses Beitrags hieß es, Kamerun sei im Halbfinale gegen die Elfenbeinküste ausgeschieden. Kamerun verlor im Halbfinale aber gegen Ägypten.