Im tiefen Berliner Nordosten, in Pankow, sitzt die Agentur DiG/Trialon, die schon sehr lange für den Wahlkampf der Linkspartei zuständig ist: Markante Slogans textet, Plakate entwirft und den Straßenwahlkampf organisiert. Agenturen betreuen die großen Linien der Wahlkampf-Kampagnen - und die praktische Umsetzung.
Bei der Agentur der Linken geht es bodenständig zu. Die Büros liegen in einem Hinterhaus mit Blick ins Grüne, kleine Firmen sind hier Nachbarn. An der Kreuzung quietscht die Tram in den Schienen, Geschäftsführer Volker Ludwig setzt den Kaffee auf, während er die Grundzüge des linken Bundestagswahlkampfes erklärt.
"Auch hier wird es um den Markenkern der Linken gehen. Soziale Gerechtigkeit. Da geht es um Arbeit, da geht es um Armut durch Hartz IV. Letztlich auch äußere Sicherheit, Fragen von Krieg und Frieden. All das wird diesen Wahlkampf auch bestimmen."
"Auch hier wird es um den Markenkern der Linken gehen. Soziale Gerechtigkeit. Da geht es um Arbeit, da geht es um Armut durch Hartz IV. Letztlich auch äußere Sicherheit, Fragen von Krieg und Frieden. All das wird diesen Wahlkampf auch bestimmen."
Lernen mit wenig Budget auszukommen
DiG/Trialon ist mit zehn Mitarbeitern eine relativ kleine Agentur, die ansonsten vor allem Non-Profit-Organisationen aus dem Kulturbereich betreut. Eine hilfreiche Erfahrung, denn so lerne man mit wenig Budget auszukommen, sagt Volker Ludwig.
"Hier gibt es ein sehr transparentes und sehr kritisches Begleiten von Kampagnen sozusagen, die geplant werden."
"Hier gibt es ein sehr transparentes und sehr kritisches Begleiten von Kampagnen sozusagen, die geplant werden."
Für den Wahlkampf der Linkspartei stehen der Agentur rund fünf Millionen Euro zur Verfügung. Das Budget der SPD beläuft sich im Vergleich auf 24 Millionen Euro. Die knappen Mittel der Linken fließen unter anderem in mobile Großflächen-Plakate, die auf einen Anhänger montiert werden und so immer wieder den Standort wechseln können. Außerdem soll etwas mehr Geld in den digitalen Wahlkampf gesteckt werden.Ganz auf klassische Werbemittel will die Linke trotzdem nicht verzichten.
"Es wird eine Riesen-Auflage von dieser Wahlzeitung, eines der Hauptverteilungsmaterialien, geben - über 10 Millionen. Das sind unsere Schwerpunkte letztlich. Es wurde weiter gekürzt bei den Ausgaben für Print-Anzeigen."
"Es wird eine Riesen-Auflage von dieser Wahlzeitung, eines der Hauptverteilungsmaterialien, geben - über 10 Millionen. Das sind unsere Schwerpunkte letztlich. Es wurde weiter gekürzt bei den Ausgaben für Print-Anzeigen."
Partei und Agentur wissen, was sie aneinander haben: Schon seit dem Jahr 2003 betreut DiG/Trialon die Linkspartei. 2005 hat Geschäftsführer Ludwig sogar den Namen "Die Linke" entwickelt. Für den gebürtigen Sachsen ist es schon der vierte Bundestagswahlkampf, rund 40 Landtagwahlkämpfe kommen hinzu.
Immer auf der Suche nach neuen Ideen
"Zu den Nachteilen könnte man vielleicht zählen, dass es einen gewissen Gewöhnungseffekt letztlich gibt und es immer die Frage gibt, schafft man es, eine neue Kampagne, neue Ideen zu entwickeln. Das ist bisher immer gelungen. Dann komme ich ganz schnell zu den Vorteilen, die das hat: gerade für eine kleine Partei wie die Linke ist es halt wichtig, ihre Marke konsistent zu führen."
Dabei stechen vor allem die einheitlich gestalteten Plakate ins Auge: weißer Grund, schwarze Schrift, rotes Parteilogo. Schlicht, aber prägnant kommt das Layout daher. Eine Ästhetik mit Wiedererkennungswert. Im Bundestagswahlkampf 2013 buhlte die Linkspartei mit Slogans wie "Statt Flaschensammeln - 1050 Euro Mindestrente" um Wählerstimmen. Aktuell wirbt sie mit höheren Steuern für Reiche. Klassische linke Themen eben. Ludwig glaubt, dass sie ziehen.
"Jetzt sind wir eigentlich in einer ganz guten Situation, einer sicheren Situation. Es gibt einerseits einen guten Teil einer Bevölkerung, die trotz der Popularität von Frau Merkel, sagen würden, nicht schon wieder die Große Koalition. Die Grünen sind nicht besonders gut aufgestellt, was die Polarisierung in diesem Wahlkampf betrifft. Wenn man jetzt nicht wirklich rückwärtsgewandt wählen will, da ist die Linke strategisch eine gute Option."
"Jetzt sind wir eigentlich in einer ganz guten Situation, einer sicheren Situation. Es gibt einerseits einen guten Teil einer Bevölkerung, die trotz der Popularität von Frau Merkel, sagen würden, nicht schon wieder die Große Koalition. Die Grünen sind nicht besonders gut aufgestellt, was die Polarisierung in diesem Wahlkampf betrifft. Wenn man jetzt nicht wirklich rückwärtsgewandt wählen will, da ist die Linke strategisch eine gute Option."
Die meisten Parteien wechseln ihre Agenturen häufiger
Die Langzeitbeziehung der Linkspartei zu ihrer Agentur ist eher die Ausnahme: CDU und SPD haben die Agenturen gewechselt. Die Grünen wagen sogar ein Experiment: Sie haben nur für diesen Wahlkampf ein Team aus der Partei nahstehenden Werbefachleuten gegründet.
Seit den 1980er-Jahren ist es in Deutschland üblich, dass Parteien für ihre Wahlkämpfe Agenturen engagieren, um mit Hilfe von Werbetextern, Grafikdesignern und Videoproduzenten ihre politischen Inhalte möglichst professionell zu transportieren.
Frank Stauss ist in der Branche, was man einen alten Hasen nennt. Der Politikberater und Werbetexter hat rund 20 Wahlkämpfe der SPD organisiert, Olaf Scholz in Hamburg zur absoluten Mehrheit verholfen und bereits 1990 bei den ersten freien Wahlen in der DDR Plakate für die Sozialdemokraten geklebt. Über all das hat er das Buch "Höllenritt Wahlkampf" geschrieben.
"Den größten Fehler, den Kampagnen insgesamt machen, also dann natürlich auch die Agenturen mit dem Kunden, ist: Hektik."
Wenn sich beispielsweise etwas ereignet, was so nicht vorhersehbar war - wie aktuell die Neuwahl in Niedersachsen. Selbst bei störenden Nachrichten oder sinkende Umfragewerten darf der Fokus der Kampagne nicht verloren gehen, so der Politikberater.
Neues Image für die FDP: Eine Partei als Produkt
Doch gibt es überhaupt so etwas wie eine "Blaupause" für einen erfolgreichen Wahlkampf? Wenn man den stetigen Anstieg in den Meinungsumfragen zum Maßstab nimmt, lohnt sich ein Blick auf die FDP. Nach der desaströsen Wahl 2013 und dem Rauswurf aus dem Bundestag hat die Partei "Heimat Berlin" als Agentur engagiert. Und die Werbeprofis haben der FDP ein neues Image verpasst: Aus den Liberalen wurden im Logo "Die Freien Demokraten". Außerdem soll "Magenta" als zusätzliche Farbe der FDP, der stets soziale Kälte unterstellt wird, einen wärmeren Touch verleihen.
Als Hauptmotiv aber wird Parteichef Christian Lindner in Szene gesetzt: mit ausdrucksstarken Fotos, oft in schwarz-weiß. So will sich die FDP wie eine Produktmarke etablieren, um wieder "in" zu werden. Für Politikberater Johannes Hillje ist es allerdings ein schmaler Grat, auf dem sich die Partei bewegt. Der 31-Jährige managte 2014 den Wahlkampf der europäischen Grünen und verhilft heute als Berater Managern, Führungskräften und Politkern zu einer größeren Öffentlichkeit. Er sagt, wenn Agenturen Parteien zu sehr als Produkt begreifen, sei das nicht wünschenswert für die Demokratie.
"Im Grunde werden Versprechungen für Politik gemacht, ähnlich wie für Produkte, die für Politik aber nicht erfüllbar sind. Und ich glaube, dass das auch langfristig zu einer größeren Politikverdrossenheit führen kann, wenn sich immer mehr an diesen Kriterien von Produktwerbung orientiert wird."
"Im Grunde werden Versprechungen für Politik gemacht, ähnlich wie für Produkte, die für Politik aber nicht erfüllbar sind. Und ich glaube, dass das auch langfristig zu einer größeren Politikverdrossenheit führen kann, wenn sich immer mehr an diesen Kriterien von Produktwerbung orientiert wird."
AfD als "happy product"
Diese Gefahr besteht vielleicht auch bei der AfD. Die Alternative für Deutschland, die eigentlich nicht zu den etablierten Parteien gehören möchte, arbeitet dennoch mit etablierten Methoden und hat ebenfalls eine Agentur engagiert. Kunkelbakker aus der Schweiz versucht, den Rechtspopulisten ein positives Image zu verpassen: mit Slogans, denen es teilweise an korrekter Grammatik fehlt.
Ein Beispiel: "Burka? Steh' ich mehr auf Burgunder", ist auf einem AfD-Plakat unter dem Foto gut gelaunter Weinköniginnen zu lesen. Aus Sicht deren Werbeprofis soll die AfD damit ein "happy product" werden, also ein Produkt, das Freundlichkeit ausstrahlt. Obwohl viele AfD-Anhänger in Meinungsumfragen als Grund für ihre Wahlentscheidung Ängste vor Terror, Kriminalität und Islam nennen.
SPD mit Erfolgs-Agentur, CDU mit Politik-Newcomer
"Deshalb möchte ich Ihnen die erste Welle unserer Plakate vorstellen, die in den nächsten Wochen in Deutschland tatsächlich geklebt werden." - SPD-Generalsekretär Hubertus Heil Ende Juli bei der Präsentation der Wahlplakate im Willy-Brandt-Haus.
Wie die CDU engagierte auch die SPD eine große Werbeagentur. Die Sozialdemokraten arbeiten mit KNSK zusammen. Die Hamburger Agentur hat bereits die Bundestagswahlkämpfe der Jahre 1998 und 2002 begleitet. Aus beiden ging Gerhard Schröder als Sieger hervor. Die CDU dagegen setzt auf einen Newcomer ohne jegliche politische Erfahrung: Jung von Matt. Auch diese Agentur sitzt in der Hansestadt, ist bislang eher für freche Werbesprüche bekannt - beispielsweise "Geiz ist geil" für einen Elektronikmarkt. Will man allerdings mehr über die Arbeit der Agenturen erfahren, wird es schwierig.
"Ich finde, das ist nicht die Aufgabe von Agenturen, mit Journalisten zu sprechen, sondern das ist die Aufgabe desjenigen, der politisch eine Kampagne verantwortet und den Kandidaten an der ganzen Geschichte. Und das gehört, glaube ich, auch dazu. Das ist eine Art des professionellen Umgangs miteinander. Und am Ende des Tages geht es nicht darum, die Agentur zu vermarkten, sondern einen Beitrag zu einer Kampagne zu leisten, die erfolgreich ist", findet SPD-Generalsekretär Hubertus Heil.
"Das öffentliche Interesse ist uns ein Stück zu groß"
Ähnlich zugeknöpft zeigt man sich in der CDU-Zentrale. Nur einmal bekommt die Hauptstadtpresse einen Verantwortlichen der Agentur Jung von Matt zu Gesicht. Das war Anfang April, als sich deren Kampagnenleiter Thomas Strerath im Konrad-Adenauer-Haus präsentiert.
"Das öffentliche Interesse ist uns ein Stück zu groß. Jetzt mögen wir ja eigentlich öffentliches Interesse. Wir würden das aber gerne auf den 25.09. verlegen."
"Das öffentliche Interesse ist uns ein Stück zu groß. Jetzt mögen wir ja eigentlich öffentliches Interesse. Wir würden das aber gerne auf den 25.09. verlegen."
Bis dahin müssen sich die Journalisten vor allem mit CDU-Generalsekretär Peter Tauber begnügen. Der lässt sich ein paar dürftige Sätze über die Strategie der Agentur entlocken, deren eigenständiger Ableger in Wien bereits für den österreichischen Bundespräsidenten Alexander van der Bellen Wahlkampf gemacht hat.
"Das zweite wichtige Element ist natürlich die Erzählung. Dafür haben wir die Agentur. Wir sind sehr, sehr froh und stolz mit Jung von Matt zusammen zu arbeiten."
"Das zweite wichtige Element ist natürlich die Erzählung. Dafür haben wir die Agentur. Wir sind sehr, sehr froh und stolz mit Jung von Matt zusammen zu arbeiten."
Die Erzählung - wie Tauber sie nennt - das sind die Inhalte, mit der die Wähler die Partei verbinden sollen. Das Thema "Sicherheit" bei der CDU wollen die Werbeprofis von Jung von Matt vermitteln, in dem sie Gefühle wie Zuversicht und Vertrauen wecken. Beim Wähler Emotionen auszulösen, erklärt Jürgen Strerath, würde bislang vor allem den populistischen Parteien glücken. Und genau da setzt er an.
"Und die Funktionsweise der Populisten ist ja nicht das 'bessere Argument' zu verwenden, sondern ist immer die Reihenfolge, erst eine Emotion, in der Regel Angst zu erzeugen und sich dann in der Regel personifiziert, als Lösung darzustellen. Die CDU hat wahrscheinlich die 'besseren Argumente', aber ist nicht so gut darin, das mit den Emotionen zu verknüpfen."
"Und die Funktionsweise der Populisten ist ja nicht das 'bessere Argument' zu verwenden, sondern ist immer die Reihenfolge, erst eine Emotion, in der Regel Angst zu erzeugen und sich dann in der Regel personifiziert, als Lösung darzustellen. Die CDU hat wahrscheinlich die 'besseren Argumente', aber ist nicht so gut darin, das mit den Emotionen zu verknüpfen."
"Moderner Patriotismus" für die CDU
Mit einem rund 30-Köpfigen Team versucht die Agentur Jung von Matt das zu ändern. Optisch schlägt es sich in klaren Farben auf den Plakaten nieder: Schwarz, Rot, Gold werden großflächig eingesetzt, aber nicht wie auf der Deutschlandfahne einfach untereinander angeordnet, sondern in schrägen, unterschiedlich breiten Balken. "Moderner Patriotismus", nennt die Agentur das. Auf manchen Plakaten lächelt die CDU-Vorsitzende Angela Merkel dem Wähler milde entgegen. Schnörkellos auch der Slogan in schwarzer Schrift auf weißem Grund: "Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben". Das ist das Leitmotiv der CDU im Bundestagswahlkampf. Für den gibt sie insgesamt 20 Millionen Euro aus. Wie viel davon an die Agentur geht, darüber schweigt man sich aus.
Politikberater Hillje spricht von einer entpolitisierten Kampagne, die ihn ein bisschen an die Werbung eines Tourismus-Verbandes erinnere.
"Die CDU fährt in diesem Wahlkampf die Strategie, so unangreifbar wie möglich zu sein, allein mit der Person Merkel zu überzeugen und zu wirken. Und eine Kampagne, die dann besonders aneckt oder kontrovers ist, die könnte dieses Image der konstanten, der Sicherheit-gebenden Merkel nur gefährden."
"Eine reine Werbeagentur, die zum ersten Mal Wahlkampf macht, tut sich meistens sehr schwer, weil es natürlich auch ein sehr kompliziertes Produkt am Ende ist", ergänzt Frank Stauss.
"Die CDU fährt in diesem Wahlkampf die Strategie, so unangreifbar wie möglich zu sein, allein mit der Person Merkel zu überzeugen und zu wirken. Und eine Kampagne, die dann besonders aneckt oder kontrovers ist, die könnte dieses Image der konstanten, der Sicherheit-gebenden Merkel nur gefährden."
"Eine reine Werbeagentur, die zum ersten Mal Wahlkampf macht, tut sich meistens sehr schwer, weil es natürlich auch ein sehr kompliziertes Produkt am Ende ist", ergänzt Frank Stauss.
Für den aktuellen Wahlkampf sind er und seine Agentur nicht zuständig. Stauss hatte der Bundes-SPD Ende 2016 abgesagt - offiziell aus Kapazitätsgründen.
Grüne mit eigens gegründeter Agentur
Schöne Bilder soll die Szene liefern. Auf den Balkonen stehen die Mitarbeiter der Bundesgeschäftsstelle der Grünen in Berlin-Mitte und reißen für die Laola-Welle die Arme nach oben. Zwei, drei Mal geht das so, bis jedes Kamerateam die Aufnahme im Kasten hat, die es braucht, um über die Eröffnung der grünen Wahlkampfzentrale Ende Mai zu berichten. Alles läuft nach Plan. Die Mitarbeiter der Agentur "Ziemlich Beste Antworten" lächeln zufrieden. Dieser Name soll Programm sein.
Die Agentur wurde extra für den Bundestagswahlkampf gegründet. Das Team ist jung - Mitte, Anfang 30 - und trotzdem erfahren. Nicolas Schwendemann hat vorher für die renommierten Werbeagenturen Scholz & Friends und Ressourcenmangel gearbeitet, sein Kollege Matthias Riegel kommt von Wigwam, Maike Gosch ist ehemalige Tatort-Drehbuchautorin und Expertin für politisches Storytelling. Wie viele Mitarbeiter an der Kampagne der Grünen sitzen, lasse sich nicht genau beziffern, erklärt Schwendemann.
"Das Besondere an der Konstellation ist, dass wir eben nicht in der klassischen Konstellation arbeiten, sondern in einem relativ flexiblen Netzwerk…"
"Das Besondere an der Konstellation ist, dass wir eben nicht in der klassischen Konstellation arbeiten, sondern in einem relativ flexiblen Netzwerk…"
Das heißt, dass für jede Aufgabe - ob Grafik, Video oder einen Text - Experten dazu geholt werden. Prinzipiell ein guter Ansatz, findet Politikberater Hillje.
"So kann sich diese Agentur allein auf den Wahlkampf der Grünen konzentrieren. Normalerweise ist es auch so, dass die Parteien nicht zu den finanzstärksten Kunden von Agenturen gehören und somit auch rein aus finanziellen und ökonomischen Erwägungen, Agenturen ihr Augenmerk auch während so eines Wahlkampfes immer noch auf andere Kunden lenken müssen."
"So kann sich diese Agentur allein auf den Wahlkampf der Grünen konzentrieren. Normalerweise ist es auch so, dass die Parteien nicht zu den finanzstärksten Kunden von Agenturen gehören und somit auch rein aus finanziellen und ökonomischen Erwägungen, Agenturen ihr Augenmerk auch während so eines Wahlkampfes immer noch auf andere Kunden lenken müssen."
5,5 Millionen Euro - in etwa so viel wie die Linkspartei - hat die Agentur der Grünen zur Verfügung. Die wichtigste Aufgabe in diesem Wahlkampf sieht Schwendemann darin, ein einheitliches Bild der Grünen zu zeichnen. Einer Partei, die zwischen Regierungsverantwortung in den Ländern und Opposition im Bund oft zerrissen wirkt.
"So unterschiedlich in der Wahrnehmung die Grünen vielleicht sind, so klar ist doch der Kern. wo sie herkommen, nämlich die Ökologie, aber auch die Weltoffenheit, Gerechtigkeit, die da auch dazu gehört. Und all diese Dinge sind nach wie vor, glaube ich, die die man auch kommunikativ stark machen muss und dann funktioniert das schon."
"So unterschiedlich in der Wahrnehmung die Grünen vielleicht sind, so klar ist doch der Kern. wo sie herkommen, nämlich die Ökologie, aber auch die Weltoffenheit, Gerechtigkeit, die da auch dazu gehört. Und all diese Dinge sind nach wie vor, glaube ich, die die man auch kommunikativ stark machen muss und dann funktioniert das schon."
SPD mit "Kanzlermacher"
Und dann funktioniert das schon -ob Hubertus Heil ähnlich denkt? Der Generalsekretär der SPD wird es nicht zugeben. Fakt ist aber: Seit dem Hype um die Kanzlerkandidatur von Martin Schulz vor gut sechs Monaten geht es in den Umfragen für seine Partei bergab. Heil sitzt in seinem Büro im Willy-Brandt-Haus, er wirkt etwas erschöpft. Neben einem langen Besprechungstisch steht ein Flipchart. Darauf ist mit wenigen Strichen die Hoffnung der SPD für den Wahltag skizziert: "CDU" steht dort mit schwarzem Filzstift geschrieben, darunter zeigt ein Pfeil nach unten. Seit er im Juni das Amt von Katarina Barley übernahm, legt er den inhaltlichen Kurs der SPD-Kampagne fest.
"Dazu macht die Agentur Vorschläge, präferiert auch Vorschläge, die sie macht. Aber am Ende muss ich dann wieder entscheiden."
"Dazu macht die Agentur Vorschläge, präferiert auch Vorschläge, die sie macht. Aber am Ende muss ich dann wieder entscheiden."
Die Wahlplakate, die Hubertus Heil Ende Juli vor Berliner Journalisten präsentierte, sind auf den Slogan von Spitzenkandidat von Martin Schulz "Zeit für mehr Gerechtigkeit" zugeschnitten. Auf einem Plakat beispielsweise ist eine Frau zu sehen, die eine große Maschine repariert. Darauf ein rotes Quadrat, in dem in weißer Schrift steht: "Wer 100 Prozent leistet, darf nicht 21 Prozent weniger verdienen". Auf anderen Plakaten geht es um die Rente oder kostenlose Bildung - entworfen von der Agentur.
"Ich grüße sehr herzlich Herrn Karpinski, stellvertretende für unsere Agentur KNSK, mit der wir zusammenarbeiten."
"Ich grüße sehr herzlich Herrn Karpinski, stellvertretende für unsere Agentur KNSK, mit der wir zusammenarbeiten."
Detmar Karpinski hat mit seiner Agentur Gerhard Schröder zwei Mal zum Bundeskanzler gemacht. 1998 beispielsweise stellte die KNSK den Herausforderer der SPD als DIE Alternative zu Helmut Kohl dar. Karpinski hätte sich damals - so wird erzählt - Visitenkarten mit dem Aufdruck "Kanzlermacher" drucken lassen.
Wahlkampf-Tempo in Zeiten der sozialen Netzwerke extrem erhöht
Auch im aktuellen Bundestagswahlkampf sitzen Agentur-Mitarbeiter im Willy-Brandt-Haus, in der sogenannten Kampa, der Wahlkampfzentrale. Der ständige Austausch mit der Partei ist essentiell - das weiß nicht nur die SPD. Denn das Tempo des Wahlkampfs hat sich in Zeiten der sozialen Netzwerke extrem erhöht. Passiert etwas, findet es sich nur Minuten, manchmal sogar Sekunden später auf Twitter oder Facebook wieder, auf dem Smartphone ploppt sofort eine entsprechende Eilmeldung auf. Und von den Spitzenkandidaten wird sofort ein Statement erwartet - ob zur Regierungskrise in Niedersachen oder zur Dieselaffäre. Politikberater Hillje:
"Es geht im Wahlkampf immer wieder um schnelle Reaktion, rapid Response nennt man das. Wenn irgendeine tagesaktuelle Meldung auftaucht, wenn Martin Schulz die Flüchtlingsthematik auf einmal wieder auf die Agenda setzt. Es braucht tagtäglich eigentlich Reaktionen auf politische Entwicklungen. Und das heute nicht mehr nur in Form von Interviews und Statements vor der Kamera, sondern auch in Form von Bildern, kleinen Videoclips usw. für die sozialen Medien."
"Es geht im Wahlkampf immer wieder um schnelle Reaktion, rapid Response nennt man das. Wenn irgendeine tagesaktuelle Meldung auftaucht, wenn Martin Schulz die Flüchtlingsthematik auf einmal wieder auf die Agenda setzt. Es braucht tagtäglich eigentlich Reaktionen auf politische Entwicklungen. Und das heute nicht mehr nur in Form von Interviews und Statements vor der Kamera, sondern auch in Form von Bildern, kleinen Videoclips usw. für die sozialen Medien."
Kampagne muss zum Kandidaten passen
Wichtig dafür ist die Mitwirkung des Kandidaten. Von ihrer oder seiner Bereitschaft zur Zusammenarbeit und natürlich von der auf den jeweiligen Kandidaten zugeschnittenen Kampagne, hängt am Wahltag Sieg oder Niederlage ab. Das musste die SPD auf schmerzhafte Weise im Jahr 2013 erfahren. Peer Steinbrück war damals der Kanzlerkandidat. [*]
"Bei Peer Steinbrück wusste man nuh, dass er ein sehr schlagfertiger, vielleicht ungewohnt schlagfertiger Spitzenkandidat ist, ein humorvoller, ein ironischer, was natürlich immer eine Gefahr ist in Wahlkämpfen, weil die nicht immer so rüber kommt. In dem Fall war es so, dass der Wahlkampf, der in der Werbung stattfand, mit dem Wahlkampf der Person auch nicht richtig zusammengepasst hat."
"Bei Peer Steinbrück wusste man nuh, dass er ein sehr schlagfertiger, vielleicht ungewohnt schlagfertiger Spitzenkandidat ist, ein humorvoller, ein ironischer, was natürlich immer eine Gefahr ist in Wahlkämpfen, weil die nicht immer so rüber kommt. In dem Fall war es so, dass der Wahlkampf, der in der Werbung stattfand, mit dem Wahlkampf der Person auch nicht richtig zusammengepasst hat."
Während sich die SPD damals als Partei der sozialen Gerechtigkeit präsentieren wollte[*], sinnierte Steinbrück darüber, dass er Pinot Grigio, der weniger als fünf Euro kostet, niemals kaufen würde.
"Also, das ist am Ende ein Mensch und der macht Fehler und ist damit in einer Kampagne auch immer eine mögliche Fehlerquelle."
"Also, das ist am Ende ein Mensch und der macht Fehler und ist damit in einer Kampagne auch immer eine mögliche Fehlerquelle."
Der Druck ist hoch. Die Spitzenkandidaten stehen in Zeiten von Smartphone-Kameras unter Dauerbeobachtung. So gut wie jede Rede, jeder Auftritt, jeder Patzer kann dokumentiert werden. Das kann entscheidend sein. Der Wähler bildet sich teils seine Meinung in Sekunden.
"Manche schauen auch nur ganz kurz hin, kurz vor der Wahl, mag ich den, mag ich die, ist der gut oder schlecht."
"Manche schauen auch nur ganz kurz hin, kurz vor der Wahl, mag ich den, mag ich die, ist der gut oder schlecht."
"Wir machen keine Politik-Beratung"
Die Frage, ob Kandidat und Kampagne zueinander passen, stellt sich auch im aktuellen Wahlkampf - allerdings nicht bei der SPD, sondern bei der Linken.
"Ist Sahra Wagenknecht steuerbar?", fragte sich beispielsweise die "ZEIT" nach dem jüngsten Parteitag der Linken in Hannover und erinnerte an die Äußerungen der Spitzenkandidatin zum "verwirkten Gastrecht" von Asylsuchenden und die sich anschließenden Zerwürfnisse in der Parteizentrale. Beraten wird die Linke von der Agentur DiG/Trialon. Doch wie empfänglich ist Wagenknecht für Hinweise der Webeprofis? Geschäftsführer Volker Ludwig:
"Wir machen keine Politik-Beratung. Wir werden jetzt Frau Wagenknecht oder Herrn Bartsch letztlich nicht sagen, was sie in ihren Reden sagen sollen, was sie in Interviews sagen sollen. Wir machen klassische Kommunikation."
"Wir machen keine Politik-Beratung. Wir werden jetzt Frau Wagenknecht oder Herrn Bartsch letztlich nicht sagen, was sie in ihren Reden sagen sollen, was sie in Interviews sagen sollen. Wir machen klassische Kommunikation."
Die Zeit läuft. In gut sechs Wochen wird der Wähler sein Urteil über die Spitzenkandidaten, die Parteien und deren Kampagnen fällen. Und damit auch über die Agenturen.
[*] Anmerkung der Redaktion: An zwei Stellen in der Sendefassung wurde die Kampagne im SPD-Wahlkampf 2013 mit Kanzlerkandidat Peer Steinbrück irrtümlich der Agentur Stauss zugeordnet. Tatsächlich hat die Agenturföderation Super und Johanssen + Kretschmer diese Kampagne gestaltet.