"Das sind ganz harte Zeiten", sagt Nigerias Finanzministerin Kemi Adeosun. "Und auf den Straßen ist zu sehen, was die Menschen durchmachen." Die Ministerin bemüht sich um Optimismus und Mitgefühl in Nigerias Wirtschaftskrise. Und die Bürger klagen:
"Seit ich geboren bin, habe ich noch nie eine so schlechte Wirtschaftslage erlebt", sagt dieser junge Mann in der Hauptstadt Abuja. "Es ist schlimm!" Die Preissteigerungsrate lag im Juli bei mehr als 17 Prozent. Die Arbeitslosigkeit steigt.
Und es könnte noch schlimmer werden. Noch im April schätzte der Internationale Währungsfonds IWF, Nigerias Wirtschaft werde in diesem Jahr um etwa 2,3 Prozent wachsen. Mittlerweile sagen die IWF-Experten, sie werde um ungefähr 1,8 Prozent schrumpfen. Nigerias Finanzministerin Adeosun folgt der alten Faustregel: Wirtschafts- und Finanzpolitik hat viel mit Stimmungslagen zu tun – deshalb versucht sie, Optimismus zu verbreiten.
"Wir sollten nicht jedes Mal in Panik geraten, wenn der IWF etwas sagt. Wir sollten auf das vertrauen, was wir selbst tun. Ich bleibe extrem zuversichtlich."
Die Ursachen für Nigerias Wirtschaftsmisere sind teils international begründet, teils hausgemacht. Der Preissturz an den Internationalen Ölmärkten hat Nigeria hart getroffen. 70 Prozent der Staatseinnahmen stammen aus dem Ölgeschäft, entsprechend groß sind jetzt die Finanzlöcher.
Damit aber nicht genug: Im ölreichen Süden des Landes gab es massive Sabotage-Akte gegen Öl-Pipelines und Förderplattformen. Die Saboteure fordern, dass die arme Bevölkerung mehr vom Ölreichtum des Landes bekommen sollte. Durch die Zerstörungen sackte die Rohölforderung zum ersten Mal seit Mitte der 90er-Jahre auf etwa 1,6 Millionen Fass pro Tag ab. Nigerias Staatshaushalt basiert aber auf Einnahmen aus einer Förderung von 2,2 Millionen Fass pro Tag.
Abwertung der Landeswährung zu lange hinausgezögert
Und: Viel zu lange, meinen Wirtschaftsexperten, habe sich Präsident Muhammadu Buhari dagegen gestemmt, die Währung des Landes abzuwerten. Erst im Juni gab er nach. Seither hat der Naira 40 Prozent seines Wertes verloren.
Darunter leiden viele Firmen, die Ersatzteile, Maschinen und Rohprodukte mit Devisen bezahlen müssen. Obwohl Nigerias Regierung darauf drängt, es müsse mehr im Land selbst produziert werden, um teure Importe zu vermeiden: Die nigerianische Industrie muss teilweise Produktionen stoppen und Leute entlassen. Weil sie keine Devisen auftreiben kann, um dringend notwendige Importe zu bezahlen.
Nigerias Regierung sagt, das zweite Halbjahr werde wirtschaftlich besser werden. Dann werde man spüren, dass der Staat große Investitionsprogramme aufgelegt habe. Und man hofft, dass internationale Investoren wieder mehr Interesse an Nigeria gewinnen. Momentan sieht es nicht nach einer Erholung aus. Deshalb ist die Einschätzung der Finanzministerin wohl richtig:
"Es sind ganz harte Zeiten und auf den Straßen Nigerias ist zu sehen, was die Menschen durchmachen."