Ich treffe mich mit Benjamen Walker im Tompkins Square Park, im East Village. In den 80er- und 90er-Jahren gab es hier Aufstände gegen Gentrifizierung. Heute sind die Mieten hier kaum noch erschwinglich. Außer für Touristen, die Wohnungen auf der Plattform AirBnB buchen:
"Die Preise sind so außer Kontrolle geraten, dass es für die Vermieter interessanter ist, die Wohnungen auf AirBnB anzubieten, statt sie normal zu vermieten."
Der Podcaster Benjamen Walker hat sich die Auswirkungen von AirBnB und anderen Unternehmen der Sharing Economy genauer angesehen. Deren Grundprinzip: brachliegende Ressourcen per App mit anderen teilen. Davon ist seiner Einschätzung nach nicht mehr viel übrig. Bei Taxi-Diensten wie Uber und Lyft sind nicht Autos im Einsatz, die sonst ungenutzt herumstehen würden. Im Gegenteil: Viele Fahrer hatten vorher gar kein Auto. Es schießen neue Geschäftsmodelle aus dem Boden, über die Uber-Fahrer Neuwagen leasen können, die von anderen Leasing-Unternehmen abgelehnt wurden.
Sharing-Anbieter droht der Verlust des Versicherungsschutzes
Auch der größte Dienst für die Vermietung privater Wohnungen AirBnB erschließt sich Ressourcen, die alles andere als brach liegen. Frei werdende Zimmer und Wohnungen erscheinen nicht mehr auf dem Wohnungsmarkt, sondern werden zu - illegalen - Hotels. Hinzu kommt:
"Die meisten Menschen, die eine erschwingliche Wohnung haben, können gar nicht wirklich von AirBnB profitieren, weil ihre Mietverträge das verbieten. Wenn ich 1.000 Dollar Miete zahle und mein Vermieter die Wohnung gerne für 2.000 Dollar vermieten würde, dann schmeißen sie mich sofort raus, sobald sie mich erwischen. Das passiert oft. Es ist so gefährlich, diese Dienste als Mieter zu benutzen."
Mietverträge und Regeln für Nebeneinkünfte sind von Land zu Land unterschiedlich. In den USA jedenfalls tragen die AirBnB-Anbieter ein großes Risiko, kritisiert Benjamen Walker. Dieses Prinzip fand er bei anderen Sharing-Economy-Apps wieder. Etwa bei Lieferdiensten. Wer sein Privatauto zum Transport von Päckchen oder Pizzas gewerblich nutzt, verliert unter Umständen den Versicherungsschutz. Die Erfahrung hat auch Andrew Callaway gemacht, der als Journalist in Kalifornien einen Monat lang verschiedene Sharing-Dienste als Arbeiter ausprobierte.
"Ich habe bei meiner Versicherung angerufen und gesagt: Hallo, ich plane, für Uber zu fahren. Und sie sagten: Das sollten Sie nicht tun."
Unternehmen klären ihre Dienstleister nicht genug über Risiken auf
Die neuen Mitspieler der Verteil-Mikro-Wirtschaft klären die von ihnen abhängigen Dienstleister nicht über die Risiken auf, sagt Callaway. Er ging für Instacart-Nutzer im Supermarkt einkaufen, holte bei Washio-Kunden schmutzige Wäsche ab, fuhr für Lyft Taxi, lieferte für Postmates Restaurant-Bestellungen aus. Alles Unternehmen gegründet zwischen 2011 und 2013 und mit Umsätzen im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich.
Selbstverständlich war er bei keinem dieser Dienste angestellt oder angelernt. Das macht es für diese Internetunternehmen einfach, zu wachsen. Statt einem Chef sagte dem investigativen Reporter eine App, wann er wo was abholen oder abliefern sollte. Algorithmen koordinieren im Hintergrund, welchem Fahrer sie welchen Kundenauftrag vermitteln. Bevor er einen Auftrag annahm, wusste Andrew Callaway oft gar nicht, wie viel er daran verdienen kann.
Die Apps verbergen wesentliche Informationen bis zur Auftragsannahme. Hatte er einen Auftrag angenommen, musste er alles tun, um seine Kunden zufriedenzustellen. Die werden anschließend von der App gedrängt, den Dienstleister zu bewerten: mit einem bis fünf Sternen, als wären sie ein Produkt bei Amazon.
"Die meisten dieser Plattformen schmeißen einen raus, wenn man unter eine bestimmte Durchschnittswertung fällt, meistens 4,7 Sterne. Also, bei 4,6 Sternen fliegst du raus. Das heißt: Alles unter 5 Sternen bringt dich einen Schritt näher zur Kündigung. Zumindest wird dir der Zugang gesperrt."