Die Beleidigung im Vorbeigehen, eine Missachtung bei der Bestellung im Restaurant oder die leidvolle Erfahrung, bei der Wohnungssuche ständig abzublitzen: Immer wieder erleben schwarze Menschen im deutschen Alltag Diskriminierung und Rassismus. Sie erzählen davon in Büchern, Medien und sozialen Netzwerken, meist aber bleibt es bei diesen subjektiven Erfahrungsberichten. In Deutschland mangele es an Statistiken und Datensätzen zu anti-schwarzem Rassismus, kritisieren Aktivisten und Wissenschaftler wie der Politologe Joshua Kwesi Aikins von der Universität Kassel.
Der sogenannte Afrozensus, den Aikins mitverantwortet, soll diese Datenlücke jetzt schließen. Dabei handelt es sich um eine Online-Befragung, durchgeführt unter anderem von dem Verein "Each One Teach One" und dem Think Tank "Citizens for Europe", einer zivilgesellschaftlichen Organisation, die sich für Teilhabe, Vielfalt und Demokratie einsetzt. In den vergangenen Monaten wurden mehrere tausend schwarze Menschen nach ihrem Leben in Deutschland befragt.
Diskriminierung sichtbarer machen
"Es geht um das genauere Hinschauen, die tiefere Analyse", sagte Aikins im Dlf. Mithilfe des Afrozensus wolle man sich ein umfassendes Bild der Lebenssituation schwarzer Menschen in Deutschland machen. Es gehe zum einen darum, Diskriminierungserfahrungen besser zu erfassen, andererseits wolle man aber auch die Verdienste schwarzer Menschen innerhalb der deutschen Gesellschaft sichtbarer machen.
Aus den Daten wolle man in einem zweiten Schritt konkrete politische Forderungen ableiten, so Aikins: "Wir haben die klare Erwartung, dass Deutschland seinen menschenrechtlichen Verpflichtungen nachkommt, dass die Erfahrungen schwarzer Menschen ernst genommen werden und dass hier gehandelt wird."