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AIDS
In Uganda steigt die HIV-Infektionsrate wieder

In den 90er-Jahren entwickelte sich Uganda noch zu einem Vorbild in Sachen Schutz vor HIV und AIDS. Doch nun steigt die Rate der Neuinfektionen in dem afrikanischen Land wieder. Alle dreieinhalb Minuten steckt sich ein Mensch mit dem HI-Virus an, das die Immunschwäche-Krankheit AIDS auslöst.

Von Franziska Badenschier |
    In der Klinik für Infektionskrankheiten im Mulago Krankenhaus in Kampala, Uganda, warten Patienten mit HIV-Erkrankung auf kostenlose Behandlung.
    Anti-AIDS-Medikamente werden, wie hier im Mulago Krankenhaus in Kampala, seit 2004 im ganzen Land kostenlos verteilt. (dpa - picture alliance / Yannick Tylle)
    Gleich beginnt der Valentinstag. Es ist der 13. Februar, kurz vor Mitternacht. In einer Bar in Kampala, der Hauptstadt von Uganda, knutscht ein dunkelhäutiger Mann mit einer hellhäutigen Blondine. "Das ist der Bar-Besitzer", flüstert der Bekannte eines Bekannten, der normalerweise nicht hierher kommt. "Der schwule Bar-Besitzer", sagt er, denn diese Bar hier ist ein Treffpunkt für Homosexuelle. Zwar nicht offiziell, aber eben auch nicht heimlich. "Sprich bloß nicht mit dem Besitzer, weder übers Schwul-Sein noch über HIV und AIDS", warnt der Tischnachbar noch und sucht schnell das Weite. Zwei Jungs mit funkelnden Ohrsteckern kommen aus der Bar. Würden sie im Radio etwas über ihre sexuelle Neigung und über HIV erzählen? Sie wollen erst einmal eine Nacht darüber schlafen.
    "Know your status" - "Kenne deinen Status" steht auf riesigen Werbetafeln am Straßenrand. Die Ugander sollen wissen, ob sie mit dem Immunschwäche-Virus HIV infiziert sind.
    "Ich schütze mich. Ich teste mich. Kein HIV. Alles in Ordnung!", sagt die junge Frau am Straßenrand. Sie nennt sich Victoria. Minirock, knappes Oberteil, winzige Handtasche, knallroter Lippenstift. Tagsüber frisiert sie Dreadlocks. Nachts wartet sie in der Nähe von Nobelhotels und stadtbekannten Klubs auf Freier. Alles sei möglich, sagt Victoria. Mit 30 bis 50 US-Dollar ist Mann dabei; weiße Männer zahlen auch schon mal 100 Dollar. Victoria erzählt, dass sie ganz allein ist. Die Eltern seien tot, sie habe keine Geschwister, nur ihre acht Jahre alte Tochter. Sie müsse Miete zahlen und Schulgebühren. Also kommt Victoria auf die Straße. Das Geld sei okay. Nicht okay sei es aber, wenn ein Freier Sex ohne Kondom wolle. Victoria schicke den Mann dann weg. Die 26-Jährige kramt in ihrer Handtasche. Sie will zum Beweis ihre Kondome zeigen. Aber sie findet die Kondome nicht. Hat sie zu Hause vergessen, entschuldigt sich Victoria. Kurz darauf steht die junge Frau wieder am Straßenrand und wartet weiter auf Kunden. Am Valentinstag.
    HIV-Rate in Uganda steigt
    Alle dreieinhalb Minuten steckt sich in Uganda ein Mensch mit HIV an: Mit jenem Virus, das die Immunschwäche-Krankheit AIDS auslöst. Im Jahr 2006 waren von 1.000 Erwachsenen in Uganda 64 mit dem Immunschwäche-Virus infiziert. Mittlerweile sind es wohl 76 von 1000 Erwachsenen. In Deutschland ist etwa einer von 1.000 Erwachsenen HIV-positiv. Die HIV-Rate in Uganda steigt - wieder. Und das ist kein gutes Zeichen. Denn Uganda, das war einmal das Vorbild in Sachen Schutz vor HIV und AIDS.
    Ende 1982 sterben in einem ugandischen Fischerdorf am Victoriasee ein paar Menschen an einer unbekannten Krankheit. Die Toten seien verhext worden, wird gemunkelt, oder das sei die Rache für die vielen Schmuggeleien und Seitensprünge. Fünf, sechs Jahre später sind 6.000 solcher Fälle bekannt. Dann wird klar: Es ist HIV, dieses Virus, das gerade erst entdeckt wurde. Keine zehn Jahre nach den ersten AIDS-Toten in Uganda ist mindestens jeder achte Erwachsene im Land mit HIV infiziert. Jahr für Jahr sterben nun Zehntausende an AIDS. Ganze Dörfer werden ausgelöscht. Dann gelingt Uganda etwas, was kein anderes Land in Afrika schafft und weltweit nur noch Thailand: Die HIV/AIDS-Epidemie wird eingedämmt.
    "Als die Erfolgsgeschichte wahr wurde, da haben sie nachgelassen – voll und ganz."
    Musa Bungudu ist Landesdirektor von UNAIDS, dem HIV/AIDS-Programm der Vereinten Nationen. Vor fünf Jahren kam der Nigerianer nach Uganda. Vor einem Jahr verkündete er: Uganda sei kein Vorbild mehr; ja, Uganda verliere den Kampf gegen HIV und AIDS!
    "1992 wurde der erste meiner Brüder krank – mit allen möglichen HIV-Symptomen. Ohne Unterstützung starben die meisten. Ich selbst habe sechs Brüder und eine Schwester verloren wegen HIV/AIDS. Sie sind alle tot und haben 32 Kinder zurückgelassen."
    Katholische Klinik in Kampala
    Resty Ndagano leitet die Abteilung für Volksgesundheit im Lubaga-Krankenhaus, einer großen katholischen Klinik in Kampala. Eigentlich hat die kleine, rundliche Frau schon Feierabend, aber sie sitzt noch am Schreibtisch. In ihrem weißen Kittel und mit einer weißen Haube auf den Kopf. Schwester Resty arbeitet seit 31 Jahren in dem Krankenhaus - also in etwa so lange, wie AIDS in Uganda bekannt ist.
    "Früher konnte man die Patienten leicht erkennen: Sie waren dünn, hatten rote Lippen, die Haare fielen aus. Aber mit den heute verfügbaren anti-retroviralen Medikamenten kann man kaum unterscheiden, ob jemand AIDS hat oder nicht. Außer man macht einen HIV-Test."
    In einem Arztzimmer auf Schwester Restys HIV/AIDS-Station hängt ein vergilbtes Poster an der Wand: eine Übersicht über rund ein Dutzend verschiedene Anti-AIDS-Medikamente. Welche Pille wie dosiert wird, ist da notiert; welche Pille mit welcher kombiniert werden soll; und welche Nebenwirkungen möglich sind. Viele Patienten interessieren sich aber vor allem dafür, dass diese Pillen auch wirklich wirken: Dann habe man zwar das Virus in sich, ist HIV-positiv – wird aber nicht krank.
    Im Jahr 2000 wurden HIV-positive Menschen in Uganda im Schnitt 46 Jahre alt. Mittlerweile kann man mit dem Virus durchschnittlich 55 Jahre alt werden - durchschnittlich so alt wie gesunde Ugander.
    Faridah Kayondo ist 46 Jahre alt und lebt seit mindestens 22 Jahren mit dem HI-Virus:
    "Ich bin Muslima. Wir haben also Mehr-Ehen. Als mein Mann seine zweite Frau verlor, fragte er: Was hat sie umgebracht? Da erzählte ich ihm, woran damals viele starben: HIV und AIDS. Warum lassen wir uns nicht testen?"
    1992 war das - und der Test ergab für beide: HIV-positiv. Der Ehemann starb bald darauf an AIDS, und Faridah blieb mit einem drei Jahre alten Sohn zurück. Als der Junge neun Jahre alt war, sagte Faridah ihrem Sohn, dass auch sie AIDS habe:
    "Er fragte mich nur: Wie lange wirst du noch leben? Und ich sagte: Noch bin ich bei dir."
    Faridah brachte ihrem Sohn dann bei, sich um die Kühe zu kümmern und Bananen zu sammeln, damit er alleine klarkommt, wenn sie bald nicht mehr da wäre. Damals ging es ihr sehr schlecht. Dann bekam Faridah erstmals Anti-AIDS-Medikamente, sie hat bis heute überlebt.
    "Wir können jederzeit sterben. Das erzählten wir den Kindern damals. Aber jetzt nicht mehr, wir haben jetzt Medikamente, und sie verlängern unser Leben."
    Infektion mit dem HI-Virus wird mitunter verharmlost
    Faridah macht sich jetzt aus einem anderen Grund Sorgen. Immer wieder bekommt sie mit, wie nun viele Menschen eine HIV-Infektion verharmlosen: Das sei wie Bluthochdruck oder wie Diabetes - ein paar Pillen regeln das schon. Zumal die Anti-AIDS-Medikamente seit 2004 im ganzen Land kostenlos verteilt werden.
    Eine mit dem HIV-Virus infizierte Frau nimmt am Freitag (11.05.2007) in einem Flüchtlingslager in der Nähe von Gulu in Uganda ihre Medizin ein.
    Durch den Erfolg der Anti-AIDS-Medikamente ist die Sterblichkeitsrate gesunken. (picture-alliance/ dpa - Frank May)
    Der Erfolg der Anti-AIDS-Medikamente ist ein Erfolg für die AIDS-Statistik: Die Sterblichkeitsrate sinkt. Der Erfolg der Anti-AIDS-Medikamente bedeutet zugleich aber auch eine Niederlage.
    Seit 1986 ist Yoweri Museveni Präsident von Uganda. Nach der Wahl hatte er bei fast jeder Gelegenheit über HIV und AIDS gesprochen. Er predigte regelrecht, was später als A-B-C-Ansatz bezeichnet wird: "Abstain. Be faithful. Or use condoms." Sei enthaltsam. Sei treu. Und wenn du nicht enthaltsam oder treu sein kannst, dann benutze Kondome.
    Das war erfolgreich, wie sich in den Statistiken zeigte, aber dann wurde es still:
    "Die politischen Führer, die früher gesprochen hatten, waren nun stumm. Die kulturellen Führer, die früher gesprochen hatten, waren stumm. Die religiösen Führer, die sehr, sehr aktiv und fortschrittlich waren, auch sie wurden nun etwas schweigsam", kritisiert der Direktor von UNAIDS in Uganda. Außerdem verschob sich vor gut zehn Jahren der Fokus der Präventionskampagnen: weg von jenem A-B-C-Ansatz, hin zu nur noch A, Abstain, Enthaltsamkeit. Das lag vor allem an einem Programm, das der damalige US-Präsident George W. Bush aufgelegt hatte. Für Medikamente und Informationsmaterialien bekam Uganda ein paar Jahre lang insgesamt rund 1,5 Milliarden US-Dollar. Dafür wurden nun keine Kondome mehr kostenlos in Krankenhäusern verteilt.
    Aufklärung über HIV und AIDS lässt in Uganda nach
    In manchen Kliniken hängen noch heute Kondom-Kisten an den Wänden: Briefkasten-groß, verbeult, angerostet. Sie sind längst leer und werden nicht mehr aufgefüllt. Faridah, die Frau, die seit zwei Jahrzehnten mit der Diagnose HIV-positiv lebt, schimpft noch über etwas anderes:
    "Menschen mit HIV und AIDS werden nicht mehr als Vorbild angesehen. Die Leute entscheiden zwar in unserem Namen, aber sie sprechen nicht mehr mit uns, wenn sie irgendetwas einführen wollen. Früher kamen sie auf uns zu. Dann haben wir ihnen unsere Sicht erklärt, und dann haben sie die Richtlinien festgelegt. Aber jetzt werden wir nicht mehr geschätzt."
    Noch mehr Probleme tauchen auf: Gerade in ländlichen Gebieten wird kaum noch vor HIV und AIDS gewarnt. Und die Werbetafeln für HIV-Tests sind zwar fast überall zu sehen, aber es gibt keine Anzeigen, die erklären, wie man mit seinem Test-Ergebnis umgehen soll. Vieles geht schief:
    "Letztens hatten wir Plakate in der ganzen Stadt, auf denen stand: 'Ich bin stolz, einen beschnittenen Mann zu haben. Dann bekomme ich kein HIV'."
    Agatha Ayebazibwe schreibt bei der ugandischen Tageszeitung "Daily Monitor" über Gesundheitsthemen, auch über HIV und AIDS.
    "So eine Nachricht erweckt natürlich einen falschen Eindruck: Wenn du beschnitten bist, kannst du dich nicht anstecken. Das ist falsch."
    Denn natürlich kann sich auch ein beschnittener Mann beim Sex mit einer HIV-positiven Person anstecken, genauso wie bei einer Bluttransfusion. Und ist der Ehemann erst einmal HIV-positiv, dann kann er seine Frau infizieren, gleichgültig, ob er beschnitten ist oder nicht. Die Medizin-Redakteurin Agatha Ayebazibwe versucht, solche Missverständnisse zu klären. Auch wenn sie mit ihren Artikeln nicht alle Landsleute erreicht. Ihre Zeitung erscheint auf Englisch. Und die Leser ließen sich auch nur bedingt belehren, sagt die Journalistin.
    "Ich erzähle meinen Lesern selbstverständlich, dass Vorbeugen besser ist als Heilen. Dass es Alternativen gibt. Aber schließlich entscheiden sie selbst, was sie mit ihrem Leben anstellen."
    "Ja, das war eine Erfolgsstory in den 90er-Jahren, vor allem weil sich das Verhalten verändert hat. Aber, wissen Sie, Verhalten kann sich bis zu einem bestimmten Punkt ändern und dann mehr oder weniger gleich bleiben."
    Ugandisches Gesundheitsministerium und die Prävention vor Neuinfektionen
    Wilford Kirungi ist Mediziner und ein Mann der Zahlen: Als Epidemiologe kümmert er sich um die Statistik im AIDS-Kontroll-Programm des ugandischen Gesundheitsministeriums. Kirungi hat beobachtet, dass mehr Ehemänner untreu werden und Kondome wieder unbeliebter sind. Er verfolgte, wie die Zahl der Neuinfektionen jahrelang sank und wie sich dann, etwa im Jahr 2006, der Trend umkehrte.
    "Das hat dem Land die Augen geöffnet. Ein Weckruf für die gesamte Bevölkerung, die HIV-Prävention wieder ernst zu nehmen."
    Ganz so schnell ging es dann doch nicht. Aber immerhin wird wieder mehr gegen den AIDS-Schock getan. Zum Beispiel sollen noch mehr HIV-Positive Anti-AIDS-Medikamente bekommen, damit sie weniger Menschen infizieren können. Ein anderer Schwerpunkt: Es soll verhindert werden, dass HIV-positive Frauen ihre Kinder anstecken. Dafür hat sich Uganda ein Beispiel an zwei Ländern genommen, für die es selbst einst Vorbild gewesen war.
    "In Botswana ist deutlich geworden, dass man die Ansteckung von Mutter zu Kind deutlich einschränken kann. Und Malawi war das erste Land, wo sich zeigte, dass die Option B plus etwas bringt. Das Wichtigste in diesem besonderen Fall ist, dass HIV-infizierte Mütter gleich nach der Diagnose mit einer lebenslangen Behandlung beginnen. Dann wird es unwahrscheinlicher, das Kind bei der Geburt oder vor der Geburt oder beim Stillen anzustecken. Es hält auch die Mutter gesund und senkt das Risiko, dass sie auch noch den Partner ansteckt."
    Mittlerweile empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation diese Behandlung als Standard für HIV-infizierte Schwangere und Stillende.
    Wilford Kirungi, der HIV-Statistiker des Gesundheitsministeriums, sieht jetzt auch in Uganda Erfolge.
    "22.000 Babys wurden 2011 mit HIV geboren. Dieses Jahr dürften es weniger als 10.000 Babys sein."
    Anti-Homosexualitätsgesetz
    Dass Mütter ihre Babys nicht mehr mit HIV infizieren: Darum kümmert sich in Uganda die Präsidenten-Gattin höchstpersönlich. Ihr Gatte hingegen, Präsident Museveni, hat Ende Februar 2014 ein Gesetz unterzeichnet, das dafür sorgen könnte, dass andere HIV-positive Menschen schlechter oder gar nicht mehr behandelt werden, und dass sie das Virus so weiter verbreiten. Die Rede ist von Homosexuellen und dem sogenannten Anti-Homosexualitätsgesetz. Wer gleichgeschlechtlichen Sex hat, dem droht nun eine lebenslange Haftstrafe. Im ersten Entwurf der Gesetzesvorlage war sogar von der Todesstrafe die Rede; und wer von homosexuellen Handlungen erfahre, das aber nicht innerhalb von 24 Stunden anzeige, dem drohten laut Gesetzesvorlage drei Jahre Haft.
    Mann liest eine Zeitung vom 25.02.2014 mit der Schlagzeile "Museveni signs anti-gay bill". Am 24.02.2014 hatte Ugandas Präsident Yoweri Museveni ein Anti-Schwulen-Gesetz unterschrieben.
    Durch das Anti-Homosexualitätsgesetz von Ende Februar 2014 droht Menschen, die gleichgeschlechtlichen Sex haben, eine lebenslange Haftstrafe. (picture alliance / dpa)
    "Um welchen Gesetzesvorschlag es auch geht: Man bringt den Kampf gegen HIV und AIDS nicht mit einem Gesetz voran, das dazu führt, dass eine ganze Bevölkerungsgruppe ihr Verhalten verheimlicht. Die haben doch Angst, verhaftet zu werden, sobald sie in Gesundheitseinrichtungen kommen."
    Der Landesdirektor von UNAIDS in Uganda, Musa Bungudu, befürchtet, dass HIV-Patienten nicht mehr zum Arzt gehen aus Angst, denunziert zu werden. Mittlerweile hat die Polizei bereits mindestens eine HIV-Beratungsstelle durchsucht, weil dort angeblich zu Homosexualität verführt werde.
    Schwule halten ihre sexuelle Identität geheim
    Valentinstag. Mittags in einem Hotel in der ugandischen Hauptstadt Kampala. Die beiden Jungen, die in der Nacht zuvor in der Schwulen-Bar waren, sind nun bereit, ein wenig zu reden. Sie haben noch einen Kumpel mitgebracht. Er nennt sich Jimmy, ist 18 Jahre alt – und so verunsichert, dass er nur diesen einen Satz über die Lippen bringt:
    "That's my secret: Yeah, I'm a gay."
    Jimmys Geheimnis: Er ist schwul. Neben ihm sitzt John, ebenfalls 18 Jahre. John trägt eine beigefarbene Stoffhose, lilafarbene Schuhe, ein weißes Hemd ohne Ärmel. Er sei nicht schwul, sagt John, aber habe Sex mit Männern, weil er Geld will. In Bruchstücken erzählt John: Über's Internet verabrede er sich mit Männern. Für ein Treffen gebe es 100 US-Dollar, umgerechnet rund 70 Euro. Und dann ist da noch Arthur. Auch 18 Jahre. Jeans mit rosa-weißem Batik-Muster; langärmeliges Hemd in orange. Arthur ist so was wie der Anführer des Trios - und hat ein Problem. Er werde heiraten müssen, und zwar eine Frau. Vortäuschen reiche nicht, sagt Arthur. Er werde hetero sein müssen für den Rest seines Lebens, und das ist doch verrückt. Dann kann er nicht mehr weiterreden. Und so gibt es keine Möglichkeit mehr, danach zu fragen, wie sich die drei jungen Männer vor dem AIDS-Virus schützen oder wie oft sie einen HIV-Test machen.
    Das Ziel des HIV/AIDS-Programms der Vereinten Nationen ist: keine Diskriminierung, keine Neuinfektion, kein Todesfall wegen AIDS. Eines der Millennium-Entwicklungsziele sieht vor, dass sich HIV ab 2015 nicht weiter ausbreitet und sogar zurückzieht. Uganda war Vorreiter im Kampf gegen HIV/AIDS, ein Vorbild für andere Länder. Und Uganda war tatsächlich dabei, diesen Zielen immer näher zu kommen. Doch das ist Vergangenheit.