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Afrika und die Auswirkungen der hohen Nahrungsmittelpreise

Angesichts weltweit steigender Nahrungsmittelpreise hat der EU-Lateinamerikagipfel in Peru das Thema Lebensmittelversorgung nachträglich auf die Agenda des Treffens genommen. Mit den Auswirkungen der Lebensmittelpreise auf die Situation in Afrika hat sich auch der OECD-Wirtschaftsbericht befasst, der heute in Berlin vorgelegt wird.

Von Dieter Nürnberger |
    Dieser aktuelle Blick der OECD auf die wirtschaftliche Entwicklung Afrikas ist auf jeden Fall nicht ganz so pessimistisch, wie man es derzeit, aufgrund der Lebensmittel-Krise und der damit verbundenen steigenden Preise wohl erwarten könnte. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sieht sogar mittel- und langfristig Potentiale in doch einigen Ländern des afrikanischen Kontinents, somit seien die wirtschaftlichen Aussichten nicht per se negativ. Doch der Reihe nach: Die Gründe für die steigenden Nahrungsmittelpreise seien vielschichtig, sagt Denise Wolter, sie gehört zu den Autoren des Berichts.

    " Es gibt kurzfristige Faktoren: So hatten Länder wie Australien eine viel geringere Lebensmittelproduktion als vorhergesehen. Aber es gibt auch Faktoren, die langfristig die Preise nach oben treiben. Dazu zählt auch die zunehmende Nutzung von Pflanzen für die Energieproduktion. Und generell natürlich auch die steigenden Energiepreise. Da sind Faktoren, die auch dazu führen werden, dass Nahrungsmittelpreise längerfristig auf einem höheren Niveau bleiben werden. Kurzfristig sind wir natürlich schon für Nothilfemaßnahmen. Gleichzeitig kann man es langfristig als Chance sehen, man muss insbesondere in Afrika wieder das Augenmerk auf den Landwirtschaftssektor richten, auf die Nahrungsmittelproduktion. "

    Die OECD sieht es also eher als wahrscheinlich an, dass die hohen Lebensmittelpreise erhalten bleiben - und für Afrika sei ein Produktivitätsschub im Landwirtschaftssektor von sehr wichtiger Bedeutung. In der Analyse der OECD heißt es, dass einige afrikanische Länder in der Vergangenheit eben die eigene Produktivität doch eher vernachlässigt haben, eventuell auch, weil sie zu sehr auf den Export von Gütern gesetzt haben. Kurzfristig könne man daher an einer solchen Situation wenig ändern. Mittel- und langfristig aber schon, sagt die OECD-Expertin.

    " In Ghana beispielsweise gilt es, erst einmal die Märkte und den Transport zu verbessern. Ghana hat nämlich das Problem, dass eigentlich genug Nahrungsmittel im Land sind, aber sie kommen derzeit einfach nicht vom Süden in den Norden. Wegen einer mangelnden Infrastruktur vor Ort. Der Ausbau der Transport- und Marktinfrastruktur ist daher enorm wichtig. Man muss aber auch wieder vermehrt in Forschung und Entwicklung investieren. Neuere Erkenntnisse beispielsweise über verbessertes Saatgut müssen dann aber auch an den Mann gebracht werden. Man braucht dafür Unterstützung, aber dafür stehen ja nun auch Gelder bereit, die Weltbank hat ja nun auch annonciert, dass die Hilfe für den Agrarsektor auf 800 Millionen Dollar aufstocken will. "

    In Sambia beispielsweise seien derzeit nur 15 Prozent der traditionell verfügbaren Agrarflächen genutzt, da könne man etwas tun, so die OECD. Als positives Beispiel wird auch die Entwicklung in anderen Teilen der Erde angeführt - etwa in Südost-Asien. Um rund 30 Prozent ging hier der Anbau bestimmter Ernährungspflanzen zwischen 1990 und 2006 nach oben, in Afrika hingegen gab es in diesem Zeitraum eine Stagnation in diesem Bereich. So könnte die gegenwärtige Situation auf den Märkten auch langfristig positive Seiten haben, wenn es denn gelänge, funktionierende Lebensmittelmärkte in Afrika zu etablieren. Allerdings dürfe man hier nicht für alle Länder positive Effekte erwarten. Noch einmal Denise Wolter.

    " Es gibt Länder, die haben ein großes Potential, andere hingegen weniger. Gleichzeitig besteht aber auch ein ungenutztes Potential im regionalen Handel zwischen den afrikanischen Ländern. Sambia könnte beispielsweise Nahrungsmittel exportieren, tut es aber nicht, weil die Wirtschaft vor allem auf Kupferabbau basiert. Auch Nigeria hat ein unerschöpftes landwirtschaftliches Potential, kümmert sich aber vor allem um die Ölproduktion. Es gibt also mögliche Diversifizierungs-Strategien für die Länder. "

    Die OECD setzt also vor allem auf einen privaten, kommerziellen Sektor in der Agrarwirtschaft, um die Probleme in Afrika zu lösen. Dieser Prozess sollte mit Geldern der Weltgemeinschaft auch angestoßen werden. Dann sei auch Fortschritt möglich. Schwarzmalerei sei daher kein guter Ratgeber für Afrika, es gäbe durchaus Anzeichen, dass man die gegenwärtige Situation auch positiv wenden könne.