Bezeichnenderweise taucht jede Menge Spielzeug auf: Da ist eine Massenkarambolage im Modelleisenbahnformat, lauter verbeulte, ineinander verkeilte VW-Käfer, die auf einer Straßenkreuzung offensichtlich ein Hakenkreuzsymbol aus feldgrauem Schrott bilden. Man möchte dieser grotesken Verbildlichung der dummen These vom "Unfall der Geschichte" spontan zustimmen, zugleich ärgert man sich über die Plattitüde. Doch genau diese Portion Häme haben die Brit-Pop-Brüder Jake & Dinos Chapman selbstverständlich in ihr sarkastisches Konzept einkalkuliert.
Unsere eigene Bild-Erinnerung kommt ähnlich schnell ins Schleudern: Sind Moral und Ästhetik, Political Correctness und Freiheit der Kunst auf einen Nenner zu bringen? Das Bilderverbot der NS-Embleme wie des Holocaust ist ambivalent. Nicht umsonst polarisieren die Fotos der Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht" das Land bis heute. Trotz aller gut gemeinten Verbote, trotz aller Reinwaschungs-Bemühungen leben sie weiter, werden von Generation zu Generation verändert und vererbt.
Auch der junge Kalifornier David Levinthal zeigt Spielzeug: Doch die zunächst scheinbar harmlosen, unscharf fotografierten Figuren entpuppen sich als Original-NS-Personal: Mini-Blockwarte und Melde-Kradfahrer, gar ein uniformiertes Führerpüppchen ist darunter. Man reibt sich die Augen: aus Memory-Spiel wird unter der Hand Ernst, aus bunter Action die Inszenierung der Endlösung; der Künstler als Bildstörenfried. Natürlich haben solche Bildstörungen ihre Ursachen in der gestörten Kommunikation über die Katastrophe. Nach dem so genannten "Zusammenbruch" schwiegen die Täter vorwiegend, sie Söhne und Töchter rebellierten, mit dogmatischen Schuldzuweisungen. Inzwischen hat die dritten Generation, die der Enkel, begonnen sich mit der Erinnerung auseinanderzusetzen, eine Generation, die sich nicht mehr auf eigene Anschauung stützen kann, sondern auf versteckte, zufällig gefundene, mehr oder minder verzerrte beziehungsweise offiziös beglaubigte Bilder angewiesen ist.
Gerade diese Sorte "After Images" machen die Ausstellung sehenswert. Das junge Bremer Konzeptkünstlerduo Andree Korpys und Markus Löffler transportiert die Situation des Gedenkens aus zweiter Hand auf absurd-einleuchtende Weise: Demonstrativ haben sie irgendeinen drittklassigen Plakatmaler beauftragt, Bilder von den Gedenkstätten Buchenwald und Bergen-Belsen zu pinseln, auf denen sie selbst wie auf Urlaubs-Erinnerungsfotos posieren: Die Resultate: absurd-surreale, bonbonfarbene Landschaften mit Heidekraut, Birken und Gedenk-Architektur oder eine fatale Tankstelle am KZ Buchenwald, wie eine schlechte Edward Hopper-Kopie. Hier werden "Nach-Bilder" zu Afterbildern, mies gemalt - gut getroffen. Ganz anders funktionieren die Hollywood-"Nazis", die der Pole Piotr Uklanski beim Videothekenstudium von Filmen über die NS-Zeit gefunden und zu einer Galerie der Banalität des Bösen arrangiert hat: Klaus Kinsky, Roger Moore oder Yul Brynner als "Bad Guys" - Bilder aus zweiter und dritter Hand, die nicht mehr inszeniert zu werden brauchen und ebenso überraschend komplementär wirken wie die optischen Nachbilder aus dem Physikunterricht.
Gerade die jüngeren Künstler bestechen und verwirren durch eine respektlose Mischung aus Frechheit und Einfühlungsvermögen, Ironie und Ernst. Scheinbar naiv gehen sie an das unsäglich belastete Thema heran und erreichen dabei ein verblüffendes Reflexionsniveau. Vielleicht liegt dies auch daran, dass für "After Images" nicht nur Kunsthistoriker verantwortlich zeichnen. Die interdisziplinäre Auswahl wurde von dem seit langem über Erinnerungskultur forschenden Essener Sozialpsychologen Harald Welzer betreut sowie von dem US-Sprachwissenschaftler James E. Young. Außerdem wurde das Unternehmen von einem kulturwissenschaftlichen Seminar der Bremer Universität begleitet. So gelang eine beklemmend dichte Schau, die eindringlich zeigt, wie lebendig – trotz aller Verdrängungsversuche der letzten 50 Jahre – die inneren Bilder von der Shoa sind. Schade nur, dass sich die Kuratoren nicht entschließen konnten, das umstrittene "LEGO-Concentrationcamp" von Zbigniew Libera mit in die Auswahl aufzunehmen. Doch die Bremer Botschaft lautet wohl: die jungen Künstler, die sich in die Debatte um jenes Bildererbe einmischen, sind aus dem Spielzeugalter heraus.
Unsere eigene Bild-Erinnerung kommt ähnlich schnell ins Schleudern: Sind Moral und Ästhetik, Political Correctness und Freiheit der Kunst auf einen Nenner zu bringen? Das Bilderverbot der NS-Embleme wie des Holocaust ist ambivalent. Nicht umsonst polarisieren die Fotos der Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht" das Land bis heute. Trotz aller gut gemeinten Verbote, trotz aller Reinwaschungs-Bemühungen leben sie weiter, werden von Generation zu Generation verändert und vererbt.
Auch der junge Kalifornier David Levinthal zeigt Spielzeug: Doch die zunächst scheinbar harmlosen, unscharf fotografierten Figuren entpuppen sich als Original-NS-Personal: Mini-Blockwarte und Melde-Kradfahrer, gar ein uniformiertes Führerpüppchen ist darunter. Man reibt sich die Augen: aus Memory-Spiel wird unter der Hand Ernst, aus bunter Action die Inszenierung der Endlösung; der Künstler als Bildstörenfried. Natürlich haben solche Bildstörungen ihre Ursachen in der gestörten Kommunikation über die Katastrophe. Nach dem so genannten "Zusammenbruch" schwiegen die Täter vorwiegend, sie Söhne und Töchter rebellierten, mit dogmatischen Schuldzuweisungen. Inzwischen hat die dritten Generation, die der Enkel, begonnen sich mit der Erinnerung auseinanderzusetzen, eine Generation, die sich nicht mehr auf eigene Anschauung stützen kann, sondern auf versteckte, zufällig gefundene, mehr oder minder verzerrte beziehungsweise offiziös beglaubigte Bilder angewiesen ist.
Gerade diese Sorte "After Images" machen die Ausstellung sehenswert. Das junge Bremer Konzeptkünstlerduo Andree Korpys und Markus Löffler transportiert die Situation des Gedenkens aus zweiter Hand auf absurd-einleuchtende Weise: Demonstrativ haben sie irgendeinen drittklassigen Plakatmaler beauftragt, Bilder von den Gedenkstätten Buchenwald und Bergen-Belsen zu pinseln, auf denen sie selbst wie auf Urlaubs-Erinnerungsfotos posieren: Die Resultate: absurd-surreale, bonbonfarbene Landschaften mit Heidekraut, Birken und Gedenk-Architektur oder eine fatale Tankstelle am KZ Buchenwald, wie eine schlechte Edward Hopper-Kopie. Hier werden "Nach-Bilder" zu Afterbildern, mies gemalt - gut getroffen. Ganz anders funktionieren die Hollywood-"Nazis", die der Pole Piotr Uklanski beim Videothekenstudium von Filmen über die NS-Zeit gefunden und zu einer Galerie der Banalität des Bösen arrangiert hat: Klaus Kinsky, Roger Moore oder Yul Brynner als "Bad Guys" - Bilder aus zweiter und dritter Hand, die nicht mehr inszeniert zu werden brauchen und ebenso überraschend komplementär wirken wie die optischen Nachbilder aus dem Physikunterricht.
Gerade die jüngeren Künstler bestechen und verwirren durch eine respektlose Mischung aus Frechheit und Einfühlungsvermögen, Ironie und Ernst. Scheinbar naiv gehen sie an das unsäglich belastete Thema heran und erreichen dabei ein verblüffendes Reflexionsniveau. Vielleicht liegt dies auch daran, dass für "After Images" nicht nur Kunsthistoriker verantwortlich zeichnen. Die interdisziplinäre Auswahl wurde von dem seit langem über Erinnerungskultur forschenden Essener Sozialpsychologen Harald Welzer betreut sowie von dem US-Sprachwissenschaftler James E. Young. Außerdem wurde das Unternehmen von einem kulturwissenschaftlichen Seminar der Bremer Universität begleitet. So gelang eine beklemmend dichte Schau, die eindringlich zeigt, wie lebendig – trotz aller Verdrängungsversuche der letzten 50 Jahre – die inneren Bilder von der Shoa sind. Schade nur, dass sich die Kuratoren nicht entschließen konnten, das umstrittene "LEGO-Concentrationcamp" von Zbigniew Libera mit in die Auswahl aufzunehmen. Doch die Bremer Botschaft lautet wohl: die jungen Künstler, die sich in die Debatte um jenes Bildererbe einmischen, sind aus dem Spielzeugalter heraus.